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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Stowasser hatte es anscheinend gehört. »Sie haben Hunger, natürlich, wie konnte ich das vergessen, Sie sind zum Mittagessen hier. Ich bin eine schlechte Gastgeberin. Warten Sie, ich schneide Ihnen etwas Schinken und eine italienische Salami auf, etwas Nussbrot ist auch noch da, leider von gestern.«
    Sein Hunger war größer gewesen als gedacht. Unwillkürlich kam ihm ein Gedanke: Auch das unbekannte Mädchen hatte damals irgendwo etwas essen müssen. Er erzählte Victoria Stowasser von seiner Überlegung. »Was tut eine Siebzehnjährige, wenn sie hungrig ist? Sie geht in einen Lebensmittelladen, eine Metzgerei oder ein Lokal und kauft sich was. Das Metzger-Ehepaar und die Geschäftsinhaber im Ort konnten sich nicht an die junge Frau erinnern – aber vielleicht der ehemalige Besitzer Ihres Wirtshauses?«
    »Früher hieß es ›Zur Post‹. War der einzige Gasthof bei uns. Der Eigentümer hieß Johannes Detterbeck, er war schon im Rentenalter, als ich das Geschäft übernommen habe. Ich glaube, er wollte sich ins Warme absetzen, nach Südfrankreich, wegen seines Rheumas.« Sie überlegte. »Er hatte etwas von Bordeaux erzählt, weil er den Rotwein schätzte. Aber das ist schon einige Jahre her, ich weiß nicht, wo er heute steckt und ob er überhaupt noch lebt.«
    »Einen Versuch wäre es wert.«
    Baltasar beauftragte Philipp Vallerot, diesen Detterbeck ausfindig zu machen und ihm, wenn möglich, die Phantomzeichnung zu schicken. Er zeigte Vallerot auch den Aufkleber, den er unter der Kerze gefunden hatte. Darauf stand eine Adresse in Bodenmais. Vallerot sah im Internet nach. Unter der Anschrift firmierte eine Wachszieherei. »Meine Verfolgung hat übrigens nichts mehr gebracht. Das Trio ist schnurstracks nach Hause gefahren.« Vallerot holte seinen Fotoapparat und zeigte Baltasar die Aufnahmen auf dem Display. »Das ist der Unbekannte.«
    »Nepomuk Hoelzl! Das ist Nepomuk Hoelzl, ein Eigenbrötler. Aber mit dabei in der Gruppe der Marienanbeter. Was hat der mit den Schindlers zu schaffen?«
    »Das musst du mir erzählen. Es könnte ein ganz einfacher Grund sein, beispielsweise wenn sich mehrere Gläubige treffen und ihr Brauchtum pflegen, indem sie Marienstatuen Opfer in Form von Kerzen bringen. Bei euch Katholiken ist doch alles möglich, da laufen so viele Durchgeknallte rum, denk nur an die Typen, die sich selber auspeitschen und Dornengürtel anlegen.«
    »Für normale Rituale der Gläubigkeit ist das alles zu geheimnisvoll angelegt. Da bräuchten sie nur zu mir in die Kirche kommen. Außerdem ist der Anführer etwas dubios mit seiner Verkleidung.«
    »Ich bitte dich, Baltasar, im Verkleiden seid ihr Priester doch Meister! Eure Fantasieuniformen stellen jeden Karnevalsumzug in den Schatten. Mal was in Weiß, mal in Schwarz, mal in Rot und Gold. Da wird ja jede Frau neidisch, was ihr im Kleiderschrank habt.«
    »Fragen wir doch bei der Kerzenfabrik nach, vielleicht bringt uns das weiter.«
    »Soll das heißen, wir machen wieder einen Ausflug mit dem Auto? Nach Bodenmais, vermute ich.«
    »Du hast es erfasst.« Baltasar steckte den Aufkleber ein. »Dafür spendiere ich danach einen Weißwein aus Monbazillac und einen Schimmelkäse dazu, passt wunderbar zusammen. Kleines Tauschgeschäft, wie du dir denken kannst.«
    »Ich will lieber nicht wissen, mit was du da handelst. Also gut, fahren wir.«
    Die Kerzenfabrik war in einem Flachbau außerhalb des Ortes untergebracht.
    »Rede ich oder redest du?«, fragte Vallerot, nachdem sie aus dem Auto gestiegen waren.
    »Ich rede, als Pfarrer bin ich glaubwürdiger.«
    »Ha, ha, ha. Meinetwegen.«
    An den Eingang schlossen sich mehrere Büros an. Baltasar fragte nach der Buchhaltung. Er wurde an eine ältere Dame verwiesen, die allein an ihrem Schreibtisch saß. »Grüß Gott, ich bin Pfarrer Senner. Können Sie mir mit einer Lieferung behilflich sein?«
    Die Frau bot ihnen Plätze an und fragte, worum es ging.
    »Ich habe herrliche Kerzen gesehen, die aus Ihrer Fabrik stammen. Solche würde ich auch gern bestellen.«
    »Wir können alle Größen und Sorten liefern. Ich bringe Ihnen einen Katalog.«
    »Nein, nein, ich will genau dieselben für meine Kirche. Es sind Kerzen mit zwei gekreuzten Rosen als Schmuck. Genau die muss ich haben.«
    »Das sind wahrscheinlich Sonderanfertigungen. Ich sehe in unserer Bestellliste nach.« Sie holte einen Ordner aus dem Regal und blätterte darin. »Hier haben wir’s. Auftrag mit Rosenmuster, ein guter Kunde.«
    »Wer hat die Ware denn

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