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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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›Jetzt oder nie‹! Der ihn begleitende
Justivollzugsbeamte kannte Miroslav seit vielen Wochen und wusste von dessen
bevorstehender Entlassung. Er ahnte daher nicht, dass Miroslav noch kurz vor
dem ersehnten Termin fliehen und damit eine erneute Inhaftierung riskieren
würde.
    Als Miroslav den Motorrasenmäher
zwischen Sträuchern hindurch schob und für einen kurzen Moment kein
Sichtkontakt zum Aufseher bestand, erkannte er die einmalige Gelegenheit zur
Flucht. Das weiträumige Gelände gab ihm viele Möglichkeiten einer Deckung und
er hatte das Glück, ein am Straßenrand abgestelltes Moped älterer Bauart
vorzufinden. Da der Zündschlüssel steckte, war es für ihn ein Leichtes, die
kleine Maschine zu starten und davonzufahren.
    Die rasch alarmierte Polizei
riegelte mit einer Hundertschaft das gesamte Gelände ab, aber Miroslav war
schon über alle Berge. Die Flucht war ihm also gelungen, zumal die Polizei nach
einem flüchtigen Fußgänger und nicht nach einem Mopedfahrer gefahndet hatte.
Dieses Moped war überhaupt ein Glücksfall, ein weniger auffälliges Fahrzeug
hätte er nicht finden können. So beschloss er, damit weiter in den Südwesten
Deutschlands zu fahren. Natürlich brauchte er Geld für die Weiterreise, denn er
besaß ja keinen Cent. Aber auch da blieb ihm wieder das Glück treu: Auf der
Rückbank eines auf einem Parkplatz stehenden Mercedes-Coupés sichtete er eine
Damenhandtasche; die Fahrzeugtür war nicht abgeschlossen. Ein kurzer Griff und
er verfügte nun über genügend Bargeld, um damit eine Weile über die Runden zu
kommen.
     
    Anhand der Wegbeschreibung seines Vaters, die er sich gut
eingeprägt hatte, erreichte er spätabends die Schwäbische Alb. Wie es der
Zufall wollte, machte er auf der Suche nach einem billigen Nachtquartier am
Gasthaus ›Zur blauen Lampe‹ im Gewerbegebiet von Burgstadt halt. Er war
hundemüde und hoffte, hier übernachten zu können.
    Eddy Bausewitz, der Wirt, kam rasch mit ihm ins Gespräch
und registrierte mit Interesse, dass es sich bei dem Ankömmling um einen
ehemaligen Strafgefangenen handelte, wie auch er einmal einer war. Da die Blaue
Lampe über keine Gästezimmer verfügte, wies er Miroslav eine winzige Kammer
zu, die sich im rückwärtigen Teil eines Geräteschuppens hinter dem Haus befand
und nur mit einer durchgelegenen Matratze, einem wackligen Tisch und einem
dreibeinigen Hocker ausgestattet war. Auf einer Kommode mit weißer Marmorplatte
stand eine Emailleschüssel, daneben ein mit Wasser gefüllter Porzellankrug. Zur
notdürftigen Beleuchtung diente eine auf dem Tisch liegende Wachskerze. Ein
Schrank war nicht vorhanden, zum Aufhängen der Kleidung hatte man Nägel in die
Holzwand geschlagen.
    Nach Tagen der Flucht und Nächtigungen in freier Natur
fühlte sich Miroslav hier geborgen und unauffindbar für alle möglichen
Verfolger.
     
    Seine Kneipe ›Zur blauen Lampe‹ betreibt Eddy
Bausewitz ganz alleine. Für die Zubereitung einfacher Tellergerichte
beschäftigt er allerdings eine ältere Frau, die damit ihre kleine Rente etwas
aufbessert. Die Qualität der Speisen ist zwar mäßig, dafür aber recht
preiswert. Den Ausschank am Abend und alle übrigen Verrichtungen, die ein
Gaststättenbetrieb mit sich bringt, erledigt er ohne weiteres Personal. Wie er
Miroslav erklärte, betrachte er Kellner und Köche nur als unnötige
Kostenfaktoren, die sich zudem für Dinge interessierten, die nur ihn persönlich
etwas angingen. Und außerdem spare er viel Geld dadurch. Er habe auch genügend
Zeit, weil er unverheiratet sei und für niemand sorgen müsse. Seine
anspruchslosen Gäste betrachte er als Familienersatz und nach seiner bewegten
Vergangenheit sei er mit dieser Lebensweise vollauf zufrieden. Eddy hielt immer
gute Tipps bereit für diejenigen seiner Stammgäste, die bereits Knasterfahrungen
besaßen. Er kannte sich in der Hehlerszene gut aus und wusste, wo man
gestohlene Waren an den Mann bringen konnte. In seiner Kneipe war immer was
los: Man erfuhr dort Details über gelungene Einbrüche in Juweliergeschäfte,
über den Verbleib der Beute und den Stand der polizeilichen Ermittlungen und so
fort.
     
    Schon wenige Tage nach seiner Ankunft erkundigte sich Miroslav
nach den Sehenswürdigkeiten dieser Gegend und erfuhr dabei, dass sich oberhalb
des Ortes eine Schlossruine befindet. Ob er wohl endlich am Ziel war?
    »Dort oben stand früher das Schloss Hohenburg« ,erwähnte Eddy beiläufig, »heute ist das nur noch eine von
Sträuchern und

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