Sträfliche Neugier
SALTOS die Verfolgung des Rucksackträgers auf und erreichten nach anstrengender
Bergauffahrt das Hochplateau. Hinter dichtem Buschwerk stellten sie ihre Räder
ab und schlichen sich geduckt bis an die Ruinenmauern. Neben einer ins Kellergewölbe
hinabführenden Treppe stand das Moped. Die wenigen Stufen endeten an einer
massiven Holztür, die einen kleinen Spalt weit offen stand. Aber die Jungen
wagten es nicht, hineinzugehen. Vor einem mit engmaschigem Gitterwerk
versehenen Fensterschacht blieben sie stehen und schauten hinunter in ein
dunkles Kellerabteil. Im flackernden Licht einer Kerze erkannten sie den Mann,
den sie verfolgten. Wenn sie nur wenige Sekunden später eingetroffen wären,
dann wäre ihr Plan gescheitert. Nun sahen sie, wie er eine Plastiktüte in eine
Mauervertiefung legte, diese mit einem Stein verschloss und zufrieden lächelnd
den Raum verließ.
Rasch versteckten sie
sich hinter einem Gestrüpp und beobachteten, wie der Mann die Treppe hinauf
humpelte, sein Moped bestieg und davonfuhr.
Nun stand ihrem Vorhaben nichts mehr im Weg. Aber die
Kellertür war jetzt zugesperrt. Der Hinkende musste einen Schlüssel besessen
haben. Daher machten sich auf die Suche nach einem weiteren Zugang..
»Seht doch mal!«, rief einer von
ihnen und deutete auf einen abseits liegenden, höhlenartigen Eingang, dessen
verwitterte Holztüren zur Seite geklappt waren und nur noch lose in den Angeln
hingen.
»Das ist ein Felsenkeller«, erklärte Tom, »Hierin wurden im
Winter Eisplatten aus einem nahen See eingelagert. Somit besaßen die
Schlossbesitzer immer einen kühlen Vorratsraum, denn damals kannte man noch
keinen Kühlschrank. Ich war mal mit meinem Vater hier oben Aber wegen der
Einsturzgefahr sind wir nie hinein gegangen.«
»Vielleicht existiert von hier aus eine unterirdische
Verbindung zum Ruinenkeller?«, sagte Oliver »Wir müssen das herausfinden,
selbst wenn’s nicht ganz ungefährlich ist.«
»Du hast recht«, meinte Tom. »Es muss einen Verbindungsgang
geben, schon damit das Küchenpersonal auf direktem Weg an die Vorräte gelangte.
Also, gehen wir rein oder nicht?«
Kurz entschlossen betraten sie den modrigen, feuchtkalten
und dunklen Raum. Mit ihren Taschenlampen – die jeder stets mit sich führte –
leuchteten sie umher und entdeckten einen leicht abwärts führenden Gang.
Vorsichtig gingen sie weiter, bis sie einen Quergang erreichten, der bis zu den
Kellerräumen führte.
Allen war jetzt etwas bange zumute. Aber Tom betrat als
erster den gruftartigen, nasskalten Raum, der von der immer noch brennenden
Kerze in dämmriges Licht getaucht wurde. Auf sein Zeichen hin trauten sich
schließlich auch die andern hinein..
Sie tasteten die Wände ab, bis Tom im Mauerwerk den
Hohlraum entdeckte. »Hurra, wir haben sie!« rief er. Freudestrahlend zog er die
Plastiktüte heraus. Abschätzend wog er sie in den Händen und jubelte: »Jetzt
sind wir alle reich, steinreich!«
Während er die um das Bündel gewickelte Schnur löste, fiel
mit lautem Knall die Kellertür zu. Als sie bemerkten, dass sie von innen nicht
zu öffnen war, gerieten sie in Panik.
Lange Zeit hockten sie verängstigt auf dem Boden. Plötzlich
vernahmen sie Geräusche vom Fensterschacht her. Als sie zu der vergitterten
Öffnung hinaufschauten, erkannten sie den schwarzbärtigen Glatzkopf aus der Blauen
Lampe . Sein bleiches Antlitz und tief in ihren Höhlen liegende Augen
verliehen ihm das Aussehen eines Gespenstes. Der Mann rief nun hinunter:
»Aha! Dort also hat der Kerl mein Geld versteckt. Ohne euch
wäre ich nie dahinter gekommen. Es ist immer noch mein Geld, der Gauner
hatte mir dafür nur wertloses Zeugs angedreht. Das stellte ich leider erst
fest, als er abgehauen war. Natürlich sah ich, wie einer von euch durchs
Fenster der Blauen Lampe schaute, ich bin doch nicht blöd. Und dann seid
ihr diesem Hinkfuß nachgefahren, leider wart ihr schneller als ich mit meiner
ollen Karre. Aber jetzt seid ihr da unten gefangen. Wenn ihr wieder heil raus
kommen wollt, dann müsst ihr mir das Geld zurückgeben. Leider ist die Tür da
unten zugefallen und ich finde keinen Schlüssel. Aber sie besitzt eine mittels
Klappe verschließbare Durchreiche, wie die Zellentür in Gefängnissen.
Vielleicht war das mal ein Kerker oder so was. Ich komme jetzt runter und ihr
reicht mir den Beutel hindurch. Ist das erledigt, verständige ich die Polizei,
damit ihr wieder raus könnt. Darauf habt ihr mein Wort!«
Das Gesicht verschwand vom
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