Sträflingskarneval
mit diesem Monster, in die Knie zu zwingen. Doch anstatt sich zitternd und ängstlich zu verkriechen, wurde er sich nur allzu deutlich der Pistole, die sich plötzlich in seiner Hand befand, bewusst. Diesmal war er dem grausigen Scheusal nicht hilflos auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Er musste nicht mehr diese gierigen, groben Hände auf seiner Haut spüren oder die alles verzehrende Qual in seinem Inneren fühlen. Hier und heute konnte er sich wehren und er war nicht allein, seine Freunde standen hinter ihm. Das Schicksal schien es zu guter Letzt gut mit ihm zu meinen, er hatte die einzigartige Möglichkeit, an Smith Rache zu üben. Endlich konnte er es diesem perversen Schwein heimzahlen, und niemand würde ihn dafür verurteilen. Bei diesem letzten Gedanken umklammerte er den Griff der Waffe fester. Er musste nur …
„Legt die Waffen weg“, befahl Smith.
„Fünf gegen einen“, entgegnete Aidan. „Ich glaube kaum, dass Sie in der Position sind, um Forderungen zu stellen.“
„Das werden wir ja sehen.“ Peter Smith grinste mordgierig und im selben Atemzug löste sich ein Schuss aus seiner Halbautomatik. Anschließend brachte er sich behände hinter einem umgekippten Tisch in Sicherheit, als Aidan und Ryan sich wegduckten und zurückfeuerten.
Smith ging eilig zur Gegenwehr über und schoss wild drauflos. Seine beiden Gegner hatten sich flach auf den Boden geworfen und krochen auf das nächste Hindernis zu, eine große geöffnete Eisentruhe. Sie bot gerade genug Schutz für zwei. Sie hörten immer wieder die Kugeln um sie herum einschlagen, bis das Dröhnen abrupt endete und Smith fluchend nach einem neuen Magazin suchte, zumindest seinen Worten nach zu urteilen.
Erst jetzt merkte Ryan, dass irgendetwas nicht stimmte. Er wandte seinen Blick zur Seite und schluckte beklommen. Raoul sackte langsam in sich zusammen, während Aidan versuchte ihm zu helfen. Doch das Einzige, was er tun konnte war, ihn flach auf den Rücken zu legen und die überraschend kalte Hand zu nehmen. Dann wurde den beiden schlagartig bewusst, was geschehen war. Mit schreckgeweiteten Augen starrten sie auf den immer größer werdenden Blutfleck auf Raouls beigefarbenem Hemd. Aus einer Schusswunde in Bauchnabelnähe sprudelte unaufhaltsam immer mehr von seinem roten Lebenssaft hervor, als wäre er ein reißender Fluss, der von dem stetig entweichenden Blut genährt wurde.
Ohne nachzudenken, zog Aidan sein T-Shirt über den Kopf und presste es wie ein Besessener auf die Bauchwunde, aber er ahnte bereits die fürchterliche Wahrheit. Raouls dunkle Augen schauten leblos zur Höhlendecke; und sein Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr.
„DAD!“, schrie Gillean panisch. „Dad! Nein!“ Trotz höllischer Schmerzen kämpfte er gegen Kimberlys Griff, wollte aufstehen und zu seinem Vater, aber sie hielt ihn bestimmend zurück. „Aber … mein Dad“, schluchzte er verzweifelt.
„Du musst sitzen bleiben. Smith könnte auch dich töten“, sagte Kimberly mit tränenerstickter Stimme.
„Das … ist egal.“ Wieder versuchte er sich von seiner Freundin zu befreien, doch diesmal besaß sie mehr Kraft als er. Weinend blieb er sitzen. Sein Herz blutete genauso wie seine Verletzung. Die Trauer übermannte ihn. Das durfte nicht wahr sein! Sein Vater lebte noch! Er durfte nicht sterben! Er musste zu ihm.
Das alles beobachten Ryan und Aidan, in deren Augen bereits die ersten Tränen brannten.
„Ihr werdet dem Idioten gleich folgen“, versprach Smith aus seinem Versteck heraus und lachte vergnügt. „Ich lasse euch nicht lebend vorbei.“
„Das werden wir ja sehen“, knurrte Ryan wutentbrannt. Sein Herz pumpte seinen maßlosen Zorn und Abscheu für diesen Mann wie einen Stromschlag durch seinen Körper und nur noch ein Gedanke beherrschte ihn: Smith musste sterben. Mit der Waffe fest in der Hand wollte er aufstehen, da schubste Aidan ihn grob zurück, erhob sich und blickte wild entschlossen in Peter Smiths Richtung. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt und sein Gesichtsausdruck sprach von solch unaussprechlichem Hass, dass er Ryan Angst einjagte.
Aidans Miene wirkte kühler als Eis. Sein Herz schlug ruhig, und seine grauen Augen strahlten unbeschreiblichen Rachedurst aus. Er war noch nie so gefasst gewesen wie in jenem Moment. Es kümmerte ihn nicht, ob er für Smith ein Ziel darstellte, er wollte diesen Dämon nur noch seine eigene Mitleidslosigkeit spüren lassen. Dieser Barbar hatte den Vater seines besten Freundes
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