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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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möchte ich jeden daran erinnern … für den Fall, dass dieses unwichtige Detail vergessen wurde, aber meine Befehle erhalte ich direkt vom Rat und Mr. Hinthrone persönlich. Sie … sehr verehrte Frau Schulleiterin … haben mir gar nichts zu sagen … und zu befehlen schon mal gar nicht!“
    „Das ist mir bekannt“, schnarrte Ophelia Buckley und versuchte, ihren aufflammenden Zorn unter Kontrolle zu halten. Mit stechendem Blick bedachte sie den Muskelberg und ließ sich von ihm in keinster Weise abschrecken. „Jetzt sage ich Ihnen etwas …“, fuhr Ophelia mit einer Stimme, kälter als Eis, fort. „Wie es scheint, haben Sie etwas ganz Wesentliches vergessen: Mit dem Großmeister wurde vor Beginn der Arbeiten ein Vertrag ausgehandelt, der besagt, dass die Sträflinge beim Wiederaufbau helfen sollen und aus dem Grund auch vom Rat hierher beordert wurden. In ebendiesem Vertrag steht aber auch deutlich, dass es den Sträflingen absolut untersagt ist, sich während der draußen stattfindenden Unterrichtsstunden in Sichtkontakt aufzuhalten. Es soll ein Mindestabstand von hundert Metern eingehalten werden. Es ist also ihre Aufgabe und Pflicht, diesen Teil einzuhalten. Und jetzt erklären Sie mir, was Sie und ihre Männer hier tun? Sie sollten sich alle längst an der östlichen Außenmauer befinden.“
    Darauf schien der Aufseher keine passende Antwort zu finden und tat die Predigt mit einem Schnauben ab. Dabei achtete er genau darauf, sein bissiges Grinsen beizubehalten.
    „Ach, um Sie an einen weiteren Punkt zu erinnern“, gab Mrs Buckley ihm den letzten Gnadenstoß. „Ich habe laut dem Vertrag das Recht, mich über Sie zu beschweren. Also gehen Sie zur östlichen Außenmauer, dort werden Sie bereits erwartet.“
    Peter Smith wirbelte eingeschnappt herum und pfiff seinen Wachmännern zu. Anschließend schaute er über seine Schulter noch einmal zurück und stierte zuerst die Schulleiterin, dann Ryan an. In seinen Augen glühten der blanke Hass und die Warnung, dass sie alle heute noch Glück gehabt hätten. Daraufhin drehte er sich um und schwang seine Peitsche. Die restlichen Aufseher folgten seinem Beispiel und trieben die Sträflinge am Waldrand entlang zur östlichen Mauer.
    Ryan tauschte einen letzten Augenkontakt mit Aidan aus, bevor dieser im Pulk der Häftlinge verschwand. Wieder hatte er die unausgesprochene Angst deutlich gesehen.
    Die Traube der Schüler löste sich nun ebenfalls auf und Ryan und Kimberly wollten sich ihnen anschließen, als Ophelia Buckley sie aufhielt.
    „Mr. Tavish, Miss Callahan. Bleiben sie bitte noch einen Moment.“
    Also würde es doch Ärger geben, dachte Ryan und seufzte. Gerade hatte er noch geglaubt, ohne eine Rüge davonzukommen – damit lag er wohl falsch.
    „Ich bin wirklich schwer erschüttert. Die unnötigen Bestrafungen sehe ich fast täglich, seit die Sträflinge hier sind“, sagte sie und überraschte die beiden Freunde damit. „Heute ist Mr. Smith zu weit gegangen. Unerfreulicher ist nur, dass Sie, Mr. Tavish, sich von der Klasse entfernt haben.“ Während Ryan nach dieser Aussage beschämt nach unten schielte und auf die Standpauke wartete, winkte Ophelia bereits versöhnlich ab. „Irgendwann wäre es ohnehin zu einem unfreiwilligen Zusammentreffen gekommen, also brauchen Sie heute nichts mehr zu befürchten. Dieser Vertrag von Hinthrones Weg ist genauso eine lächerliche Farce wie die Verhandlungen es waren.“ Sie seufzte und sah Ryan an. „Bitte passen Sie gut auf sich und auch auf Miss Callahan auf. Lassen sie sich nicht von Mr. Smith, seinen Männern und dem neuen Rat reizen. Darauf warten sie nur.“
    Hätte Ryan nicht längst von dem alten Gesetz und Mr. Hinthrones Befürchtungen hinsichtlich seiner Person gewusst, hätte er seine Lehrerin jetzt mit Fragen bombardiert. So nickte er lediglich und nahm diese Mahnung stillschweigend an.
    „Bevor ich es vergesse, Miss Callahan“, fügte Ophelia Buckley hinzu. „Ich möchte Sie bitten, mich heute Abend gegen acht Uhr in meinem Büro aufzusuchen. Ich muss etwas Wichtiges mit Ihnen unter vier Augen besprechen. Und jetzt gilt für sie beide … auf zum Unterricht - und halten sie sich von den Sträflingen fern.“
    Sie schenkte ihren Schülern abschließend ein vertrauliches Lächeln und machte sich zurück auf den Weg ins Ordenshaus.
    „Mrs. Buckley tut mir leid“, flüsterte Kimberly in Ryans Ohr.
    „Sie ist ganz schön durch den Wind“, stimmte er ihr zu. „Aber so ist das wohl, wenn man

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