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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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aus beidem lag, konnte er nicht sagen, aber das spielte auch keine Rolle.
    „Ich bleibe!“, antwortete er rigoros und stemmte die Hände in die Hüften.
    „Es war ja schon immer so, dass Ryan Tavish sich über Regeln hinweg setzt, stimmt doch, oder irre ich mich?“, schnaubte der Aufseher und gab zwei Wachen ein Zeichen; sie sollten den jammernden Sträfling endlich fortschaffen.
    Ryan überging diese streitlustige Aussage – auch wenn es ihm schwerfiel – und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie die Wachen sich zwei Sträflingen schnappten, die ihren verletzten Kameraden wegtrugen.
    In dem Moment sah er Aidan in der Menschentraube mit angewinkelten Knien im Gras sitzen, die Arme fest um seinen dünnen Oberkörper geschlungen. Neugierig schielte er zur Szene hinüber. Ryan erkannte in den rauchgrauen Augen seines einst verhassten Mitschülers etwas Warmes, etwas Menschliches aufblitzen, dort wo vorher immer nur Arroganz und Spott geglänzt hatten. Aber es lag auch Angst in seinem Blick; und diese bestärkte Ryan darin, Rossalyns Bitte nachzukommen. Es gab bereits viel zu viel Ungerechtigkeit auf dieser Welt und er wollte nicht der Letzte sein, der etwas dagegen unternahm. Ob es sich um einen Verräter handelte oder nicht.
    „Wer setzt sich hier über Regeln hinweg?“, erwiderte Ryan ernst und blendete Mr. Brady aus, der soeben halbherzig versuchte, die Schüler, die Ryans Beispiel gefolgt waren, zurückzuschicken. „Nur wegen ein paar dahin gekritzelter Zeilen von damals gibt Ihnen niemand das Recht, einfach jemanden ohne Grund niederzuschlagen.“
    „Was weiß ein Milchbubi wie du schon davon, was ich machen darf und was nicht“, entgegnete Peter Smith ohne jedwede Emotion, doch sein Interesse an einer möglichen Erklärung blitzte für eine Sekunde in seinen Augen auf.
    „Bitte Ryan, geh zur Klasse zurück“, startete Mr. Brady einen erneuten Versuch, der ebenfalls kläglich scheiterte.
    „Ich bleibe!“, kam es von Ryan wie aus der Pistole geschossen. „Mir egal, ob ich Ärger bekomme, aber ich lasse nicht zu, dass …“ Er stockte und sein Blick glitt über die versammelten Sträflinge. Am Ende traf Grau auf Hellblau. Wiederholt entdeckte Ryan in Aidans Augen die Angst aufkeimen. Doch zu seiner eigenen Überraschung bemerkte er auch, dass Aidan sich weniger um sein eigenes Wohl sorgte, sondern die Furcht betraf ihn – Ryan Tavish. Und als Aidan kaum merklich den Kopf schüttelte, war Ryan verwirrt. Aidan McGrath warnte ihn?
    Just in diesem Augenblick eilte Mrs. Buckley in Begleitung des Hausverwalters und zwei neuen Lehrern auf sie zu. Mr. Brady schien sich bei ihrem Erscheinen sichtlich zu entspannen und seufzte erleichtert auf. Peter Smith dagegen blieb gelassen an Ort und Stelle stehen. Ryan wollte seine kampflustige Haltung jedoch nicht aufgeben, denn Aidans Warnung schwirrte ihm im Kopf herum, aber er wollte auch Ärger mit seiner Lehrerin vermeiden. Deshalb verschränkte er die Arme vor der Brust, darauf bedacht, sich nicht reizen zu lassen.
    „Könnte mir bitte jemand erklären, was das hier soll?“, fragte Mrs. Buckley. Skeptisch musterte sie Peter Smith durch ihre Brillengläser.
    Ryan kannte die neuen Lehrer – Bradley Hartwell und Terry Cauldfield – bisher nur vom Sehen, denn sie unterrichteten die jüngeren Schüler. Sie und der Hausverwalter standen wie angewurzelt da und beobachteten das Geschehen schaulustig. Er konnte ihr Verhalten nicht verstehen.
    „Ich dulde auf diesem Gelände keine Konflikte! Mr. Brady, was ist hier los?“, wandte sie sich entrüstet an ihren Kollegen.
    Hastig schilderte der alte Mr. Brady, was geschehen war. Während Ryan lauschte, kam ihm eine Idee und eilig ergänzte er den Bericht. „Gestern Abend habe ich zufällig gesehen, dass Mr. Smith die Gefangenen ohne Grund einfach ausgepeitscht hat.“ Es war ausgesprochen. Jetzt fühlte er sich eindeutig besser.
    „Ja, das stimmt!“, bestätigte Kimberly und trat neben ihren besten Freund. „Mr. Smith scheint sich wohl nicht das erste Mal NICHT an die Regeln zu halten.“ Dann verschränkte auch sie ihre Arme; es war offensichtlich, dass sie ebenso wütend war wie Ryan.
    „Wieso reiten immer alle auf den beschissenen … auf den neuen Regeln herum?“, meldete sich Peter Smith zu Wort. Wieder setzte er ein teuflisches Lächeln auf, welches Ryans Hass auf ihn noch weiter anfachte. „Meine Befehle, sowie meine Rechte und Pflichten sind mir durchaus bekannt und meinen Männern ebenfalls. Außerdem

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