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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Antlitz huschte ein kleines, gütiges Lächeln. »Mit solchen Offizieren wie Sie wäre dies – dies alles nicht geschehen«, sagte er. »Aber Sie sagten vorhin ›Herr Oberst‹ zu mir. Meinten Sie es ernst?«
    »Ja – jawohl – sicher!«
    »Dann gebe ich Ihnen jetzt den Befehl, erst nach mir zu laufen. Sie wissen, wie das war in der alten Armee: die höheren Offiziere immer vorneweg. Leb wohl, mein Junge – lauf erst, wenn du glaubst, daß es richtig ist. Und vergiß nicht: Einer muß zurückkommen! Wie es auch ist: Einer muß zurückkommen!« Er legte die Hand auf Obermeiers Schulter, stieß sich dann ab, sprang aus der Mulde, rannte über das Feld, nach vorne gebückt, mit schlotternden Beinen und pendelnden Armen – ein Mann, der wußte, daß es sinnlos war, dem Schicksal zu entfliehen.
    Obermeier wartete einige Minuten. Die Panzer waren jetzt über die deutschen Linien hinweggerollt. Die Partisanen und die russische Infanterie kämmten jetzt die rückwärtigen Gräben durch. Es wurden keine Gefangenen gemacht – aber es gab auch fast keinen deutschen Soldaten, den man gefangennehmen konnte, solange er noch fähig war zu laufen. Sie wußten alle zu genau, was sie erwartete, wenn sie in die Hände der Partisanen fielen.
    Obermeier schnellte wie ein Sprinter über das verschneite Feld, vorbei an den Klumpen, die einmal seine Soldaten gewesen waren, vorbei an noch glühenden Panzerleibern.
    Er rannte wie nie in seinem Leben. Er wußte, daß er fast keine Chance hatte, heil bei den eigenen Truppen anzukommen. Wenn, dann nur jetzt, in dieser Verwirrung, im Schutze der Dunkelheit, die sich jetzt langsam zu lichten begann. Es war eine verschwindend geringe Möglichkeit, aber er mußte es versuchen. Einer mußte zurückkommen.
    Von der Seite her sah er plötzlich einen dunklen, heulenden Schatten auf sich zukommen: ein Panzer. Ein kleiner, stechend heller Scheinwerfer blitzte an der Stirnseite auf – und mitten in seinem Kegel stand Obermeier, zu einer Säule erstarrt, die Arme vorgestreckt, als wollte er ins Wasser springen.
    Mit ein paar Sätzen war er außerhalb des Lichtkegels. Er rannte im Zickzack weiter, hinter sich hörte er das Hämmern des schweren MGs aus dem Panzer.
    Ein Loch, dachte er, während ihm das Herz zu zerspringen drohte und ihm der Schweiß über das Gesicht rann, er mußte ein Loch finden … ein Schützenloch … einen Granattrichter … einen Graben.
    Auch Wiedeck sah den einsamen Panzer, der als Nachhut zurückgeblieben war. Er warf sich in ein flaches Granatloch und nahm den Kopf herunter. Hier war er einigermaßen sicher – jedenfalls konnte ihn die Panzerbesatzung kaum entdecken. Den ersten Teil des Weges hatte er hinter sich, jetzt war er bereits im ehemaligen Niemandsland zwischen den russischen und deutschen Gräben. Plötzlich fiel etwas auf ihn, ein schwerer Körper preßte ihn in die Erde und umklammerte seine Schulter.
    »Geh weg, du Affe!« schrie Wiedeck.
    »Ich bin's, Bartlitz«, keuchte der Unbekannte auf seinem Rücken. »Rück zur Seite … bist du's, Wiedeck? Es reicht für uns beide.«
    »Mensch, hoffentlich sieht uns der nicht!«
    Wenig später fiel eine dritte Gestalt zu den beiden in den Trichter. Sie schnellte heran, wie von einem Katapult geschossen, legte sich flach über die beiden Körper und drückte Wiedecks Kopf mit beiden Händen herab, als dieser nachsehen wollte, wer es war.
    »Kopf 'runter«, zischte eine Stimme.
    »Herr Oberleutnant …«
    »Ja, halt die Schnauze!«
    »Also wieder zusammen …«, murmelte Bartlitz.
    »Still!«
    Sie lagen eng aneinandergepreßt in der flachen Mulde und lauschten. Ganz in der Nähe klirrte es heran, donnernd, die Ketten knirschten, der Scheinwerferstrahl aus dem Panzer irrte über sie hinweg, kam zurück – und blieb auf Obermeiers Rücken, der flach über das Loch hinausragte, stehen.
    »Er hat uns entdeckt«, sagte Obermeier leise.
    »Aus –«, schluchzte Wiedeck.
    »Noch nicht«, sagte Obermeier. »Er schießt nicht … er will uns überrollen. Wenn er ganz 'rankommt …«
    Er brach ab, die beiden anderen hatten ihn verstanden.
    Jetzt war das Klirren der Panzerketten ganz nah.
    »Los«, schrie Obermeier, und alle drei sprangen auf und stoben auseinander. Der Panzer rollte über die Mulde, blieb stehen, drehte sich auf der Stelle. Der Deckel auf dem Turm sprang auf, und ein Kopf sah heraus. Gleich darauf fing das Maschinengewehr zu rattern an.
    Der erste, den es erwischte, war Bartlitz. Wie festgenagelt blieb er

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