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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Leitenant?«
    Anna Petrowna Nikitewna kroch aus der Höhle und schaufelte Schnee in einen zerbeulten Kochtopf. Sie hatte die derben Knochen mittelrussischer Bäuerinnen und das lange, schwarzsträhnige Haar der Mongolinnen.
    »Sergej ist bereits in Orscha«, sagte sie.
    »Der Satan hole die Deutschen! Sie werden Sergej fangen!« Mischa Starobin erhob sich und zog seinen Pelz an. Er war groß und stark wie ein Bär, mit leicht geschlitzten Augen, einem buschigen Schnurrbart und Beinen, die wie Säulen durch den Schnee stapfen.
    »Er wohnt bei Tanja, seinem Täubchen.« Anna Nikitewna lachte.
    »Die Neuen haben keine Nummer.« Mischa sah zu, wie Anna den zerbeulten Kessel über das Feuer hing. Der Schnee schmolz langsam. In das Schneewasser würde sie Kapusta tun, ein Stückchen Fleisch – Flügelchen und die Brust einer Krähe. »Gott beschütze Sergej – die Neuen sind verflucht schlimm.«
    Mischa sagte Gott, und Anna lachte darüber. Wenn Mischa von Gott sprach, hatte er Angst. Der große, starke Mischa Starobin! Wie kann er Angst haben? dachte sie und rührte in dem Schnee. In die Wälder von Gorki kommt kein Deutscher. Zweimal sind sie um sie herumgezogen. Dort, wo die Wölfe lebten, ist meistens auch der Mensch sicher.
    Durch das Dickicht kroch ein kleiner krummbeiniger Mann in einem langen, alten Schafspelz. Seine Fellmütze mit den Ohrenschützern war schneeverkrustet. Als er Mischa und Anna sah, winkte er und arbeitete sich durch den kniehohen Schnee zu der Erdhöhle.
    »Brüderchen Pjotr!« Mischa Starobin lachte breit. »Was macht die Kolchose? Von Deutschen besetzt, ha?« Er reichte dem Kleinen die Hand entgegen und zog ihn heran.
    Pjotr Sabajew Tartuchin blinzelte mit seinen kleinen, listigen Augen. Er sah mongolischer als ein Mongole aus. Seine gelbe Haut zog sich faltig und pergamentartig über das runde Gesicht, in dem die Nase wie ein Knopf mit zwei Löchern saß. Seine überlangen Arme baumelten am Körper herab, als gehörten sie nicht zu ihm, und seine Schultern waren unverhältnismäßig breit.
    »Draußen laufen die Deutschen herum!« Er trat gegen Annas Kessel, warf ihn um und schaufelte mit dem Stiefel Schnee auf die Feuerstelle. Zischend erlosch die Flamme. »Man sieht den Qualm, ihr Holzköpfe! Freßt den Kapusta kalt!«
    Anna Petrowna Nikitewna holte den Kessel aus dem Schnee und warf ihn in die Erdhöhle. »Sie werden nicht wagen, in den Wald zu kommen. Sind es viele?«
    »Nein, aber wenn sie den Rauch sehen, wissen sie, wo wir stecken.« Pjotr wischte sich über die Augen und über das gelbe, vor Kälte starre Gesicht. »Starschi Leitenant läßt sagen, daß heute nacht Sammeln ist.«
    »Och – verflucht!« sagte Mischa und dachte an den verlorengegangenen Kapusta. »Heute nacht?«
    »Wir müssen einen Mann der Neuen fragen. Sie haben keine Nummern, nicht einmal Schulterstücke. Vielleicht ist es ein Sonderkommando, um uns zu fangen?«
    »Unsinn, wer soll uns fangen?«
    »Sie sind ganz frisch aus Deutschland gekommen, junge und alte. Sergej sagt, es sei eine merkwürdige Truppe. Sie haben kaum Waffen …«
    »Und da wollen sie uns fangen?« Mischa lachte dröhnend.
    »Sie sollen Geheimwaffen haben, du Esel! Sie kommen noch nach, sagt Sergej.« Tartuchin hauchte in die Hände und schob dann den Kragen seines Pelzes höher gegen das Gesicht. »Wo sind die anderen?«
    »Wo sollen sie sein?« Mischa zeichnete einen Kreis in die Luft. »Im Wald natürlich. Du wirst sie treffen, Brüderchen.«
    Fluchend stapfte Tartuchin weiter durch den Schnee. Hinter einem Busch verschwand er in der Unergründlichkeit des Waldes. Ab und zu hörte man den Schnee dumpf klatschend von den Bäumen fallen. Dann erstarb auch dieser Laut.
    »Heute nacht, Annaschka«, sagte Mischa Serkonowitsch leise, als fürchte er, daß seine Stimme die tiefe Stille stören könnte. »Wenn wir Glück haben, erbeuten wir Büchsenfleisch und Zwieback.«
    In Orscha saß Starschi Leitenant Sergej Petrowitsch Denkow am Ofen und blätterte in den Papieren, die ihm Tanja gegeben hatte. Mittelgroß, schlank, braun wie ein Kaukasier, trug er die abgeschabten und vielfach geflickten Sachen eines armen Kolchosbauern, der sich von den Deutschen überrollen ließ und nun in seiner Hütte mühsam sein Leben fristete. Neben ihm wirkte Tanja Sossnawskaja wie ein Bild altrussischer Ikonenmaler. Ihr schwarzglänzendes, glattes Haar war eng an den Kopf gelegt, ihre leicht hervorstehenden Backenknochen gaben dem schmalen Gesicht mit den großen

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