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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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sprach diese vier Worte, als hätte Kennedy gerade gesagt: »Wenn ich Minderjährige bumse, benutze ich keine Kondome.«
    »Na ja, wenn man seine Charaktere kennt, sein Milieu und das generelle ›Was wäre wenn?‹, dann legt man halt einfach los. Ein wenig so, als würde man in den Vierzigerjahren von London nach Edinburgh fahren. Den ersten Teil der Strecke kennt man ja bereits, und man weiß, wann man dort ankommt. Dazwischen lässt man die Gedanken dann einfach fliegen und hofft, dass das Eis unter den Füßen hält, finden Sie nicht auch?«
    »Ich … nun ja, hier im Kurs für Kreatives Schreiben bemühen wir uns, die Bedeutung einer detaillierten Gliederung zu betonen. Der Methode, auf die, wie ich vermute, doch wohl die meisten Schriftsteller zurückgreifen.«
    »Stephen King nicht. Er sagt: ›Wenn ich nicht weiß, was als Nächstes passiert, dann steigt die Chance, dass der Leser auch nicht darauf kommt.‹«
    »Nun, ich glaube kaum, dass man Stephen King als Litera…«
    »Ich liebe Stephen King.«
    »Wirklich?«
    »Na klar. Und ich denke, wenn wir uns seine und Ihre Methode mal unter dem Gesichtspunkt der Produktivität anschauen …« Kennedy grinste und hob die Handflächen. Eine Geste, die schlicht sagte: »Zwischen 1993, dem Jahr Ihrer letzten Veröffentlichung, und heute hat Stephen King etwa dreiundzwanzig Romane geschrieben. Sie dagegen keinen einzigen. Am besten nehmen Sie Ihre Gliederung, schmieren sie mit Vaseline ein und schieben sie sich in den Anus.«
    »Ich bin mir sicher, wir könnten hier eine lange und interessante Diskussion darüber führen, ob nun Qualität oder Quantität seines Schaffens den Wert eines Autors bemisst.«
    »Allerdings«, erwiderte Kennedy, dem es irgendwie gelang, weiterhin zu lächeln.
    »Was ich eigentlich sagen wollte: Mir scheint, dass ich die Stoffliste für Ihren Kurs noch nicht vorliegen habe. Die benötigen wir aber dringend, da sie bis zum Eintreffen der Studenten auch noch kopiert werden muss.«
    »Natürlich. Ich reiche sie Ihnen später rein. Hat mich einiges Kopfzerbrechen gekostet.«
    »Vielen Dank. Und wie kommen Sie mit den Schreibproben der Bewerber voran? Es sollen ja unerhört viele sein.«
    »Bestens.« Kennedy dachte an die Twin Towers der Pein, die sich unberührt auf seinem Schreibtisch türmten. »Da sind ein paar höchst talentierte Kids dabei.«
    »Haben Sie die zwanzig Glücklichen schon zusammen?«
    »So gut wie.«
    »Das Semester beginnt in zwei Wochen.«
    »Selbstverständlich.«
    Die beiden Männer blickten sich nun mit unverhohlener Abneigung an.
    »Also gut«, ergriff der Dekan das Wort und sah auf seine Uhr. »Ich überlasse es Dr. Drummond, Ihnen Ihre Räumlichkeiten zu zeigen. Wir sehen uns dann alle später beim Begrüßungsempfang.«
    »Prima«, sagte Kennedy. »Und nochmals vielen Dank für das ausgezeichnete Essen.«

zweiunddreißig
    Im Korridor übernahm Drummond die Führung. Mit dem steifen, abgehackten Schritt des Untervögelten marschierte er zackig voran. Kennedy bummelte hinterher. Die Hände in den Hosentaschen, ließ er sich ostentativ Zeit für die Betrachtung architektonischer Feinheiten – ein Strebebogen hier, eine Säule dort. In Wahrheit nötigte er Drummond, langsamer zu gehen, aus dem Tritt zu geraten … ganz so, wie man bei einem Tennismatch dem Gegner sein eigenes Tempo aufzwingt. Drummond stoppte, patschte langmütig die Handballen gegeneinander und wartete, bis Kennedy wieder zu ihm aufgeschlossen hatte, bevor sie in die Septembersonne des Kolleghofs hinaustraten. Kennedy zündete sich in einer instinktiven Pawlow’schen Reaktion auf die frische Luft eine Zigarette an, worauf Drummond sofort mit einem albernen Wedeln der rechten Hand reagierte. Einen kurzen Augenblick lang sah es sogar so aus, als wollte er sich eine Bemerkung dazu erlauben. Womit Kennedy kein Problem gehabt hätte – er wünschte es sich sogar.
    Stattdessen sagte Drummond: »Wenn ich das richtig verstehe, dann werden wir dieses Semester hin und wieder auf Sie verzichten müssen. Offenbar wohl aufgrund eines Films, an dem Sie mitarbeiten.« Letzteres kam ihm betont abfällig über die Lippen.
    »Ich hoffe ja, dass das nicht allzu häufig nötig sein wird. Ein großer Teil der Innenaufnahmen – vor allem die dialoglastigeren Szenen – wird in Pinewood gedreht, bloß ein paar Meilen die M40 runter. Aber Sie wissen ja, wie Schauspieler sein können …«
    »M-mmh«, erwiderte Drummond, der offensichtlich nicht den leisesten Schimmer

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