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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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hatte. »Das muss doch eine schreckliche Ablenkung sein.«
    »Wovon?«
    »Von der literarischen Arbeit. Wie lange ist Ihr letztes Buch jetzt her? Vier Jahre?« Drummond gelang das Kunststück, beinahe besorgt zu klingen.
    »Fünf sogar.« Dieser Drecksack.
    »Hollywood hat schon für so manchen Autor den Ruin bedeutet: Faulkner, Fitzgerald …« Sie folgten dem Weg um den Verwaltungstrakt herum in Richtung des weißen Gebäudekomplexes der Englisch-Fakultät.
    »Nun ja, Dennis, die Sache ist die: Nicht allzu viele Verlage sind bereit, eine halbe Million Dollar für eine hundertzwanzig Seiten starke Novelle auszugeben, die hauptsächlich aus Dialogen besteht.«
    »Kunst kontra Kommerz, was?«, fragte Drummond überheblich. Sein letztes Honorar für einen kommerziellen Auftrag war jener Scheck über einhundertneunundzwanzig Pfund gewesen, den er vor drei Tagen vom Critical Quarterly für eine dreitausend Wörter umfassende marxistische Dekonstruktion von George Eliots Middlemarch erhalten hatte – für einen Text, der schon drei Jahre alt war.
    »Wie ein bedeutender Mann einst sagte: ›Es gibt keine Verpflichtung, in die Geschichte einzugehen oder Kunst zu machen. Unsere einzige Verpflichtung ist es, Geld zu machen. Und um Geld machen zu können, mag es wichtig sein, in die Geschichte einzugehen oder sich mit Kunst abzugeben.‹«
    »Hemingway?«, fragte Drummond und hielt Kennedy die Tür auf.
    »Don Simpson«, erwiderte Kennedy, schnippte seine schwelende, halb gerauchte Marlboro in ein Blumenbeet und freute sich über Drummonds angewiderten Gesichtsausdruck.
    Sie stiegen die Treppe hinauf, und während Drummond in seiner Tasche nach dem Schlüssel kramte, erreichten sie einen langen Flur. An dessen hinterem Ende, in einiger Entfernung, schleppten Handwerker geschäftig Möbel und Werkzeugkästen durch die Gegend. Drummond griff nach dem Knauf der ersten Tür zu ihrer Linken und genoss ganz offensichtlich den Moment, als er diese mit überschwänglicher Geste öffnete, um den Blick freizugeben auf …
    … eine mönchische Zelle, etwa zweieinhalb mal drei Meter groß, mit einem einzigen Fensterschlitz in der steinernen Wand. Sie war in der Farbe von Stützstrümpfen gestrichen, wie alte Nonnen sie trugen, und ganz offensichtlich auch seit 1983 nicht mehr übertüncht worden. Auf dem schmalen Sims stand eine welkende Schusterpalme in einem Terrakotta-Topf, die dem Raum eine düstere, Orwell’sche Note verlieh, von der Drummond hoffte, dass sie seinem neuen Bewohner nicht entging.
    »Ich muss mich entschuldigen«, sagte Drummond schließlich. Ganz so, wie er es einstudiert hatte. »Das entspricht sicher nicht annähernd dem, was Sie gewohnt sind, aber Platz ist bei uns Mangelw…« Er drehte sich zu Kennedy, der einfach weitergegangen war, als hätte er ihn gar nicht gehört. »Äh, Mr. Marr?« Kennedy blickte sich nach ihm um. »Hier hinein«, sagte Drummond und zeigte auf die offene Tür.
    »Oh«, erwiderte Kennedy, »hat man Sie denn nicht informiert? Kommen Sie …« Er deutete mit einem Kopfnicken den Flur hinunter, schlenderte ungerührt weiter und verschwand schließlich in einem Zimmer auf der anderen Seite. Demjenigen, aus dem die Handwerker kamen und gingen. Drummond folgte ihm einigermaßen verwirrt. Er trat ein, und für einen kurzen Augenblick verschlug es ihm die Sprache.
    Bei dem Raum, in dem sie nun standen, handelte es sich um den ehemaligen Gemeinschaftsraum. Durch zwei hohe Bogenfenster fiel der Blick auf den Campus und die angrenzenden Wälder. Das Zimmer war fast so groß wie das Büro des Dekans und deutlich größer als Drummonds eigenes Büro. Männer in Overalls trugen die letzten der alten Möbel hinaus, während ihre Kollegen durch eine andere Tür neue hineinschleppten. Auf den Kisten prangte der Schriftzug »Heal’s of London«. Ein tiefes, stinkvornehmes Sofa hatten sie bereits an der rückwärtigen Wand platziert. Die gegenüberliegende Seite des Raums dominierte ein riesiger edwardianischer Bibliotheksschreibtisch, quasi eine sechs Quadratmeter große Walnusstafel mit handgearbeiteter Ledereinlage. Ein Mann auf einer Klappleiter vollführte letzte Feinarbeiten am neuen, taubengrauen Anstrich. Am Fuß der Leiter stand ein halbes Dutzend Farbeimer von Farrow & Ball. Kennedy lief im Raum herum und öffnete wahllos Bücherkartons.
    »Das …«, hob Drummond zu sprechen an, doch seine Stimme war bloß ein ersticktes Flüstern.
    »Chef, wo soll die Bar hin?«, fragte eine Stimme hinter

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