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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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einen Brief schrieb, einen der vielen an ihren Mann. Es mußten wohl jeweils mehr als ein Dutzend unterwegs sein oder in der Obhut irgendeines Hafenkommandanten auf die Ankunft seines Schiffes warten.
    Sie hörte sich an, was sie beabsichtigten, und erklärte sofort: »Ich werde mit ihm sprechen.«
    Bolitho protestierte. »Hugh sagt, du sollst dich aus allem heraushalten. Keiner von uns möchte, daß du in diese Angelegenheit hineingezogen wirst.«
    Sie lächelte. »Ich wurde bereits hineingezogen, als ich euren Vater heiratete.« Sie band sich einen Schal um und fügte ruhig hinzu: »Der alte Hardy sollte in die Strafkolonien abtransportiert werden, weil er Fisch und andere Lebensmittel für seine Familie gestohlen hatte. Es war ein schlechtes Jahr mit magerer Ernte und vielen Krankheiten. Allein in Falmouth starben mehr als fünfzig Menschen am Fieber. Der alte Hardy verlor später Frau und Kind. Sein Opfer – denn er war ein stolzer Mann – war umsonst gewesen.«
    Bolitho nickte. Sir Henry Vyvyan hätte Hardy retten können, aber er hatte den Fehler begangen, von ih m zu stehlen. Die Angelegenheit eröffnete Bolitho einen weiteren Einblick in das Wesen seines Vaters: der strenge, disziplinierte Kapitän, der seiner Frau zuliebe mit dem kurzsichtigen Gärtner Mitleid hatte und ihn nach Falmouth holte.
    Dancer nahm Platz und blickte ins Kaminfeuer. »Deine Mutter setzt mich immer wieder in Erstaunen, Dick. Ich habe das Gefühl, sie besser zu kennen als meine eigene.«
    Nach einer Viertelstunde erschien sie wieder und setzte sich an den Schreibtisch, als sei nichts gewesen.
    »Der Zeuge heißt Blount, Arthur Blount. Er hatte schon früher Schwierigkeiten mit dem Zoll, aber jetzt wurde er zum erstenmal gefaßt. Er war niemals lange an einem Arbeitsplatz, meist befaßte er sich dort nur mit kleineren Ausbesserungsarbeiten auf den Farmen.«
    Bolitho dachte an den toten Portlock. Wie Blount war auch dieser ein unsteter Mann ohne feste Arbeit gewesen und hatte alles angenommen, was er kriegen konnte.
    Mrs. Bolitho fuhr fort: »Ich rate euch, an Bord zurückzukehren, ich schicke dann Nachricht, wenn ich etwas höre.« Damit legte sie ihrem Sohn die Hand auf die Schulter, blickte ihm in die Augen und sagte: »Aber seid vorsichtig. Vyvyan ist ein mächtiger Mann. Würde ein anderer als Martyn diese Vorwürfe erheben, ich hätte ihm nie geglaubt.« Sie lächelte dem blonden Fähnrich traurig zu. »Aber jetzt, da ich es auf diese Weise erfahren habe, bin ich überrascht, daß ich nicht schon früher darauf gekommen bin. Sir Henry hat Verbindungen nach Amerika und hegt wohl auch ehrgeizige Pläne drüben. Gewalt war von jeher seine Lebensweise, warum sollte er sich jetzt geändert haben? Aber es bedurfte eines Ortsfremden wie Martyn, ihn zu entlarven.«
    Die Fähnriche gingen an Bord zurück. Der Wind hatte aufgefrischt, und sie stellten fest, daß mehrere der kleineren Fischerboote bereits in den Schutz der Bucht zurückgekehrt waren.
    Hugh hörte sich die Geschichte von Blount an und sagte: »Ich habe die Nase voll vom Warten, aber es bleibt uns diesmal keine andere Wahl.«
    Später, als es dunkel war und die Reede voller weißer Schaumkronen, hörte Bolitho, daß die Deckswache ein sich näherndes Boot anrief.
    Dancer, im Augenblick wachhabender Offizier, kam den Niedergang heruntergepoltert und stieß mit dem Kopf gegen einen Decksbalken, anscheinend ohne es zu spüren.
    Er rief aufgeregt: »Es ist deine Mutter, Dick!« Dem Kommandanten meldete er in förmlichem Ton: »Mrs. Bolitho, Sir.«
    Sie betrat die Kabine; ihr Umhang und Haar glitzerten von den Gischtspritzern, was sie noch jünger erscheinen ließ.
    Sie setzte sich und berichtete: »Der alte Hardy kennt den Weiler, und ich selbst sollte ihn auch kennen. Ihr erinnert euch, daß ich von dem schrecklichen Fieber erzählt habe? Damals ging ein Gerücht um, es sei die Strafe für irgendeine Hexerei, die sich in der kleinen Siedlung südlich von hier zugetragen haben sollte. Eine wütende Menschenmenge zerrte zwei arme Frauen aus ihren Hütten und verbrannte sie als Hexen. Es war der Wind oder die in der Trunkenheit außer Rand und Band geratene Menge, niemand weiß genau, wer schuld hatte, jedenfalls erfaßten die Flammen der beiden Scheiterhaufen die Hütten, und bald war der ganze Weiler eine einzige Feuersbrunst. Als das Militär anrückte, war alles schon vorüber. Die meisten Bewohner glaubten, daß die Zerstörung ihrer Häuser übernatürliche Rache gewesen sei,

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