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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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schreckverzerrt, und sie kreischte in einer durchdringenden Lautstärke, die jeder Lokomotive geschmeichelt hätte. Bei diesem Geräusch zuckten einige der anderen zusammen. Ein Junge mit braunem Haar und der Jacke eines Schulsportteams gab ein hohes Quieken von sich, sozusagen eine bizarre zweite Stimme.
    Ich hatte inzwischen genug Luft geholt und sah die Lehrerin an, die wie ein nasses Wäschestück, das von der Leine rutschte, in sich zusammenfiel. Zuerst sank sie auf die Knie, und ihr Gesicht nahm einen komischen Pflaumenton an. Allmählich wirkten die hervorquellenden Augen fast natürlich, doch eine schwache Alarmsirene ertönte in meinem Hinterkopf. Andere Schüler schrien inzwischen ebenfalls.
    Ich blickte zum Whiteboard, das wie wild an der Wand klapperte, nur von Klammern gehalten. In dem Moment, als ich hinsah, gab es ein hohles Knacken, und es krachte herunter auf den Boden, wo die riesige Tafel tatsächlich entzweibrach. Ein gezackter horizontaler Riss hatte sich in der Mitter aufgetan.
    Ein Gefühl wie Dampf, der aus einem Ventil entwich, erfüllte mich: köstliche Erleichterung.
    Bletchley fiel keuchend um, aber immerhin nahm ihr Gesicht wieder einen normalen Farbton an. Sie atmete wieder. Jemand in der hintersten Reihe würgte, und mein Kopf schnellte zur Seite, als wäre ich geohrfeigt worden. Meine Wange brannte sogar. Die Luft war zäh, von einer kriechenden elektrischen Spannung gelähmt, und auf einmal feuchtschwül wie unmittelbar vor einem Sommergewitter.
    Inmitten der Teenager, die schreiend von ihren Stühlen aufsprangen, saß Graves vollkommen regungslos da. Seine Augen glichen grünen Flammen, und sein Ohrring blinkte silbern. Er hatte den Mund leicht geöffnet, als wäre ihm gerade ein verdammt guter Einfall gekommen, der sein Denken so sehr gefangen nahm, dass dem Rest seines Gesichts eine Pause verordnet wurde.
    Mit schlackernden Beinen drehte ich mich um und lief zur Tür. Noch ehe ich dort war, durchschnitt ein anderer Lärm das Chaos im Raum: der Pausengong, der mitten in der Stunde erklang. Das war nun wahrlich seltsam.
    Ich gab einen Laut von mir, der ein Lachen gewesen sein könnte, und floh.

    Ich war vier Blocks entfernt und lief ziemlich schnell, als seine Hand sich in meiner Jacke und einer Handvoll meines Haars verfing und mich nach hinten riss. Ich wäre auf den Rücken gekippt, hätte er mich nicht gleichzeitig wieder aufgerichtet. So stemmte ich mich leider ein bisschen zu sehr in die Gegenrichtung, was zur Folge hatte, dass wir beide vornüber in den schmutzigen Haufen aufgeschütteten Schnees am Straßenrand fielen. Ich trug weder Schal noch Handschuhe. Die Kälte brannte an meinen Händen, weil ich mich auf dem sandigen überfrorenen Hügel abstemmte, um wieder auf die Beine zu kommen. Meine Tasche verhakte sich, und ich kämpfte sie frei, während Graves eine ganze Flut von Beschimpfungen auf mich niederregnen ließ, die mit den Worten endete: »Was zum Teufel sollte das?«
    »Mann!«, fuhr er nach einer kurzen Atempause fort und stemmte sich wippend von dem Schneeberg ab, wobei er aussah wie eine dieser Plastikpuppen, deren Unterteil aus einer beschwerten Kugel besteht. »Du hast es echt drauf, Leben in die Bude zu bringen! Ich wurde gebissen, zusammengeschlagen, ans Bett gefesselt, ins Kreuzverhör à la James Bond genommen, und jetzt krönst du das Ganze, indem du eine Lehrerin erstickst?«
    Ich versuchte gar nicht erst, ihn darauf hinzuweisen, dass ich Bletch nicht einmal angefasst hatte. Es war zwecklos. Ich hatte ihr Übles gewünscht – sie verhext, wie Gran es genannt hatte –, und das war bei Leuten mit »der Gabe« kein Honigschlecken. Ich war ziemlich gut im Entwirren von Zaubern oder Flüchen, weniger gut, wenn es darum ging, andere mit Zaubern oder Flüchen zu belegen. Das war größtenteils Grans Schuld, denn sie hatte nichts davon hören wollen. Wer nicht hexen kann, kann auch nicht heilen, hatte sie häufig vor sich hingemurmelt, besonders wenn die Bezirksbeamten gekommen waren, um die Grundsteuer zu schätzen. Aber Hexen ist eine starke Medizin, Dru. Denk an meine Worte!
    Für Gran konnte »starke Medizin« Gutes wie Schlechtes bedeuten, wie die Abführmittel, von denen sie dauernd redete. Sie helfen dir, dass alles wie geschmiert läuft, aber zu viel, und du scheißt dir deinen Verstand raus. Denk an meine Worte, Dru!
    Ein einziges Mal wollte ich sie fragen, wie das denn wohl funktionieren sollte, dass man sein Gehirn durchs Verdauungssystem

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