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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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Traumfingern an ihn. In meinem Traum war etwas Wichtiges aufgetaucht, eine Warnung, Eulenflügel, die um mich herum durch die Luft schlugen.
    Das Bett war breit, tief und weich, ein Ahornhimmelbett mit dünnen mattblauen Vorhängen, die zurückgezogen waren. Das ganze Zimmer war blau, vom dunkelblauen Samtüberwurf über die blass himmelblauen Tapeten mit dem goldenen Kreuzmuster bis hin zu den sieben blaulasierten Bücherschränken und den schweren kobaltblauen Gardinen. Der Teppichläufer war saphirblau und dick genug, dass man darin kleine Münzen verlieren konnte, obwohl er älter als ich sein dürfte. Das Fenster war nicht vergittert, denn es ging in einen kleinen Innenhofgarten hinaus, der vollständig von hohen kahlen Mauern umgeben war. Drei Stockwerke tiefer gab es eine vergitterte Tür, zu der ich nur gelangte, indem ich von meinem Zimmer aus drei Korridore entlang- und dann zwei Treppen hinunterging.
    Eine Menge Aufwand für einen kurzen Spaziergang draußen auf dem kleinen Flecken Erde mit Kieswegen und kahlen, verhärmten Dingern, die Rosenbüsche sein könnten – im Frühling, wohlgemerkt. Falls ich denn unbedingt zwischen dornigem Gestrüpp unter grauem Himmel herumlaufen wollte.
    Anstelle der Gitter waren vor meinem Fenster schwere Eisenläden mit kleinen ausgestanzten Herzen und Kreuzen in Längsreihen.
    Ich hatte sie offen gelassen, denn wenn ich sie schloss, war das ganze Zimmer so still und, nun ja, tot.
    Langsam öffnete ich meine Augen. Die Warnrufe verschwanden. War das Gran gewesen? Wer auch immer: Er wollte mir etwas Wichtiges mitteilen.
    Tock-tock-tock. Tock. Tock.
    Ein eiskalter Schauer lief mir vom Kopf bis zu den Zehen. Das Geräusch kam mir bekannt vor: Finger, die ungeduldig auf Glas trommelten. Erinnerungen vermischten sich mit Träumen, zerrten an mir, während das Kissen an meiner Wange hart und heiß wurde.
    An meiner Hintertür stand ein Zombie. Er blickte auf, und ich sah, dass seine Augen blau waren, das Weiße aber bereits eingetrübt vom Tod, in derselben Farbe wie faule Eier. Seine Wange glich einem blutigen Fleischbrei. Etwas musste ihm das halbe Gesicht weggefressen haben. Die Fingerspitzen, nur mehr knochige Knubbel, kratzten am Fenster. Haut hing ihm in Fetzen von der Hand, und jetzt drehte sich mir der Magen richtig um. Schwarzer Nebel waberte an den Rändern meines Sichtfelds, und das komische Rauschen in meinem Kopf klang wie ein startendes Düsenflugzeug.
    Diesen Zombie würde ich jederzeit wiedererkennen. Auch wenn er tot und entstellt war, blieben seine Augen dieselben: blau wie überfrorenes Wasser.
    Er sah mir ins Gesicht und neigte seinen Kopf, als hätte er weit entfernt ein Geräusch gehört.
    Vor Schreck stieß ich einen bellenden Laut aus und rammte mit dem Rücken an die Wand neben der Flurtür, wobei ich mir die Hüfte an einem Kartonstapel stieß.
    Dad ballte seine verfaulte Faust, an der das Fleisch bis zu den Knochen abgekaut war – von etwas, das ich mir gar nicht vorstellen, an das ich nicht einmal denken wollte –, und boxte sie durch die Scheiben.
    Ich setzte mich im Bett auf, japste nach Luft und kämpfte mich aus den schweren Decken. Die fadenscheinigen Satinlaken glitten schweißklamm über meine Haut und wurden zu nassen Fingern, die sich an meine Hüften und meine Knöchel klammerten. Die Fäuste geballt, traf ich nichts als Luft, und mein Schrei erstickte in meiner Kehle. Für einen Moment erfüllte Flügelschlagen das Zimmer, aber Grans Eule – der Vogel, der auf ihrem Fenstersims gesessen hatte, als sie starb, der mich vor Gefahr warnte und vor anderthalb Wochen zu Dads Truck geführt hatte – zeigte sich nicht.
    Irgendetwas ist hier furchtbar falsch, Dru. Du musst aufpassen! Die Stimme verebbte jedoch, sobald ich richtig wach wurde, und ich stellte fest, dass ich das Medaillon in meiner verschwitzten Hand hielt.
    Ich blinzelte noch einmal, um Traum von Realität zu trennen.
    Tock. Tock-tock. Das Geräusch war echt. Und es kam von meinem Fenster.
    Ich rollte mich aus dem Bett und landete unsanft auf dem Fußboden. Dabei schlugen meine Zähne zusammen. Zum Glück lag meine Zunge nicht zwischen ihnen. Meine Hände waren tapsig und langsam, als ich auf dem Nachtschrank nach einer Waffe tastete. Zu Hause hätte ich dort eine Schusswaffe gehabt, aber hier konnte ich auf nichts zurückgreifen außer mein versilbertes Messer. Sämtliche Waffen waren mir abgenommen worden und in der Waffenkammer unten in der Trainingskapelle

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