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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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so heiß, dass sie fast dampften.
    »Dru.« Christophe machte zwei Schritte auf mich zu, bei denen seine Stiefel auf dem Teppich leise knarrten. »Ich habe wenig Zeit für Nettigkeiten. Das ist dir klar, oder?«
    Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust. Gott, plötzlich war es hier fies kalt! Und hatte er schon immer so gut gerochen? War das ein Parfum? Eau de Christmas Pie? »Ja, dachte ich mir«, gab ich zurück. Ebenso war mir klar, dass sich wenig Gelegenheit ergeben hatte, mir Notizen zu machen, dennoch hätte er mir ein paar Sachen erzählen können.
    Hätte ich ihm geglaubt? Ich brauchte nichts weiter zu tun, als mich in dem hübschen kleinen Zimmer umzusehen und an die Gitter vor den anderen Fenstern zu denken. Oder an die erste Sperre, als die Glocke bimmelte und alle auf ihre Posten gingen, während Dylan mich hier heraufbrachte und mir befahl, meine Tür zu verriegeln.
    Aber wieso?, hatte ich gefragt. Dylan hatte seine Zähne gezeigt, Reißzähne, die sich verlängerten, als seine Gabe durchkam.
    Weil das keine Übung ist, hatte er gesagt. Und du bist diejenige, für die wir sterben, falls sie unsere Schutzmauern durchbrechen. Jetzt verriegle deine Tür!
    Christophe schüttelte wieder den Kopf, dass die Wasserperlen flogen. »Ein Handtuch wäre wirklich nett, Dru.«
    »Ja, klar. Gut.« Ich stapfte barfuß zu der Tür zwischen den Bücherregalen. Ich hatte mein eigenes Bad, wohingegen die Jungen in den Schlafsälen nur Gemeinschaftsbäder benutzten. Und ich hatte immer noch nicht herausbekommen, wer es putzte. Jedenfalls war es nicht so alt und schäbig wie die Höhlen unten. Andererseits machte ich allein ja auch nicht so viel Schmutz.
    Das hatte mich das Zusammenleben mit Dad gelehrt.
    Die Handtücher waren gleichfalls blau und ein wenig fadenscheinig. Hellblau wie ein Sommerhimmel, wie die Farbe unseres Trucks, die Farbe von Dads Augen – wärmer als Christophes, selbst wenn sie nach einer Nacht mit Beam blutunterlaufen waren oder er in einer »verdammt miesen Stimmung« gewesen war.
    Ich musste stehen bleiben und tief durchatmen. Gleich nach der zappeligen Panik, weil ich allein zurückgelassen worden war, stellte sich eine wohlige Erleichterung ein, so lebendig wie Ölfarben. Es war ein vertrautes Gefühl, dieselbe Erleichterung, die ich jedes Mal empfunden hatte, wenn Dad aufgetaucht war, um mich zu holen.
    Weshalb war ich erleichtert? Nur weil irgendjemand wieder zu mir zurückgekommen war? Wenn man sein Leben lang wie ein Buch in einer Leihbücherei oder ein verlorenes Gepäckstück darauf wartete, dass einen jemand abholt, nahm die Freude leicht mal lächerliche Ausmaße an.
    Aber wenigstens hatte Christophe mich nicht vergessen.
    Ich schnappte mir ein Badelaken und marschierte zurück. Christophe hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Er blickte mit einem merkwürdigen Ausdruck zu den leeren Bücherregalen. Ich hatte versucht, sie etwas weniger leer aussehen zu lassen, indem ich ein bisschen Nippes darin verteilte, einschließlich eines blauen Glaselefanten mit erhobenem Rüssel. Meine Bücher, CDs und Matratzen, einfach alles befand sich im Truck. Nichts hier gehörte mir. Es roch nicht einmal richtig. Wenn ein Zimmer länger nicht bewohnt gewesen war, merkte man das. Die Luft wurde schal. Und in ein Zimmer einzuziehen, in dem eine ganze Weile niemand geatmet hatte, war so, als würde man Schuhe anprobieren, die nicht ganz passten, von denen man aber hoffte, dass sie sich einlaufen würden.
    Was Schuhe grundsätzlich nicht taten. Ich hatte noch nie länger in einem Haus gewohnt, das sich derart unfreundlich anfühlte, also wusste ich nicht, ob dieses Gefühl irgendwann verschwand.
    Dennoch begann ich, eine Art Waffenstillstand mit einigen der Nippes-Sachen zu schließen. Sie wirkten nicht mehr ganz so mürrisch und ungnädig. Anscheinend fingen sie an, sich etwas wohler mit mir zu fühlen. Und jedes Mal, wenn ich aus der Cafeteria zurückkam, roch es ein klein wenig mehr wie ein Hotel statt wie eine Gruft.
    »Hier.« Ich warf Christophe das Handtuch zu, der es mit einer knappen flinken Bewegung fing.
    »Würdest du mir glauben, dass ich einfach gekommen bin, um dich zu sehen?« Er rubbelte sich das Haar und rieb sich Gesicht und Hände ab. Dabei quietschte seine Jacke leise. Seine Hände waren nass, und ich bemerkte tiefrote Zickzacklinien an den Innenflächen sowie Abschürfungen auf seinen Fingern, ehe er sie ausschüttelte. Sobald er eine Hand hochhielt und sie kritisch beäugte, war

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