Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
gratis.«
Unweigerlich musste ich lächeln. »Das ist aber nicht der erste Burger, den du mir geholt hast.«
»Und es wird nicht der letzte sein. Aber er ist der erste, den ich dir heute geholt habe, also iss jetzt, okay? Ich habe noch eine halbe Stunde, ehe ich runtergehe und mich windelweich prügeln lassen muss. Hast du dir endlich etwas zum Anziehen bestellt?«
»Nee.« Die Sachen, die ich im Moment trug, stammten aus Päckchen, auf denen eine andere Postfachnummer stand als die auf dem Infoblatt in meinem Zimmer. Ich hatte sie notiert und den Zettel eingesteckt. Solche Informationen könnten später nützlich sein. Jemand hatte meine Größen geraten – und das ziemlich gut. Und die Werwölfe hatten Graves »in die Stadt« mitgeschleift – irgendein Kaff, in dem man alles bekam, musste in der Nähe sein, obwohl das Internat auf einem mehrere Morgen großen Gelände stand.
Mich konnten sie selbstverständlich nicht mitnehmen, denn es durfte ja niemand wissen, dass ein Mädchen hier oben die Schule besuchte.
Ich fragte mich, woher das ganze Geld kam, entschied allerdings, dass ich es lieber nicht wissen wollte. Ich hatte meine Rolle Bargeld in meiner alten schwarzen Leinentasche, und normalerweise war es kein großes Problem, mehr zu beschaffen.
Dennoch. Ich hatte mir noch nie allein Bares besorgen müssen, auch wenn ich wusste, wie es ging. Aber Dad war immer da gewesen, und …
»Hallo? Erde an Dru!« Graves wedelte mit seiner langgliedrigen Hand vor meinem Gesicht herum. »Woran denkst du gerade, dass es dich komplett wegknipst?«
Ich nahm mir noch ein Stück Pommes. »Ich habe überlegt, wo das ganze Geld herkommt. Die Einrichtung hier ist schon nicht billig, und die anderen Schulen könnten noch größer sein. Womit sich die Frage aufdrängt, wie sie alles bezahlen.«
Graves musterte mich einen Moment. Er setzte wieder diesen Erwachsenenausdruck auf, als würde er einem Song lauschen, den ich nicht hörte. »Ja, stimmt. Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Soll ich mal gucken, was ich rausbekommen kann?«
»Klar.« Ein Pommes, einen Happen Burger und einen Schluck Latte später fragte ich: »Kann ich mit dir gehen? Zum Training?«
Er schwieg hinreichend lange, dass ich wusste, was er antworten würde. Ist bestimmt keine gute Idee, Dru.
Trotzdem wollte ich, dass er es aussprach. Die Säureblase in meiner Brust wurde ein bisschen größer. »Wieso nicht?«
Graves beugte die Schultern, was nichts nützte. Er war nicht mehr so spargeldürr wie vor ein paar Wochen, ehe er gebissen worden war, also konnte er sich auch nicht mehr klein machen. »Nimm’s mir nicht krumm, aber du legst dich viel zu gerne mit anderen an. Außerdem will ich wirklich nicht, dass mir ein Mädchen zuguckt, wenn ich verdroschen werde. Das ist so ein Jungsding.«
Mein Gesicht fühlte sich komisch an, deshalb ließ ich mein Haar nach vorn fallen, um mich dahinter zu verstecken. In manchen Fällen ist langes Haar richtig praktisch. Und seit wir nicht mehr im verschneiten Mittelwesten waren, benahm meines sich tatsächlich. Wer hätte das gedacht? » Ich könnte dich auch verdreschen, schon vergessen?«
»Einer der Lehrer wird sich auf mich schmeißen oder mich rauswerfen, wenn wir uns danebenbenehmen, Dru. Lassen wir es lieber.«
»Die würden dich nicht rausschmeißen. Und wenn doch, gehe ich auch.« Ich würde so ziemlich überall hingehen, um hier rauszukommen. Aber das konnte ich ja schlecht, solange ein Vampirfürst nach mir suchte.
»Wir würden beide draufgehen.« Graves klang ungewöhnlich ernst und fasste sich an die rechte Schulter. Dort war er gebissen worden. Jetzt rieb er sie, als würde die Stelle immer noch weh tun. »Bitte, Dru, lass uns das nicht riskieren, ja?«
Ich ließ meinen Burger fallen, der auf den Teller platschte, und schob meinen Stuhl zurück. Meine Lippen waren fettig, und das Essen lag mir wie eine Bowlingkugel im Magen. »Schon gut, machen wir nicht. Viel Spaß beim Training!«
»Dru …«
Aber ich war schon aufgestanden, hatte meinen Stuhl unter den Tisch geschoben und floh. Als er später zu meinem Zimmer kam, machte ich ihm nicht auf. Er klopfte eine Weile, dann ging er weg. Derweil saß ich auf dem Bett, befingerte das Medaillon meiner Mutter und fragte mich, wie lange ich hier noch gefangen war.
Kapitel 4
T ock. Tock-tock. Tock.
Ich drehte mich unruhig um. Der Schlaf schlich sich auf leisen Sohlen davon wie eine Katze. Ich wollte nicht, dass er ging, und klammerte mich mit
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