Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
leise im fahlen Sonnenlicht, und ich konnte nichts sehen, weil mein Gesicht in Christophes Schulterbeuge vergraben war, meine Nase in der Vertiefung über seinem Schlüsselbein.
Es machte mir sehr viel weniger aus, als ich gedacht hatte.
»Hör mir zu!«, begann er schließlich, obwohl ich ihm gar nicht widersprochen hatte. »Hörst du mir zu, Kleines?«
Meine Stimme wollte nicht richtig funktionieren. Ich nickte ganz wenig, denn – wie schräg war das denn? – ich wollte nicht, dass er mich losließ. Er wich ein kleines bisschen zurück, nur mit seiner unteren Körperhälfte, und ich fürchtete, dass meine Wangen jeden Moment durchglühten, weil ich mir vorstellen konnte, warum.
Wow. Oh, wow!
»Ich bringe dich zu einem sicheren Eingang. Geh zurück in dein Zimmer, und mach dir keine Sorgen, falls jemand dich sieht! Das ist nicht mehr von Bedeutung. Ich muss dich bitten zu warten, Dru. Ich werde einen, vielleicht sogar drei oder vier Tage weg sein, denn ich muss Vorkehrungen für deine Flucht treffen. Vertraust du mir?«
Mal ehrlich, hätte er mich so beim ersten Mal gefragt – ernsthaft statt auf diese amüsierte, bevormundende Art –, hätte ich ihm sofort meine Autoschlüssel gegeben. Nun, vielleicht dachte ich das jetzt auch bloß, weil er mir so nahe war und weil er zitterte. Wir beide zitterten. Ich sogar wie Espenlaub im Sturm.
»Anna hat gesagt, dass du meine Mutter verraten hast. Du hättest Sergej gesagt, wo er …« Weiter kam ich nicht, denn er drückte mich fest. Beinahe fürchtete ich, dass er mir meine Knochen brach, und alle Luft entwich mir.
»Das hätte ich niemals getan«, raunte er mir zu. »Niemals! Verstehst du mich? Verdammt und verflucht noch eins, Dru, ich konnte sie nicht retten, aber ich werde dich retten! Das schwöre ich!«
Und ich, tja, ich glaubte ihm.
Welches Mädchen hätte das nicht getan?
Kapitel 15
Z wei Stunden später lief ich den Flur entlang. Ich hatte niemanden vor meinem Zimmer gesehen, aber ich fühlte sie dort. Ich schaffte es nach drinnen, schloss ab und verriegelte. Und das war anscheinend alles. Christophe hatte gemeint, dass ich mir keine Sorgen machen müsste, wenn jemand mich zurückkommen sah – das Problem bestand darin herauszukommen, ohne erwischt zu werden.
Wieder musste ich an Dad denken. Einen Verfolger abzuhängen war zweitrangig, und es war besser, wenn einen jemand auf dem Weg zu einem Treffen verlor, so dass man keinen anderen mit hineinzog. Ich wäre gern eine Fliege an der Wand gewesen, wenn Dylan erfuhr, dass ich gesehen worden war, wie ich in mein Zimmer zurückkehrte. Es war lustig, wenn auch auf eine finstere, ironische Weise.
Warte, hatte Christophe gesagt. Ich komme zurück und hole dich, sobald ich weiß … sobald ich einen sicheren Platz für dich habe. Vertraust du mir?
Leider war das nicht anders, als wenn Dad mir einen Fünfziger hingelegt und mich angewiesen hatte, meine Katas zu machen. Mit dem einzigen Unterschied, dass mich Hitzewellen überrollten, wann immer ich daran dachte, wie Christophe mich umarmt hatte. Mir wurde erst heiß, dann kalt, wie bei einer Wechseldusche. Und das hielt bis in den Abend hinein an. Fast hätte ich die Weckglocke überhört. Ich war zu beschäftigt damit, zu ergründen, woher die Hitze und Kälte kamen. Mein innerer Thermostat lief völlig aus dem Ruder.
In der Cafeteria herrschte lärmendes Chaos. Graves stellte sein Tablett hin. »Ich habe eine Idee.«
»Oh Gott!« Ich blickte auf meinen Teller. Nichts sah auch nur entfernt appetitlich aus. »Was jetzt?«
Der Krach dröhnte um uns herum, und Graves sah mich prüfend an. »Mann, bist du blass!«
Erzähl es niemandem, nicht einmal Dylan! Aber sollte es noch einen Angriff geben, versuch, ihn zu finden! Bleib nicht in deinem Zimmer! Dann hatte Christophe matt gelächelt, nur ganz wenig. Oder, falls doch, Kleines, dann verriegle deine Tür!
»Ach … ich weiß nicht.« Jetzt war der kalte Schwall wieder dran. Ich erschauderte. Der Saal war zu laut und zu grell. Jungen starrten mich an. Erst als Graves sich zu mir setzte, beschränkten sie sich auf gelegentliche verstohlene Blicke in meine Richtung. Alle außer Shanks, der unter seinem Emo-Mopp hervorlugte und mich beäugte, bis ich ihn direkt ansah und er sich eilig abwandte. Er saß am anderen Ende der Cafeteria.
Dibs war noch nicht aufgekreuzt, und tatsächlich vermisste ich ihn. Ich hatte mich an seine extreme Schüchternheit gewöhnt.
»Bist du okay?«
Ich habe Christophe
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