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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wegwerfen?«
    »José ist ein ehrenwerter Mann. Und Liebe stellt sich ein im Lauf der Zeit. Außerdem vergiss nicht: Sie ist zwar unser Kind, aber nicht unser Fleisch und Blut.«
    »Und wenn schon! Ich könnte sie nicht mehr lieben, wenn ich sie geboren hätte!«
    »Ich liebe sie nicht minder, das weißt du.«
    »Was meinst du dann damit?«
    »Manchmal ist etwas in ihrem Blick, das mir Angst macht. Wie sie sich bewegt! Wie sie das Haar frivol zurückwirft! Wie sie lacht! Sie ist keine fromme Jüdin, das weißt du so gut wie ich. Hoffentlich wendet sich nicht eines Tages gegen uns, was wir damals aus Liebe und Fürsorge getan haben ...«
    Er sollte Recht behalten, ihr kluger Vater!
    Wenn er erst wüsste, was ihr alles zugestoßen war, seitdem sie eines Nachts heimlich fortgeschlichen war, er würde niemals mehr zur Ruhe kommen.
    Das Heimweh überfiel sie ohne Vorwarnung. Ein brennender Schmerz, der sich langsam durch ihr Herz fraß. Sie wollte ihn nicht fühlen. Sie wollte sich nicht nach diesen Menschen sehnen, die sie vom ersten Tag ihres Lebens an belogen hatten. Und erst recht nicht nach Ari, der sie zurückgestoßen hatte.
    Das war vorbei. Sie war kein hilfloses Mädchen mehr, mit dem andere nach Belieben verfahren konnten! Die bunten Karten hatten sie groß und mächtig gemacht.
    Estrella wischte sich die Tränen weg.
    Draußen lag die Stadt unter dem schwarzen Segel der Nacht. Es gab Menschen, die sich davor fürchteten. In der Regel gehörte sie nicht dazu. Aber heute konnte sie es kaum erwarten, bis sich die ersten Farben am Horizont zeigten.
    *
    Immer höher schraubte sich der schmale Pfad. Unter ihnen Igelginster, der im schwindenden Licht nach und nach sein leuchtendes Gelb verlor. So oft schon hatten sie gehoff t , hinter der nächsten Biegung läge endlich ihr Ziel, aber sie hatten sich jedes Mal getäuscht.
    »Der Weg, der zum Himmel führt«, versuchte Camino zu scherzen, um die angespannte Stimmung zu entschärfen. Seit Moira bei ihnen war, schien nichts mehr wie zuvor. »Jeder, der ihn zu Ende geht, bekommt ein paar Sünden erlassen.«
    »Oder er fährt in die tiefste Hölle«, sagte Pilar.
    Dass sie die Fremde nicht mochte, verriet die kerzengerade Haltung ihres Rückens. Sie vermied es, ihr nahe zu kommen. Anfangs hatte sie sich sogar dagegen verwehrt, Moira mit aufs Pferd zu lassen. »Sie hat Augen. Sie kann laufen.«
    »Aber sie ist sehr schwach«, erwiderte Camino. »Sie wird laufen, sobald es ihr besser geht. Sei inzwischen ein bisschen gnädig mit ihr!«
    »Und wenn sie uns verrät?«, mischte Tariq sich ein.
    »Moira weiß, wann man den Mund halten muss. Schutzlos zurücklassen können wir sie jedenfalls nicht.«
    Damit schien die Lage geklärt.
    Jetzt jedoch war die doppelte Last offenbar zu groß für das Tier. Walli blieb immer wieder stehen, blähte die Nüstern und stieß ein Wiehern aus, das beinahe zornig klang.
    »Wir sind zu schwer für sie bei dieser Steigung«, sagte Moira. »Halt an. Ich laufe.«
    »Damit du dir die Füße blutig läufst?« Camino hatte darauf bestanden, ihr in Ostabat neue Schuhe zu kaufen. An Kleidung zu kommen war in dem Ort nicht möglich gewesen. Deshalb trug Moira in der feuchten Dämmerung noch immer seinen Templermantel.
    »Ich hab schon Schlimmeres überstanden als ein paar Blasen.« Moira glitt herab. »Danke, dass du mich so lange hast mitreiten lassen«, sagte sie zu Pilar. »Das werde ich dir nicht vergessen.« Ihr entging nicht, dass das Mädchen ablehnend die Lippen verzog.
    Mit zunehmender Höhe war immer mehr Nebel aufgezogen. In dem grauen, feuchten Dunst, der alles schwer machte, verschwanden die Konturen. Nach und nach wurde er immer dichter.
    »Man weiß kaum noch, ob man bergauf oder bergab geht«, murrte Tariq. »Wir hätten früher aufbrechen sollen. Dieser Idiot in dem letzten Dorf hat uns angelogen, als er sagte, wir würden es vor dem Abend schaffen!«
    »Bergauf, mein Freund!«, sagte Camino keuchend. »Bergauf! Das spüre ich genau. Und ich glaube nicht, dass der Bauer gelogen hat. Ihm ist der Weg vertraut. Wir dagegen müssen ...«
    Ein Stein löste sich unter seiner Sohle. Er kam ins Rutschen und fiel.
    »Hast du dich verletzt?« Moira versuchte vergeblich, ihn hochzuziehen.
    »Es geht schon wieder.« Camino spürte Blut an seinen Knien. Moiras Hilfe ablehnend, kam er mühsam wieder auf die Füße.
    Langsam tasteten sie sich voran, Schritt für Schritt.
    »Ich sehe kaum noch die Hand vorm Gesicht!« Noch nie hatte Tariq so mutlos

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