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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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geklungen. »Und diese Schwaden, die sich auf die Haut legen! Wie ein kaltes Gewand!«
    »Wir müssen weiter«, sagte Camino. »Zum Umkehren ist es längst zu spät.«
    Knurren, dann lautes Kläffen. Eine Meute Hunde umringte sie. Erschrocken begann Walli zu tänzeln. Mit aller Kraf t hielt Camino das Halfter fest und verhinderte im letzten Moment, dass sie scheuend stieg.
    Pilar klammerte sich angstvoll am Sattel fest. »Woher kommen diese Hunde?«
    Ein scharfer Pfiff. Die Tiere ließen von ihnen ab und verschwanden im Dunst wie Spukgestalten.
    »Die Lichter!«, rief Moira. »Sieht aus wie ...«
    »... Fackeln«, vollendete Camino, der in diesem Augenblick vor einem der beiden Fackelträger zur Seite trat.
    »Wer seid ihr?«, bellte ihm der Ältere von beiden auf Französisch entgegen. »Was wollt ihr hier?«
    »Ich will zu Blanca«, erwiderte Camino ruhig in seiner Muttersprache. »Blanca Alvar. Ich weiß, dass sie hier ist. Bringt uns zu ihr!«
    »Hier gibt es keine Blanca«, sagte der Jüngere gereizt. »Und jetzt verschwindet! Oder sollen wir die Hunde auf euch hetzen? Euer Pferd könnten wir auch gebrauchen.«
    »Das wird meiner Mutter sicher nicht gefallen«, rief Pilar vom Pferd aus. »Übersetz ihm das, Camino!«
    Er tat, was sie verlangte.
    »Und wer soll diese Mutter sein?«, fragte der erste Mann höhnisch.
    »Rena«, sagte sie. »Rena Weltenpurger. Und wenn ihr nicht schnell macht, werdet ihr es bereuen!« Die Stille bedeutete ihr, dass man sie verstanden hatte.
    Kein Wort fiel, bis sie die kleine Ansiedlung erreichten, die nur aus einigen Steinhütten bestand, die sich an den Berg schmiegten. Auf den ersten Blick wirkte alles verlassen, aber als sie näher kamen, waren ein paar vermummte Gestalten zu erkennen, die ihnen entgegenstarrten.
    Tariq half Pilar vom Pferd. Schutz suchend blieb sie dicht bei ihm. Aus einer Gruppe löste sich ein Mann und kam ihnen langsam entgegen.
    »Ihr nach Rena gefragt«, sagte er in holprigem Deutsch. »Pourquoi?«
    »Ich bin Tariq«, sagte der Maure und schien plötzlich größer. »Rena ist meine Herrin. Mir hat sie anvertraut, wo ich sie finden kann.«
    »Warum du kommst?« Der silberne Bart reichte dem Fragenden bis zur Brust. Sein Rücken war gebeugt, sein Blick aber klar.
    »Um ihr ihre Tochter zu bringen - Pilar.« Tariq zögerte, dann sprach er weiter und deutete auf Camino. »Und diesen Mann, einen alten Freund.«
    Der Alte nickte. Dann wandte er sich um und ging davon.
    »Was geschieht jetzt?«, sagte Pilar.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Tariq. »Wir müssen abwarten.« Der knappe Blick, den er Moira zuwarf, verriet, wie wenig er von ihrer Anwesenheit hielt.
    Zitternd standen sie im kalten Wind. Nach einer Weile kehrte der Alte zurück, und er kam nicht allein. Eine Frau, die Mühe beim Gehen zu haben schien, wurde von zwei jüngeren Männern gestützt. Sie trug einen dicken grauen Umhang. Ihr Kopf war verhüllt von einer weiten Kapuze, bis ein scharfer Windstoß sie herunterfegte. Langes weißes Haar wirbelte auf wie ein Sternenschweif.
    »Blanca!« Er war nicht zu halten. Stürzte auf sie zu, breitete die Arme aus. Ihr bleiches, verschlossenes Gesicht brachte ihn dazu, sie wieder sinken zu lassen. »Ich bin es, Oswald!« Seine Stimme brach. »Erkennst du mich nicht?«
    Sie schien noch tiefer zwischen den Männern zusammenzusacken. Jetzt erst fiel ihm auf, wie knochig sie geworden war.
    »Du?«, flüsterte sie. »Mir wurde gesagt ... meine Tochter ...«
    »Mama!«, rief Pilar. »Mutter! Hier bin ich. Neben Tariq. Siehst du mich nicht?«
    Dunkle Wolken ballten sich über der Bergspitze. In der Ferne grollte Donner. Erste schwere Tropfen fielen.
    »Pilar«, sagte Rena leise. »Meine Kleine.« Mit einer hilflosen Geste wandte sie sich ihr zu. »Was hast du? Wieso kommst du nicht zu mir? Bin ich dir so fremd?«
    »Sie kann es nicht ohne Hilfe in diesem unwegsamen
    Gelände«, erwiderte Camino sanft. »Deine Tochter, Blanca, ist blind.«
     
    *
     
    Auf dem Weg nach Puente la Reina, Juni 1246
     
    Anfangs wagte Armando nur bei Dunkelheit zu gehen. Es machte ihm nichts aus, dass er nur langsam vorankam. Den Tag verschlief er meist, in Höhleneingängen oder unter alten Bäumen, und je tiefer er in den Wald eindrang, desto sicherer fühlte er sich.
    Tage vergingen, bis er überzeugt war, dass niemand ihm folgte. Ein Umstand, der ihn verblüffte. Dass Silos das Fehlen der heiligen Schale nicht bemerkt hatte, war mehr als unwahrscheinlich. Bestimmt hatte er Späher

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