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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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konnte.
    Am nächsten Morgen holte mein Bruder die Fahne ein.
    »Dann sollen sie uns doch abführen«, sagte er trotzig und riss das Siegel vom Schloss, das erst in den letzten Tagen angebracht worden war. »Sollen sie uns gewaltsam vor den Altar zerren oder in die Fragstatt verschleppen. Alles noch besser, als im eigenen Haus den Verstand zu verlieren.«
    Mir stieg die Angst bis zum Hals. Noch war mein Kind nicht geboren. Noch konnte alles passieren.
    Diego ging in sein Kontor, um endlich wieder nach dem Rechten zu schauen, und nahm Roger mit.
    Kurz darauf stand Consuelo in meinem Zimmer. Sancha hatte sie ins Haus gelassen und ihr meine Türe aufgeschlossen, ungeachtet dessen, was Diego dazu sagen würde. Sie war in blauem Samt und einem Fuchspelz prächtig herausstaffiert, rosig und rund wie ein Pfirsich.
    »Das also ist der Grund für dein rätselhaftes Verschwinden.« Ungeniert musterte sie meinen Bauch. »Rund wie eine Kugel! Kann ja nicht mehr lange bis zur Geburt dauern. So eine freche kleine Geheimniskrämerin! Und ich dachte, wir wären Freundinnen! Ist es von...«
    »Natürlich.« Ich ertrug es nicht, dass sie seinen Namen in den Mund nahm. Nicht in diesem Haus.
    »Weiß er davon?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist Monate her, dass ich ihn gesehen habe. Er scheint wie vom Erdboden verschwunden.«
    Prüfend ruhten ihre Augen auf meinen eingefallenen Wangen. »Und Diego?«, sagte sie. »Wie siehst du nur aus? Was hat man mit dir gemacht?«
    Ich kämpfte mit den Tränen.
    »Mein Bruder ist wie von Sinnen«, erwiderte ich. »Er hat mich eingesperrt. Seitdem er weiß, dass ich schwanger bin, lässt er mich fast verhungern und droht, mich ...« Ich konnte nicht weitersprechen.
    »Ist Diego verrückt geworden? Ich kann es nicht glauben«, sagte sie. »Auf jeden Fall musst du hier raus. Und zwar so schnell wie möglich. Ich weiß, was es bedeutet, ein Kind zu haben. Du brauchst deine Kraft für die Zeit nach der Geburt.«
    »Aber das würde Diego niemals gestatten. Du weißt ja nicht ...«
    »O doch«, sagte Consuelo scharf, »halt mich bitte nicht für blöd! Ich weiß genau, was hier los ist. Schon lange. Deshalb habt ihr euch doch diese hübsche neue Lüge mit der Seuchenfahne ausgedacht, oder? Gar nicht übel. Aber sei vorsichtig, Blanca, mir scheint, du unterschätzt die Schwarzkutten!«
    Ich wollte etwas einwenden, aber sie ließ mich nicht zu Wort kommen.
    »Ich habe versucht, dich rechtzeitig zu warnen. Warum hätte ich dir sonst von dem Verdacht gegen Sancha erzählen sollen?« Ihre Fingernägel bohrten sich in meine Handgelenke. »Ich verstehe nicht, warum du dir das antust. Was willst du bei diesen Verblendeten, die Gott lästern und jede Lebensfreude ablehnen? Aber mir liegt an dir. Und ich möchte, dass es dir gut geht. Deshalb brauchst du unbedingt einen Mann. Ich habe alles genau durchdacht. Nur eine Heirat kann dich noch retten.«
    Ich schaute an mir hinunter, sah meinen Bauch, der das unförmige Gewand wölbte, und lachte schrill auf.
    »Wer würde mich so schon nehmen?«
    »Ein deutscher Kaufmann«, unterbrach sie mich. »Er ist seit Herbst in León und wird bald wieder in seine Heimat reisen. Manuel schätzt ihn sehr. Und ich ebenso. Ein Mann mit Verstand und Herz. Zudem vermögend. Dir könnte nichts Besseres passieren.«
    »Aber ich liebe Oswald ...« Jetzt hatte ich seinen Namen ausgesprochen!
    »Vergiss den Mönch!«, sagte sie schneidend.
    »Du hast ihn immer >Ritter< genannt.« Ein schrecklicher
    Verdacht war in mir erwacht. »Was ist geschehen, Consuelo? Was verheimlichst du mir?«
    »Was muss denn noch alles geschehen, damit du endlich aufwachst?«, schrie sie mich an. »Du empfängst mich wie eine Bettlerin, dein Bruder hat den Verstand verloren, und dein Kind ...«
    »Weich mir nicht aus! Was weißt du von Oswald?«
    Sie wandte den Kopf ab.
    »Der Erdboden hat ihn jedenfalls nicht verschluckt«, sagte sie. »Er ist hier. Hier in der Stadt.«
    »In León? Du lügst!«
    »Ich wünschte, ich täte es«, sagte sie düster. »In seinem weißen Mantel war er der Schönste und Frömmste von allen Kriegermönchen.«
    »Wo?«, flüsterte ich und klammerte mich an einen Stuhl. »Wann?«
    »Im Hochamt von San Isidoro.« Die Antwort kam ihr glatt über die Lippen. »Am letzten Sonntag.«
    »Dann weiß er nicht, was mit mir ist.« Ich dachte fieberhaft nach. »Dass Diego mich eingesperrt hat. Du musst sofort zu ihm und ihm sagen ...«
    »Doch«, sagte sie, und jedes Wort traf wie mich ein

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