Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
beerdigt. Wird wohl kaum Trauergäste geben. Außer man bezahlt welche fürs Kommen.«
    »Das kann er sich bestimmt leisten«, sagte Doc und machte sich daran, Nolan zu untersuchen. Eine Hand war zerquetscht, und die Wunde im Nacken mochte von einem Biss herrühren. Doc runzelte die Stirn.
    »Genau wie bei Nate, nicht wahr?«
    »Mehr oder weniger«, sagte Doc.
    Doc entkleidete die Leiche nach und nach und untersuchte sie gründlich. Anschließend ging er zur Waschschüssel, wusch sich die Hände und trocknete sie ab.
    »Nun«, sagte Mertz. »Was ist die Todesursache?«
    »Er hat zu viel Blut verloren.«
    »Aus dieser Wunde? Sie ist zwar schlimm, aber so schlimm auch wieder nicht.«
    »Trotzdem«, sagte Doc, setzte seinen Hut auf und verließ den Raum. Mertz blickte auf Nolan hinab und tätschelte ihn liebevoll.
    »Doc wird langsam alt«, sagte er.
    Mertz hob Nolans Kleider vom Boden auf und durchstöberte sie nach Wertsachen. Bei Nate hatte er immerhin einen Ring und einen Silberdollar gefunden. Und eine Brieftasche. Die leer gewesen war. Aber immerhin, eine schöne Brieftasche. Wahrscheinlich hatte Caleb schon den Inhalt eingesackt, bevor er den Leichenfund überhaupt gemeldet hatte.
    Manchmal geht man eben leer aus, manchmal aber auch nicht.
    Er ging an die Arbeit.
    Elf
    Als Doc wieder nach vorne kam, sagte er: »Ist vielleicht ein bisschen ungewöhnlich, wenn man gerade eine Leiche untersucht hat, aber ich muss trotzdem sagen, ich hab Hunger. Gehen wir rüber ins Haus, was essen. Kommst du mit, David?«
    »Nein, Sir, ich muss los. Papa will bestimmt, dass ich den restlichen Tag im Stall bin. Die Zeltstangen bring ich in die Schmiede, Reverend.«
    »Ist das deinem Vater recht?«
    »Ja, solange Sie was dafür bezahlen, dass sie über Nacht bei uns rumliegen.«
    »Hab ich mir gedacht«, sagte der Reverend. »Also schön.«
    David spurtete zur Tür, hielt inne, drehte sich noch einmal um. »Reverend. Kann ich Sie mal sprechen?«
    David und der Reverend gingen zusammen nach draußen.
    »Wollte nur sagen«, murmelte David, »dass es ’n wirklich schöner Tag heute war für mich.«
    »Für mich auch.«
    »Mit Miss Abby machen Sie einen guten Fang. Lassen Sie nicht locker.«
    »Sie ist kein Fisch, David.«
    »Aber Sie wissen, was ich meine.«
    »Ich nehme es mir zu Herzen. Die Entscheidung liegt bei ihr.«
    »Danke für den Schießunterricht.«
    »Gern geschehen. Und – bist du auch froh, dass wir Abby nicht als Zielscheibe benutzt haben?«
    David lächelte. »Ja. Aber für mich wär sie gerade groß genug gewesen. Bei den Stöckchen war ich nicht so gut.«
    »Übung macht den Meister.«
    Sie schüttelten sich die Hände.
    David kletterte auf den Wagen, schnalzte mit der Zunge, und das Zweiergespann hielt auf die Schmiede zu.
    Zwölf
    Doc und Abby wohnten in einem Haus, das mit der Rückseite der Arztpraxis verbunden war. Schlicht, aber nett.
    Abby machte Bohnen, Tortillas und Kaffee, und nach dem Essen gingen sie gemütlich in Docs Arbeitszimmer. Es war vollgestopft mit Büchern und roch nach Zigarrenrauch. Direkt nebenan, hinter einer Verbindungstür, befand sich Docs Praxis.
    Sie setzten sich an Docs Arbeitstisch, und er begann zu sprechen. »Vielleicht sollte ich euch das nicht erzählen, aber ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht, habe in Büchern nachgelesen und werde noch in weiteren nachschlagen. Und als Mann Gottes, Reverend, der sich mit der Unsterblichkeit der Seelen auskennt, müssen Sie mich jetzt anhören. Calhoun hätte ich vielleicht auch noch dazuholen sollen, aber der ist ein Dummkopf. Also bleibt es unter uns dreien. Meine Tochter hält mich sowieso schon für verrückt, aber damit muss sie leben. Und was Sie betrifft, Reverend – Sie haben da etwas an sich ... Sie sind zwar ein Mann Gottes, aber auch ein Realist.« Doc wies mit einem Kopfnicken auf den Revolver. »Was ich hier und jetzt brauche, ist jemand, der nicht nur über die Seele des Menschen Bescheid weiß, sondern auch über die tatsächlichen Gegebenheiten. Reverend, glauben Sie, dass Tote wieder lebendig werden können?«
    »Was?«, sagte Abby.
    Doc schenkte ihr keine Beachtung, sondern sah nur den Reverend an. Der Reverend war völlig überrascht, aber sagte schließlich: »Normalerweise nicht, nein.«
    »Ich meine es ernst«, sagte Doc.
    »Ich dachte, Sie wollen ... aber gut. Vermutlich schon. Unter gewissen Umständen. Lazarus konnte es, obwohl er eine Weile tot gewesen war. Tot und begraben.«
    »Ich spreche von lebenden Toten,

Weitere Kostenlose Bücher