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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Frau des Indianers befand, und hielt seinen Kopf mit einer Hand hoch.
    »Fühl mich schwach«, sagte David.
    »Das – das tut mir leid.«
    Blut floss dem Jungen über die Wange, hinunter in seinen Hemdkragen.
    Nur einen Augenblick noch, und die Wunde hätte ihn dahingerafft. Und dann würde er ins Leben zurückgerissen. Besser gesagt, sein Leib – das, was einmal David gewesen war – würde sich wieder in Bewegung setzen. Hungrig. Bereit zuzubeißen und das Unheil des Indianers weiterzugeben.
    »Um Gottes willen, Reverend – Jeb. Tun Sie mir das nicht an«, stöhnte David.
    Gottes Wille, dachte der Reverend wie versteinert, unfähig sich zu bewegen. GOTTES WILLE! Der alte Schweinehund hatte diesmal wahrlich sein Pfund Fleisch bekommen. Pfund über Pfund. Alles, was ich anfasse, lässt er mir sauer werden und verderben. Den Indianer zu besiegen und das Böse in ihm – nur ein bitterer, wertloser Triumph.
    »Bitte«, sagte David.
    »In Ordnung, mein Sohn«, sagte der Reverend, schob sein Bein unter den Kopf des Jungen und suchte nach etwas anderem als seinem Revolver, um die Tat zu vollbringen, etwas Hartem oder Scharfem.
    Dann lag es nicht mehr in seiner Macht.
    David schloss die Augen und atmete nicht mehr.
    Der Reverend trat einen Schritt von ihm zurück, starrte auf die Leiche hinab und fragte sich, ob das Unheil des Indianers sich nach dessen Tod überhaupt noch fortpflanzte.
    David schlug die Augen wieder auf.
    Der Reverend zog den leeren Revolver aus seinem Gürteltuch. Er würde wohl doch reichen müssen.
    David zog die Füße an und rappelte sich hoch. Als er aufrecht stand, trafen ihn die Strahlen der Sonne, und augenblicklich begann er sich aufzulösen. Er stieß ein lautes Kreischen aus, fing Feuer und fiel wieder in sich zusammen.
    Zwei
    Was von David übrig war, begrub der Reverend hinter der Kirche, und aus zwei geschwärzten Holzstücken richtete er ihm ein einfaches Kreuz. Dann verschloss er die Kiste mit der Frauenleiche wieder, häufte darum herum Kleinholz auf und setzte alles in Brand. Zum Schluss wartete er, bis nichts mehr davon übrig war außer grauer Asche, die der Wind mit sich davontrug.
    Er befreite alle Tiere, die er in der Stadt ausfindig machen konnte, brachte dann schwelende Holzstücke von der Kirche herbei, entfachte ihr Feuer wieder und zündete die Stadt an – nur für den Fall, dass eines der Ungeheuer irgendwo in einem Schlupfwinkel hockte und den Sonnenuntergang abwartete.
    Zuletzt versorgte er sich in der Gemischtwarenhandlung mit Vorräten, sattelte sein Pferd und ritt aus der Stadt hinaus.
    Oben auf dem Hügel, von wo aus er schon bei seiner Ankunft auf Mud Creek hinuntergeschaut hatte, ließ er wieder seinen Blick schweifen, und als er die rauchenden Ruinen und die kleinen Flammenherde hier und da sah, dachte er an Abby, an Doc, an David. Er dachte an all diese Menschen, die – im wahrsten Sinne des Wortes – in Rauch aufgegangen waren, und alles nur wegen eines Ausbruchs von Wahnsinn in einer dunklen Nacht.
    Er dachte kurz über Gott und dessen Gnadenlosigkeit nach, suchte nach Gründen dafür, fand aber keine.
    Schließlich lenkte er sein Pferd in die andere Richtung, gab ihm die Stiefelabsätze zu spüren und verschwand mit ihm zwischen den hohen Kiefern der osttexanischen Wälder.
    Drei
    Der Reverend sah nicht mehr, wie in Mud Creek eine riesige spinnenähnliche Kreatur – in Form und Größe das genaue Ebenbild jenes Geburtsmals auf der Brust des Indianers – aus ihrem schattigen Plätzchen unter einem herabgestürzten Kirchendachbalken hervorkroch und unbeholfen, fortwährend winzige Rauchwölkchen und Flämmchen ausstoßend, zu einem großen Loch hinüberkrabbelte, wo früher einmal direkt unter der Kirche ein fettes Murmeltier gehaust hatte.
    Das Geschöpf ließ sich in das Loch fallen und war verschwunden, und nur ein dünnes schwarzes Rauchfähnchen kündete noch kurz von seiner Existenz.
    Dann verzog sich der Rauch. Der Himmel war blau und klar. Es würde ein heißer Tag werden.

STRASSE DER TOTEN

Die Abendsonne war gleich einem blutigen Wattebausch den Horizont hinuntergerollt und erloschen. Reverend Jebidiah Mercer sah den weißen Vollmond über den hohen Kiefern leuchten wie ein eng gewickeltes Fadenknäuel. Weißglühende Sterne waren über den mitternachtschwarzen Himmel verteilt.
    Er ritt einen schmalen Pfad entlang, und die Bäume zu beiden Seiten neigten sich ihm entgegen, als wollten sie ihm den Weg versperren und hinter ihm wieder

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