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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Stellen hervor. Wenn er seinen Hut im Nacken trug, wirkte er einigermaßen ungezwungen – glaubte er jedenfalls. Das stimmte jedoch nicht. Die funkelnden Augen verliehen ihm stets einen zornigen Gesichtsausdruck.
    In der Hütte brannte eine stark riechende Petroleumlampe, und schwarze Rauchkringel vermischten sich mit den grauen Schwaden aus Old Timers Pfeife und der Zigarette eines jungen Mannes, der einen Blechstern am Hemd trug. Auf einem Hackklotz in der Nähe des Feuers, das für diese Jahreszeit zu stark brannte, über dem jedoch ein Topf mit Bohnen kochte, saß ein Mann mittleren Alters mit leichtem Bauchansatz. Den Hut hatte er ein Stück nach hinten geschoben, und ein Büschel weizenfarbener, schweißnasser Haare hing ihm in die Stirn. Sein Gesicht sah aus, als würde es Wurfgeschosse förmlich anziehen. In seinem Mundwinkel hing eine Zigarette, die zur Hälfte aus Asche bestand. Er drehte sich auf dem Hackklotz herum, und Jebidiah sah, dass er mit Handschellen gefesselt war.
    »Ich hab gehört, wie Sie gesagt haben, dass Sie Prediger sind«, sagte der gefesselte Mann und warf den Rest seiner Zigarette ins Feuer. »Hier sind wir aber nicht gerade im Land Gottes.«
    »Das ist ja gerade das Schlimme«, entgegnete Jebidiah, »wir sind hier sogar mitten in Gottes Land.«
    Der Gefangene schnaubte vernehmlich und grinste.
    »Prediger«, sagte der jüngere Mann, »mein Name ist Jim Taylor. Ich bin ein Deputy von Sheriff Spradley in Nacogdoches. Diesen Kerl hier bringe ich vor Gericht und vermutlich auch an den Galgen. Er hat einen Mann getötet, wegen einem Gewehr und einem Pferd. Wie ich sehe, tragen Sie Waffen, alte zwar, aber gute. Und so, wie Sie sie tragen, vermute ich, dass Sie damit umgehen können.«
    »Wer mich kennt, weiß, dass ich treffe, was ich treffen will.« Jebidiah setzte sich auf einen wackeligen Stuhl an einen genauso wackeligen Tisch. Old Timer stellte einige Blechteller auf den Tisch, kratzte sich mit einem langen Holzlöffel am Hintern, nahm einen Lumpen als Topflappen und stellte den Topf mit den heißen Bohnen auf den Tisch. Er hob den Deckel vom Topf und schaufelte mit dem Löffel, der gerade erst mit seinem Hintern Bekanntschaft geschlossen hatte, einen Berg Bohnen auf jeden Teller. Dann holte er ein paar Holzbecher und füllte sie mit Wasser aus einem Krug.
    »Die Sache ist die«, fuhr der Deputy fort, »ich könnte Hilfe gebrauchen. Ich hab schon seit ein oder zwei Tagen nicht mehr richtig geschlafen und weiß nicht, ob ich den Kerl sicher abliefern kann. Hab mich gefragt, ob Sie und Old Timer mir bis zum Morgen den Rücken freihalten könnten? Hätte auch nichts dagegen, wenn Sie morgen mit mir zusammen weiterreiten, als Verstärkung sozusagen. Ein zusätzliches Paar Hände könnte ich ganz gut gebrauchen. Vielleicht gibt’s vom Sheriff dafür sogar noch einen Dollar Belohnung.«
    Als hätte Old Timer das Gespräch gar nicht mit angehört, trug er eine Schale mit verschimmelten Brötchen herbei, stellte sie auf den Tisch und sagte: »Die sind zwar von letzter Woche, aber den Schimmel kann man abkratzen. Allerdings muss ich euch warnen – so hart, wie die sind, kann man sie ’nem rennenden Huhn hinterherwerfen, und es fällt tot um. Also passt auf eure Zähne auf.«
    »Sind deine so abhanden gekommen?«, fragte der Gefangene.
    »Ein paar davon bestimmt«, sagte Old Timer.
    »Also, was meinen Sie, Prediger?«, nahm der Deputy das Gespräch wieder auf. »Verhelfen Sie mir zu etwas Schlaf?«
    »Das Problem ist, dass ich selbst dringend Schlaf benötige«, sagte Jebidiah. »Ich hatte viel zu erledigen, und jetzt bin ich sozusagen fix und fertig.«
    »Dann bin ich wohl der Einzige, der noch Leben in sich hat«, warf der Gefangene ein.
    »Nein«, sagte Old Timer. »Ich fühl mich auch noch ganz frisch.«
    »Dann werden wir beide wohl miteinander klarkommen müssen, alter Mann.« Der Gefangene grinste herausfordernd.
    »Gib mir einen Grund, Bürschchen, und ich durchlöchere dich und erzähl dem lieben Gott, du bist in einen Termitenbau gefallen.«
    Wieder schnaubte der Gefangene grinsend. Er schien sich bestens zu amüsieren.
    »Old Timer und ich können uns abwechseln«, sagte Jebidiah. »Einverstanden, Old Timer?«
    »Wunderbar«, erwiderte der, nahm einen weiteren Teller vom Tisch, schaufelte Bohnen darauf und reichte ihn dem Gefangenen, der seine zusammengebundenen Hände hob, den Teller nahm und sagte: »Womit soll ich essen?«
    »Mit dem Mund. Ich hab keinen Löffel mehr, und ein

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