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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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sein Fell und fraßen sein verkohltes Fleisch, das ihm in Stücken vom Körper fiel. Zurück blieben schwarze, rauchende Knochen. Aus den Augenhöhlen des dicken Wolfsschädels stieg dunkler Rauch himmelwärts und nahm dabei die Form von kleinen, sich auflösenden Pilzen an. Schließlich krachte der Schädel auf das Pflaster und brach auseinander. Jebidiah blinzelte. Plötzlich lag da das Skelett eines Mannes. Die Wolfsknochen hatten sich verbogen und verändert.
    Jebidiah, der ein wenig zitterte, zog den Kopf wieder hinein und sagte: »Feuer mögen sie nicht. Und Eichenholzsplitter. Merken Sie sich das.«
    Mary war ebenfalls ans Fenster getreten und stand nun neben ihm. Sie warf einen Blick auf die Knochen. »Mach ich«, sagte sie, doch die Worte klangen, als würde sie sich räuspern.
    Jebidiah lud seinen Revolver nach. »Wenn ich einen erschossen hab, und Sie haben einen erledigt, plus der Tote auf der Straße, dann haben wir uns bis jetzt gut geschlagen.«
    »Wenn? Also sind entweder noch vier übrig oder noch sechs«, sagte Mary.
    »Das stimmt so ungefähr«, sagte Jebidiah. »Und den ganz Großen, den Anführer haben wir noch gar nicht gesehen. Zumindest nicht richtig. Der ist wahrscheinlich noch mal ein ganz anderes Kaliber. Aber eins ist sicher, er lässt seine Jungs die Drecksarbeit machen.«
    »Wie spät ist es?«
    Jebidiah schaute auf die Uhr. »Verdammt.«
    »Was ist?«
    »Die Uhr. Sie bewegt sich rückwärts. Es ist wieder Mitternacht.«
    Jebidiah dachte: Wenn wir bis zum Morgen ausharren können, ist es egal, ob wir alle Wölfe erwischen. Vielleicht kann ich sie dann im Schlaf überraschen, an einem dunklen Ort, wahrscheinlich gut versteckt. Aber wenn ich sie jetzt kriege, kann ich sicher sein und muss nicht mehr nach ihnen suchen. Natürlich ist es ein Problem, dass die Zeit vor und zurück springt. Das kann so weitergehen, bis sie uns aufgefressen und auf irgendeinem abgelegenen Hügel braun und matschig wieder ausgeschissen hat.
    Er lief auf und ab und beruhigte hin und wieder das Pferd. Inzwischen bereute er, dass er es mitgenommen hatte. Doch der Gedanke, ein so gutes Pferd diesen Ungeheuern zu überlassen, gefiel ihm nicht. So etwas tat er nicht. Sogar Gott, dieser alte Hurensohn, wusste ein gutes Pferd bestimmt zu schätzen.
    Er schritt durchs Zimmer, dachte nach und spürte, wie sich seine Nerven im Inneren verknoteten. Gefühle und Eindrücke schossen ihm so schnell wie eine Kugel durch den Kopf, und er sprang von einem Gedanken zum nächsten. Mary saß in der Mitte des Bettes, hatte sich das Gewehr über die Knie gelegt und starrte auf das Loch in der Tür. Von Zeit zu Zeit drehte sie den Kopf und schaute hinter sich in Richtung des offenen Fensters, hinaus in die Nacht, die anscheinend noch dunkler und trüber geworden war als zuvor – außer schwachem, silbrigen Mondlicht war nichts mehr zu erkennen.
    Jebidiah ging zum Fenster und sah hinaus. Die Knochen lagen noch immer auf der Straße. Er lief quer durch den Raum, um sich hinzusetzen und auszuruhen, aber er war dazu einfach nicht in der Lage. Er fühlte sich, als hätte er zwei oder drei Kannen Kaffee getrunken. Scheiße. Kaffee. Der wäre jetzt gut. Eier und Speck. Verdammt, er hatte solchen Hunger, dass er einem menstruierenden Maultier den Arsch abbeißen würde.
    Was war das? Ein Flattern?
    Eine Motte schlug gegen das Fenster.
    Okay. Eine Motte. Keine Gefahr. Sie flog durch den Spalt, den Jebidiah geöffnete hatte, um die Laterne rauszuwerfen. Die andere Laterne hing an einem Haken an der Decke und verbreitete blütenpollengelbes Licht.
    Jebidiah beobachtete die Motte – sie war groß, hatte dunkle Flügel und war dicht behaart. Sie flog ins Zimmer, über das Bett und flatterte dann an der Decke herum. Der Laternenschein warf einen großen, unruhigen Schatten an die Wand. Jebidiah behielt den Schatten im Auge. Er schien größer zu werden. Er verspürte ein Prickeln im Nacken wie von Nadelstichen. Seine Haare hatten sich aufgerichtet. Er drehte sich um und suchte nach der Motte an der Decke, aber sie hatte sich in einen Wolf verwandelt. Der Wolf hing kopfüber an der Decke, direkt über dem Bett und Mary. Jebidiah fuhr herum, zog seine Revolver und schoss. Einmal. Zweimal. Dreimal.
    Gleichzeitig sprang Mary vom Bett und rannte quer durchs Zimmer.
    Der Wolf fiel aufs Bett. Holz und Rahmen flogen in alle Richtungen davon, ebenso Fell und Fleisch und Knochen. In dem Moment schlug etwas gegen die Tür; Jebidiah sah ein großes gelbes

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