Straße des Todes: Thriller (German Edition)
totalen Einsatz. Er hoffte nur, dass sie den Augenblick jetzt nicht versaute, indem sie ihm einen Vortrag über das Rechtsstaatsprinzip hielt. Falls sie mit dieser Scheiße anfing, würde er Dostojewskis Schuld und Sühne zitieren, und zwar im russischen Original. Nur um sie wahnsinnig zu machen.
Sie tat es nicht. Sie sah fix und fertig aus, angespannt, mit den Nerven ziemlich am Ende. Er hätte sie gern auf einen Kaffee eingeladen, aber er hatte Dinge zu erledigen.
»Wissen Sie, wo mein Junge ist?«
»Nö. Aber ich weiß, wer ihn hat. Haddad übrigens auch.«
Sie zog die Augenbrauen hoch.
»Wer ist es?«
»Ein Typ namens Ghazi al-Diri. Haddads Boss. Haben Sie einen Block, irgendwas zum Schreiben?«
Er verstaute das M4 auf dem Rücksitz, während sie nach einem Zettel suchte, und legte Pistolen, Munition, das GPS-Gerät und die Telefone auf den Fahrersitz. Als er sich wieder umdrehte, hatte sie Kuli und Serviette parat. Er rasselte Längen- und Breitengrad herunter, dann vergewisserte er sich mit einem Blick auf die Serviette, dass sie die Koordinaten richtig notiert hatte.
»Diese Koordinaten führen Sie zu einem Massengrab. Sie werden dort elf oder zwölf in Plastikplanen gewickelte Leichen finden. Die Hälfte von ihnen hat höchstwahrscheinlich Haddad umgebracht. Außerdem werden Sie zwei Leichen finden, die nicht in Plastik verpackt sind. Die haben den Rest umgebracht.«
»Und wer hat diese zwei getötet?«
Jon ignorierte die Frage.
»Lassen Sie sich von Haddads freundlichem Auftreten nicht täuschen. Das sind ausgesprochen böse Menschen. Können wir ein Stück gehen, während wir uns unterhalten? Ich möchte kurz den Jeep inspizieren.«
»Warum erzählen Sie mir das alles?«
»Sie wollen diese Typen doch schon an der Grenze ausschalten. Je mehr Sie von Haddad über den Syrer erfahren, desto mehr Informationen werden Sie über die Arbeitsweise der Kartelle erhalten. Gute Informationen sind alles. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.«
Stone sah sich den Jeep schnell von allen Seiten an, während Stendahl ihn begleitete. Der Wagen hatte ein paar Dellen und Kratzer abbekommen. Pike würde nicht glücklich sein.
»Ghazi al-Diri ist der Syrer?«
»So nennen ihn die Mexikaner. Soweit ich weiß, stammt er aus Bakersfield. Wissen Sie, was ein bajadore ist?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Sein Arbeitsplatz ist die Grenze, er stiehlt alles, was die Kartelle raufschicken. Hauptsächlich also Menschen, die versuchen, ohne Papiere ins Land zu kommen.«
»Auf der US-Seite?«
»Die meisten dieser Typen operieren im Süden, aber ein paar haben angefangen, diesseits der Grenze zu arbeiten. Man kann hier oben der Polizei leichter aus dem Weg gehen als dort unten den Kartellen.«
»Wohnt er hier? Hat er Familie?«
»Das kann Ihnen vielleicht Haddad erzählen.«
Stone sah auf die Uhr. Er wollte Pike anrufen.
»Viel Glück, Stendahl. Ich muss jetzt los.«
»Ghazi al-Diri hat Elvis Cole. Er hat meinen Neffen. Wir wollen also beide jemanden, den er hat, also sollten wir bei dieser Sache zusammenarbeiten.«
»Hm. Das hier wird auf Ihre Art nicht laufen.«
»Jack ist für mich wie mein eigener Sohn. Er ist mein einziger lebender Verwandter. Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich mich jetzt einfach zurücklehne und hoffe, jemand anders findet ihn?«
»Bleiben Sie dran. Vielleicht finden Sie ihn ja vor uns.«
Sie baute sich direkt vor ihm auf und stieß ihn mit dem Finger vor die Brust.
»Er ist mein Fleisch und Blut. Ich habe meiner Schwester versprochen, ihn zu finden. Ich habe an ihrem Grab geschworen, dass ich immer auf ihn aufpassen werde.«
»Sie haben einen Amtseid abgelegt, und es wird nicht auf Ihre Weise laufen.«
»Helfen Sie mir, ihn zu finden, Gott verdammt.«
Sie stieß fester zu, und Stone trat einen Schritt zurück.
»Hören Sie …«
Er schaute hinauf zu dem silber-blauen Mond, dann schüttelte er den Kopf.
»Wenn wir diese Leute finden und Cole tot ist, dann werden Sie nicht ungeschoren davonkommen. Es wird kein Gericht geben. Keinen Richter und keine Geschworenen. Sie sind Assistant Deputy Director des ATF. Es wird auf gar keinen Fall so laufen, dass Sie damit leben könnten.«
»So muss es nicht sein.«
Stone warf wieder einen Blick auf seine Uhr. Tempus fugit . Die Zeit lief ihm davon.
»Muss jetzt los. Wo immer Jack gerade ist, Sie würden wollen, dass er an einem anderen Ort wäre. Ich muss jetzt wirklich los.«
Sie sah aus, als wollte sie noch etwas sagen – was sie
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