Straße des Todes: Thriller (German Edition)
er bei zweihundert pollos pro Kopf ein- oder zweitausend kassierte, dann würde er für die Leute hier um mich herum hundert- bis zweihunderttausend Dollar bekommen. Wenn er zehnmal pro Jahr zweihundert Leute entführte, machte das für ihn zwei bis vier Millionen.
Ich fragte mich, warum al-Diri alle drei Gruppen an einem Ort zusammengeführt hatte.
»Hat der Bewacher gesagt, warum sie euch hierhergebracht haben?«
»Ein paar der Bewacher sind verschwunden. Sie haben sich einfach in Luft aufgelöst oder so, und jetzt denken alle, sie wären verhaftet worden. Ich schätze mal, die haben Angst, dass ihre Freunde der Polizei erzählen, wo wir sind. Also haben sie uns verlegt.«
»Mehrere Bewacher? Wie die Männer, die euch hier bewachen?«
»Ja. Sie sind weg.«
Pike. Etwas oder irgendjemand setzte den Syrer unter Druck, und ich wusste, dieser Jemand war Pike.
Ich sah wieder zu al-Diri hinüber. Er telefonierte immer noch, aber jetzt waren Medina und Royce bei ihm, und er sah wütend aus.
»Du Waffe?«, fragte Kwan.
Ich tippte an meinen Kopf.
»Mein Verstand ist meine Waffe, Jedi.«
Kwan musterte mich einen Augenblick, dann wandte er sich ab.
Krista beugte sich zu mir und flüsterte:
»Ich habe ein Messer. Jack hat es in dem anderen Haus gefunden.«
Sie griff an ihre Taille, als wollte sie es mir zeigen, doch ich hielt sie zurück.
»Behalten Sie es bei sich. Falls Sie es brauchen, benutzen Sie es. Ich werde Sie hier rausholen.«
»Was ist, wenn Ihr Freund uns nicht findet?«
»Er wird. Es gibt Leute, die einen niemals hängen lassen.«
Der schlaksige Bewacher mit dem großen Adamsapfel betrat mit einem Topf Eiswürfel und einem verschlissenen Handtuch den Raum. Krista warnte mich, als er herüberkam, und sagte, er sehe aus wie eine Gottesanbeterin. Worüber ich grinsen musste.
Als er mir das Eis gab, zeichnete sich die kantige Kontur einer Pistole in seiner rechten vorderen Tasche ab. Was mein Lächeln noch breiter machte.
Ich wickelte eine Handvoll Eiswürfel in das Handtuch und drückte es an Bermans Kopf. Der Syrer rief jemandem auf dem Korridor etwas zu. Es gefiel mir, dass er wütend war. Ich dachte wieder an Pike und wusste, dass er auf der Jagd war.
Ein paar Minuten später kehrten Royce und die Gottesanbeterin zurück, fesselten mir wieder die Handgelenke und brachten mich in meinen Raum zurück. Ich stieß mehrere Male gegen Royce, um seine Taschen abzuchecken, und gelangte zu dem Schluss, dass er keine Schusswaffe trug. Meinetwegen. Die Kanone der Gottesanbeterin war da, und es würde ein Leichtes sein, sie ihm abzunehmen.
Erst an meinem dritten Tag auf der Dattelfarm ließen sie mich erneut aus meinem Raum heraus. Bis zu diesem dritten Tag sah ich Ghazi al-Diri nicht wieder. Und auch nicht Royce und die Gottesanbeterin, doch am dritten Tag nahm ich die Waffe der Gottesanbeterin an mich und tötete ihren Besitzer.
Joe Pike war auf der Jagd.
Ich würde ebenfalls Jagd machen.
43.
Joe Pike
Er parkte auf dem Sand eine Meile nördlich von Coachella und beobachtete ferne Scheinwerfer auf einer unsichtbaren Autobahn über einen unsichtbaren Horizont gleiten, als Megan Orlato zu sich kam. Es dauerte einen Moment, bis sie einen klaren Kopf hatte, dann bemerkte sie das Isolierband und die Fesseln und spannte ihren Körper an, als würde sie gerade auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Sie kämpfte und wand sich unter den Fesseln und versuchte, durchs Isolierband hindurch zu schreien. Ihre Augen waren riesengroß und verrückt vor Angst, und dazu hatte sie auch allen Grund. Angst war recht und billig. Angst war angemessen.
Megan Orlato lag quer über dem Rücksitz. Handgelenke, Arme, Knöchel und Knie waren mit Plastikfesseln gesichert. Isolierband versiegelte ihren Mund. Pike saß hinter dem Steuer, drehte sich zu ihr um, hatte dabei den rechten Arm um die Kopfstütze gelegt und war ruhig und entspannt. Sie waren allein. Bis auf das Scheinwerferlicht in der Ferne regte sich nichts.
Pike überlegte, wann er das letzte Mal geschlafen hatte, doch es gelang ihm nicht. Es spielte keine Rolle. Man opferte, was geopfert werden musste.
Er blickte sie an, bis sie ruhig wurde. Beobachtete, wie sie ihn beobachtete, und lauschte auf ihr Atmen, das laut und hektisch klang. Er wartete, bis es endlich ruhiger wurde, langsamer.
»Sie heißen Maysan al-Diri. Sie sind Ghazi al-Diris Schwester. Sie und Dennis Orlato versorgen Ihren Bruder mit Häusern, die er als Umschlagplatz für illegale
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