Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
mit schweren Messinggriffen versehene Doppeltür aus Eichenholz auf. Der Raum dahinter war voller verglaster Gewehrschränke, und an den Wänden hingen allerlei historische und moderne Waffen. Ein Mahagoniständer enthielt allein acht Sturmgewehre vom Typ AK-47. Auf einem Tisch darunter stand ein großes Glasgefäß, wie sie früher in Drugstores in Gebrauch waren, das mit einer gelben Flüssigkeit gefüllt war. Gable tippte mit dem Fingernagel auf den Deckel, sodass der Gegenstand darin leicht erbebte und an das Glas trieb.
Ich spürte, wie sich mein Magen zusammenkrampfte.
»Das ist der Kopf eines Vietcong. Mein Cousin hat ihn mitgebracht. Er war beim Phoenix-Programm«, sagte Gable.
»Wir haben alles erfahren, was wir wissen wollten«, sagte Clete zu mir.
»Habe ich Sie verprellt?«, fragte Gable.
»Uns nicht. Ich wünschte, Sie wären da drüben gewesen, Jim. Das wär genau das Richtige für Sie gewesen«, sagte Clete.
Clete und ich wandten uns zum Gehen und stießen fast mit Gables Frau zusammen. Sie trug einen Hausmantel aus weißer Seide, dazu silberne Pantoffeln und stützte sich auf einen Stock mit einem auf Gummipuffern steckenden Dreifuß. Ihre mit Rouge bedeckten Wangen und die rot bemalten Lippen erinnerten mich an eine viel zu grell geschminkte Pappmaché-Puppe. Ihr strohblondes Haar wirkte so seidig wie Maislieschen. Als sie es zurückstrich und kokett zurechtrückte, pochten kleine blaue Adern an ihren Schläfen.
»Hast du die Herren zum Abendbrot eingeladen?«, fragte sie ihren Mann.
»Sie sind bloß in einer dienstlichen Angelegenheit hier, Cora. Sie wollten grade gehen«, erwiderte Gable.
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht begrüßt habe. Ich habe nicht bemerkt, wie Sie gekommen sind«, sagte sie.
»Ist schon in Ordnung«, sagte ich.
»Achten Sie nicht auf Jims Kriegsandenken. Er hat sie entweder geschenkt bekommen oder gekauft. Von Haus aus ist er ein sanftmütiger Mensch«, sagte sie.
»Ja, Ma’am«, sagte ich.
Sie legte ihre Hand in meine. Sie war so federleicht und zartgliedrig wie die Schwinge eines Vogels.
»Wir würden Sie gern wieder sehen, Sir«, sagte sie. Ihre Finger schlössen sich um die meinen, und ihr Blick war mehr als ernst.
Der Himmel war dunkel und regenverhangen, als Clete und ich wieder hinausgingen. Die Luft roch nach Ozon und Fischschwärmen, die sich in der Bucht tummelten. Am Horizont zuckten Blitze vom Himmel, und ich schaute auf das fahlgrüne Zuckerrohr, das im Wind wogte, zu der Kreuzung in der Ferne, wo der Gemischtwarenladen stand, bei dem wir gehalten hatten, und der Nachtclub mit den Hütten dahinter, und mit einem Mal fiel mir wieder ein, wann ich schon einmal dort gewesen war.
»Meine Mutter ist mit einem Mann namens Mack durchgebrannt, als ich noch ein kleiner Junge war«, sagte ich zu Clete. »Sie hat mich einmal abgeholt und mit mir in einer der Hütten hinter dem Nachtclub gewohnt.«
»Lass gut sein, Streak«, sagte er.
»Mein Vater war im Knast. Mack hat in dem Club Karten ausgegeben. Meine Mutter hat dort bedient.«
»Das war lange, bevor sie gestorben ist, Großer. Quäl dich nicht so damit rum.«
Wir waren mit dem Pick-up schon fast bis zum Tor zurückgestoßen. Ich hielt an, ging durch den Regen zur Haustür und klopfte laut.
Jim Gable hatte einen in eine Papierserviette gewickelten Truthahnschlegel in der Hand, als er die Tür öffnete. Er grinste mich an.
»Haben Sie was vergessen?«, sagte er.
»Stammen Sie aus dem Bezirk Lafourche, Mr. Gable?«
»Ich bin hier an dieser Straße aufgewachsen.«
»Meine Mutter hieß Mae Guillory. Ich glaube, sie wurde irgendwo in der Nähe ermordet. Zipper sagt, es war um das Jahr Sechsundsechzig, siebenundsechzig. Kannten Sie eine Frau namens Mae Guillory?«
Sein Gesicht verzog sich zu einer verlogen lächelnden Fratze, wie sie alle unehrlichen Menschen beherrschen – besorgt, mit halb offenem Mund, den Blick absichtlich ins Leere gerichtet,
»O nein, ich glaube nicht, dass ich den Namen schon mal gehört habe. Mae? Nein, da bin ich mir völlig sicher«, erwiderte er.
Ich stieg wieder in den Laster, setzte auf die Straße zurück und fuhr auf die Kreuzung zu.
Clete griff unter den Sitz, holte seine Halbliterflasche Whiskey hervor und schraubte mit dem Daumen den Deckel ab, während er auf das Zuckerrohr und die Abwassergräben schaute, die zu beiden Seiten vorüber huschten. Er trank einen Schluck aus der Flasche und steckte sich eine Lucky Strike in den Mund.
»Wie wär’s, wenn du
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