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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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lang das College besucht, aber er war stolz auf sein so genanntes »Selbstertüchtigungsprogramm«. Er las jeden Morgen vor dem Frühstück eine halbe Stunde lang in einem Buch, das er aus der Bibliothek ausgeliehen hatte, und abends vor dem Schlafengehen eine weitere halbe Stunde. Er lernte jeden Tag ein neues Wort aus einem Fremdwörterbuch, und um seine, wie er es nannte, »geistigen Fertigkeiten« zu verbessern, rechnete er seine gesamte Buchführung im Kopf aus. Er vollbrachte jeden Tag eine gute Tat für jemand anderen und, mit seinen eigenen Worten, »als ein Mann, der nach oben will, eine gute Tat für mich selber«.
    Um Geld zu sparen, schlief er in seinem Auto, aß mittags für fünfzig Cent in Poolsalons, und manchmal wusch und rasierte er sich eine Viertelstunde vor seiner Predigt hinter einer Kirche am Gartenschlauch.
    Dann entdeckte Belmont die närrische Welt der Politik in Louisiana, wie ein Geisteskranker, der in einen Vergnügungspark für Irre gerät und feststellt, dass das Leben mehr zu bieten hat, als er sich jemals erträumt hat.
    Zeitungsleute bezeichneten Belmont als den mitreißendsten Redner des Südens seit den Zeiten eines Huey Long.
    Als er zum zweiten Mal als Gouverneur kandidierte, verbreitete die Opposition allerlei Gerüchte, wonach Belmont nicht nur ein Säufer sei, sondern dass ihm seine Geliebte, eine Mulattin, die er droben in Vicksburg versteckt hielt, überdies Zwillinge geboren habe. Im Time Magazine hieß es, er sei erledigt. Fundamentalistische Prediger, einstmals Kollegen von ihm, hetzten von jeder Kanzel im ganzen Staat wider ihn. Belmont trat in einer landesweit ausgestrahlten Kirchensendung auf und versuchte in aller Öffentlichkeit, Abbitte für seine Sünden zu leisten. Niemand nahm ihm seine Zerknirschung ab.
    Zum Nationalfeiertag am 4. Juli veranstaltete er in Baton Rouge eine Wahlversammlung samt Grillparty. Das Bier, die Maiskolben, die Hähnchenteile und die Bratwürste waren umsonst, bezahlt, wie manche sagten, von Casinoinhabern in Chicago und Las Vegas. Belmont stieg auf einen Tieflader, während seine Band mit Fiedel und Banjo den »Orange Blossom Special« anstimmte. Er stellte sich vors Mikrofon und spielte die Mundharmonika dazu, lief dabei rot an, während ihm der Schweiß unter dem Stetson hervorrann. Als der Song ausklang, gab es allenfalls verhaltenen Applaus, derweil alle darauf warteten, was Belmont Pugh zu seinen Missetaten zu sagen hatte.
    Er trug auf Hochglanz gewienerte ochsenblutfarbene Cowboystiefel, einen weißen Anzug, ein blaues Hemd und eine geblümte Krawatte. Er war zu groß, als dass er ohne Verrenkungen ins Mikrofon hätte sprechen können, daher nahm er es aus dem Ständer und hielt es in seiner riesigen Hand.
    Sein Gesicht war ernst, der Ton salbungsvoll.
    »Ich weiß, dass ihr allerhand Geschichten über euren Gouverneur gehört habt«, sagte er. »Ich will euch nichts vormachen. Sie betrüben mich zutiefst. Ich will damit sagen, dass sie mir im Herzen wehtun.«
    Er holte tief Luft. Dann beugte er die Knie leicht durch, als wollte er die ganze Luft in seinem Bauch sammeln.
    »Aber ich will euch hier gleich eins sagen … Wenn irgendwann, irgendwo, irgendwer …« Er schüttelte nachdrücklich den Kopf, brachte keinen Ton mehr heraus, so als erstickte er an seinen Gefühlen. »Ich meine, wenn irgendwer  Belmont Pugh mit Whiskey und Weibern eine Falle stellt …« Er ging jetzt in die Hocke und grinste über das ganze Gesicht. »Bei Gott, dann erwischt er ihn jedes Mal!«, rief er.
    Das Publikum geriet außer Rand und Band.
    In der gleichen Woche stieg der Preis für einheimisches Öl, und die Wirtschaft blühte auf. Belmont wurde mit überwältigender Mehrheit wieder gewählt.
    Am nächsten Tag schaute ich spätnachmittags durch das Fliegendrahtfenster des Köderladens und sah, wie Belmonts schwarzer Chrysler bei der Bootsrampe hielt und Belmont über den Anlegesteg auf den Laden zukam. Seine Begleiter wollten ihm folgen, aber er winkte sie mit seinem Stetson weg, schlug sich dann mit dem Hut an den Schenkel, als wollte er den Staub aus seiner Kleidung klopfen. Er hatte die Stirn gefurcht, die Augenbrauen zusammengezogen. Er stieß den Atem aus, knuffte mit der Faust die Krone seines Hutes zurecht und setzte ihn wieder auf, bevor er wieder so leutselig lächelnd wie eh und je den Laden betrat.
    Eine Viertelstunde später waren wir etwa eine Meile weit den Bayou hinuntergefahren und lagen mit dem Außenborder in einer von Zypressen und

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