Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
steinernen Brücke über den Bayou, reckte sich, um die verspannten Nackenmuskeln zu lockern, zog sein T-Shirt hoch und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
Er hatte sie alle abgehängt. Er atmete tief durch. Der Rauch der Grillfeuer zog durch die Eichen in den Vorgärten; der Abendhimmel glühte rosenrot. Jetzt musste er nur noch die Karre loswerden und sich eine Pension suchen, wo er ein paar Tage vor dem Fernseher sitzen konnte. Mann, war das Leben schön.
In diesem Augenblick rammte ihn der Kirchenbus der First Assembly of God, riss die Türen aus den Angeln und schleuderte ihn wie einen Stein durch die Luft, mitten durch das Röhricht und in den Bayou Teche.
Barfuß, mit einem Verband um den Kopf, die Khakihose und das T-Shirt mit Schlamm bespritzt, saß er auf einer eisernen Pritsche in der Arrestzelle. Er zupfte ein dünnes Bambusblatt aus seinen Haaren und sah zu, wie es in einem einfallenden Lichtstrahl auf den Zementboden segelte.
Der Sheriff und ich musterten ihn durch die Gitterstäbe.
»Warum sind Sie nicht aus New Orleans abgehauen, solange Sie konnten?«, fragte ich.
»Wir leben in einem freien Land.«
»Nicht, wenn man Menschen umbringt«, sagte ich.
»Ich habe eine bessere Frage«, sagte der Sheriff. »Warum sind Sie nicht geblieben, wo Sie waren?«
Johnny Remeta blickte zum Sheriff auf, dann wurden seine Augen mit einem Mal ausdruckslos und dumpf. Er schaute zur Wand, unterdrückte ein Gähnen.
»Veranlassen Sie alles Weitere. Ich möchte, dass ihn die Detectives aus New Orleans bis morgen Mittag abgeholt haben«, sagte der Sheriff, ging den Korridor entlang und schlug die schwere Tür hinter sich zu.
»Was ist denn mit dem los?«, sagte Remeta.
»Wir sind schon mit den hiesigen Taugenichtsen voll ausgelastet. Wir können keine Zugereisten gebrauchen. Warum sind Sie nach New Iberia gekommen?«
»Man sucht sich seine Freunde, wo man kann.«
»Ich bin nicht Ihr Freund. Sie haben sich weiter in New Orleans rumgetrieben, weil Sie die Typen umlegen wollten, die Sie zum Abschuss freigegeben haben, stimmt’s?«
»Soll das ein Vorwurf sein?«
»Wissen Sie, wer die sind?«
»Nein. Deswegen bin ich ja dort geblieben.«
Ich schaute ihn eine Zeit lang an. Er blickte zu Boden.
»Sie haben dem Polizisten im Museum erzählt, Sie wären ein Künstler«, sagte ich.
»Ich bemale Keramiken. Ich hab schon ’ne ganze Masse gemacht.«
»Viel Glück, mein Junge, Ich glaube, Sie können es gebrauchen«, sagte ich und wollte gehen.
Er erhob sich und blieb vor den Gitterstäben stehen. Sein Gesicht war keine zehn Zentimeter von meinem entfernt.
»Ich habe Geld für einen Anwalt beiseite gelegt. Die Sache mit Zipper Clum kann ich abbiegen«, sagte er.
»Na und?«
»Ich habe das Gefühl, dass ich ins Gras beiße, eh ich einen Anwalt zu sehen kriege.«
Sein Atem roch schal, wie verblichene Blumen.
Er hat es sich selbst eingebrockt, sagte ich mir, als ich an diesem Abend nach Hause fuhr.
Doch ich kam nicht zur Ruhe. Zipper Clums letzte Worte, auf einem Gettoblaster in einem Rasenmäherladen an der Magazine Street aufgenommen, besagten, dass Johnny Remeta die Spur sei, die zu meiner toten Mutter führte.
Ich aß mit Bootsie am Picknicktisch im Garten spät zu Abend und berichtete ihr von Johnny Remetas Befürchtung. Ich erwartete, dass sie meine Sorgen, die ich wie selbstverständlich vom Dienst mit nach Hause brachte, zerstreuen würde. Als ich verstummte, saß sie nachdenklich da und biss sich auf die Unterlippe.
»Ich glaube, Remeta hat Recht. Zipper Clum wurde umgebracht, weil er etwas über den Tod deiner Mutter wusste. Und nun schenkt dir Connie Deshotel besondere Aufmerksamkeit. Sie hat übrigens schon wieder angerufen.«
»Weswegen?«
»Sie hat gesagt, sie möchte dir mitteilen, dass die Sache mit Clete Purcels Lizenz bereinigt wäre. Wie nett von ihr, dass sie uns anruft, statt es ihm selber zu sagen.«
»Pfeif auf sie.«
»Ich möchte es ja. Dave, ich habe dir noch nicht alles über meine Beziehung mit Jim Gable erzählt. Er ist abartig. Oh, nicht mir gegenüber. Es geht mehr um die Sachen, die er gesagt hat, um seine Manieren, die Art, wie er zum Beispiel in Unterhosen vor dem Spiegel gestanden und sich die Haare gekämmt hat, die Grausamkeit, die in seinen sämtlichen Äußerungen durchgeklungen ist.«
Das Blut war ihr ins Gesicht gestiegen, und ihre Augen glänzten vor Verlegenheit.
»Du hast nicht gewusst, wie er ist, Boots.«
»Das nützt nichts. Sobald ich an ihn denke,
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