Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
in das malvenfarbene Zwielicht, den Duft nach gemähtem Gras und den Wind, der Zeitungen durch die Luft wirbelte, mit Staub und Regentropfen durchsetzt war, die wie Hagelkörner auf der Haut brannten. Ich schaute über seine Schulter hinweg zu den Bäumen beim Damm, versuchte etwas zu erkennen, doch die Zweige peitschten hin und her, das Laub wogte auf und ab, und der Himmel wurde nur mehr von einem dünnen roten Streif am Horizont erhellt.
»Ich hab damit nichts zu tun, Robicheaux. Sie sind völlig auf dem Holzweg«, sagte Burgoyne.
»Halt’s Maul. Hol den Schlüssel raus. Wirf ihn Remeta zu.«
Wir waren jetzt im Windschatten des Plymouth. Burgoyne war blass geworden. Er fummelte den Schlüssel aus seiner Uhrentasche und warf ihn auf den Rücksitz. Er versuchte sich umzudrehen und mich anzuschauen.
»Lass mich los, Mann. Sie können von mir alles haben, was Sie wollen«, sagte er.
Der zwischen den Bäumen versteckte Schütze feuerte zwei weitere Kugeln ab. Eine prallte am Türknauf ab, und die zweite ging anscheinend daneben. Aber ich hörte ein dumpfes Plop, so als ob jemand mit der Hand beiläufig auf eine Wassermelone schlägt. Burgoynes Kopf knallte an meinen, und seine Knie knickten ein. Ich hatte die Hand nach wie vor um seinen Gürtel geschlungen und wurde mit ihm zu Boden gerissen.
Ich kniete jetzt im Gras, durch das Auto gedeckt, ohne mir darüber im Klaren zu sein, was in den letzten Sekunden geschehen war. Johnny Remeta fummelte wie wild an den Schlössern herum und löste die Ketten an Händen und Füßen. Er hatte den Blick auf mich geheftet und schaute mich mit angewiderter Miene an.
»Was haben Sie?«, sagte ich.
»Das Hirn von dem Typ hängt in Ihren Haaren, Mann.«
Der Schütze legte erneut los, feuerte blindlings, als wollte er das ganze Magazin verschießen.
»Hauen Sie ab«, sagte ich.
»Was?«
»Der Zündschlüssel steckt. Wenn ich Ihnen Feuerschutz gebe, zischen Sie ab.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, kroch ich nach vorn, legte über den Kotflügel hinweg an und feuerte mit dem .45er auf die Bäume. Funken stoben in die Dunkelheit, Messinghülsen flogen an meinen Augen vorbei, und der Rückstoß riss meine Hand jedes Mal zehn Zentimeter nach oben, als ich acht Schuss in Folge abgab, bis das Verschlussstück aufsprang. Dann nahm ich das leere Magazin heraus und schob ein neues hinein.
Der Motor des Plymouth röhrte auf, und die Hinterreifen drehten im Rückwärtsgang auf dem nassen Gras durch. Johnny Remeta riss den Wagen in Gegenrichtung herum, schaltete in den Vorwärtsgang und raste mit durchgetretenem Gaspedal quer über die Lichtung zur Ausfahrt auf den Highway.
Eine ganze Minute musste vergangen sein. Bis auf einen anspringenden Bootsmotor am Fluss und das Surren der Reifen auf der Brücke war kein Laut zu hören. Die Leute bei den Toiletten rappelten sich auf und standen wie benommen im rauchigen Schein der Natriumdampflampen. Mit zitternden Händen zog ich mein Hemd aus und wischte mir damit Gesicht und Haare ab. Dann erbrach ich mich ins Gras. Der Detective namens Burgoyne lag auf der Seite, hatte den Kopf auf den Arm gebettet, den Mund weit aufgerissen und starrte mit blicklosen Augen ins Leere, als wäre ihm gerade ein schreckliches Geheimnis über sein Leben ins Ohr geflüstert worden.
15
D er Sheriff lief in seinem Büro auf und ab und las das zusammengefaltete Titelblatt des Baton Rouge Morning Advocate. Während er lesend auf und ab tigerte, tippte er sich fortwährend mit einem Fingernagel an die Augenbraue und riss die Augen auf, als wollte er sich jede Gemütsregung verkneifen, weil sein Gesicht sonst hochrot angelaufen wäre.
Es war ein langer Artikel, geschrieben von einem Journalisten, der die Erfahrung gemacht hat, dass in seinem Gewerbe eine gewisse Gutgläubigkeit mitunter vorteilhafter sein kann als Skepsis.
H ENDERSON – Bei einem Schusswechsel, der sich nach Meinung der Behörden aus einem fehlgeschlagenen Mordversuch im Bandenmilieu entwickelte, wurde gestern auf einem Rastplatz am Interstate Highway 10 ein Polizist aus New Orleans getötet. Gleichzeitig gelang es einem des Mordes verdächtigen Häftling, ein ziviles Dienstfahrzeug der Polizei zu entwenden und inmitten des Kugelhagels zu entkommen.
Ums Leben kam dabei Detective Sergeant James F. Burgoyne, der bei seiner Einlieferung ins Our Lady of Lourdes Hospital in Lafayette nur noch für tot erklärt werden konnte. Nach Aussage der Ermittler am Tatort versuchte Burgoyne gemeinsam mit
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