Strawberry Summer
drehte Eduardo, der Küchenchef, Pirouetten zwischen dem Herd mit den acht Platten und der Marmorplatte der Kücheninsel. Er war ein kleiner Mann mit schwarzen Haaren und überraschend muskulösen Armen. Und er arbeitete mit einer geradezu kämpferischen Konzentration, während er schnitt, streute und würfelte. Er trug dasselbe waldgrüne Polohemd und die gleichen Khakis wie Fee, plus eine Schürze voller Flecken, die aussah, als sei sie seit seiner Zeit an der Kochschule nicht mehr gewaschen worden. Als sie sich umblickte, erkannte Rory, dass die Rules in der Küche keine Kosten gescheut hatten. Vier kornische Hühner grillten auf einem Spieß in einer Glaskammer, während drei Miniaturpizzen im Pizzaholzofen backten.
»Wenn du es nicht machen willst«, sagte Fee sanft, »dann sag es mir einfach. Wir können jemand anderen finden. Du solltest so etwas gar nicht machen müssen.«
»Nein, es ist schon in Ordnung«, flunkerte sie. »Es wird super klappen.« Sie lächelte, und Fee schien es ihr abzukaufen, obwohl sie Rory einen mitfühlenden Blick zuwarf, während sie das Silberbesteck wegräumte.
Die dezente Panik, die Rory den ganzen Nachmittag schon gefühlt hatte, war immer schwerer zu verstecken. Es hatte angefangen, als sie mit dem Auspacken fertig war und Fee sie in die Küche gebracht und ihr ein gegrilltes Käsesandwich mit etwas Grünzeug dazu hingestellt hatte. Sie war kaum in der Lage gewesen, einen Bissen runterzubekommen. Später, als Bianca ihr eine Tour durch das Untergeschoss gegeben hatte, war ihre Angst nur gestiegen. Jeder Raum hatte eine Bezeichnung: der Filmraum, der Frühstücksraum, der Hauswirtschaftsraum für die ganzen dreckigen Schuhe und nassen Sachen – und einer war eleganter als der andere. Die Rules mochten lange weiße Sofas aus Rattan und dicke, weiche Kissen, Stühle mit bestickten Polstern und Tischchen aus knorrigem Treibholz. Sie mochten auch Kunst – teuer aussehende moderne Gemälde in lebendigen Farben – und anderen Krimskrams.
Als sie von Zimmer zu Zimmer gingen, wies Bianca sie auf die teureren Gegenstände hin und kombinierte sie mit wissenswerten Kleinigkeiten. »Du hast sicher das Gemälde von Francis Bacon an der Wand bemerkt – Mrs Rule hat es auf einer Auktion in London erworben.« Oder: »Siehst du das Bösendorfer Piano in der Ecke? Mr Rule liebt es, Chopin zu spielen.« Als sie draußen auf der geräumigen und gefliesten Veranda neben einem langen Wettkampf-Swimmingpool – direkt neben dem größeren rechteckigen Pool – standen, sagte Bianca: »Der hier ist für Connor, ihren jüngsten Sohn. Er ist im Schwimmteam der USC .« Im Spielzimmer im Untergeschoss waren ein Billardtisch, eine Tischtennisplatte, eine Wurlitzer-Jukebox und eine großzügige Sammlung an Gesellschaftsspielen untergebracht. Hierzu erklärte ihr Bianca: »Die Rules spielen gerne Tischtennis, besonders vor dem Abendessen.«
Wann immer sie an einem eingerahmten Foto an der Wand oder auf einem der Tische vorbeikamen, erhaschte Rory einen Blick auf einen oder zwei der Rules, manchmal sogar die ganze Familie zusammen. Sie waren definitiv attraktiv, mit blonden Haaren – von Weizenblond bis Karamell – und einem gebräunten strahlenden Teint. Aber Isabel war die Schönheit der Familie. Sie stach in jedem Bild heraus. Nicht nur wegen ihrer großen blauen Augen, sondern auch, weil sie nie lächelte.
Als Rory zurück auf ihr Zimmer ging, schwirrte ihr der Kopf vor lauter Informationen. Sie nahm eines ihrer Notizbücher und schrieb alles, an das sie sich erinnern konnte, auf.
Sloane → Tennis
Mr Rule → Chopin
Mrs Rule → Francis Bacon, Kunst
Connor → Schwimmen
Gregory → Harvard
Komischerweise war Isabel die Einzige der Rules, die Bianca nicht erwähnt hatte. Aber umso weniger sie über Isabel Rule hörte, umso besser.
»Lass uns noch mal alles durchgehen«, sagte Fee, die an einer der Küchenarbeitsplatten aus rostfreiem Edelstahl lehnte. »Von welcher Seite aus bedienst du?«
»Von der linken, wenn ich von einer Platte serviere oder den Brotkorb rumreiche. Von der rechten, wenn das Essen schon auf dem Teller angerichtet ist.«
»Gut. Heute Abend servieren wir von Platten, richtig, Eduardo?«, fragte Fee.
Eduardo zerkleinerte gerade ein Stück Ingwer mit übermenschlicher Geschwindigkeit. »Hmm-hmm«, murmelte er, total vertieft in seine Aufgabe.
»Ja, wir servieren auf Platten«, kündigte Bianca an, als sie in die Küche geweht kam. »Aber das Gazpacho geht zuerst
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