Streiflichter aus Amerika
Spielverderber sein, aber wenn ich die Wahl zwischen Gratiseiswasser und staatlicher Gesundheitsfürsorge hätte, würde ich mich doch instinktiv für letzteres entscheiden.
Schwamm drüber. Manches hier ist trotz allem so herrlich, daß ich es selbst kaum aushalten kann. Und dazu gehört an vorderster Stelle und ohne jeden Zweifel die Art der Müllentsorgung. Die Müllschlucker sind der Inbegriff dessen, was eine arbeitssparende Einrichtung sein sollte und so selten ist – laut, lustig, extrem gefährlich und so überwältigend funktionstüchtig, daß man sich gar nicht mehr vorstellen kann, wie man je ohne sie ausgekommen ist. Wenn sie mich vor achtzehn Monaten gefragt hätten, wie die Aussichten dafür stünden, daß binnen kurzem mein Haupthobby sein würde, ausgewählte Gegenstände in ein Loch im Küchenabwaschbecken zu stekcken, hätte ich Ihnen wahrscheinlich bloß ins Gesicht gelacht. Aber so ist es nun.
Ich habe noch nie einen Müllschlucker besessen, mußte also die Bandbreite seiner Möglichkeiten zunächst einmal mittels Trial-andError-Methode erkunden. Mit Eßstäbchen erzielt man vielleicht die lebhafteste Wirkung (ich empfehle es natürlich nicht, aber irgendwann kommt bei jedem Gerät der Zeitpunkt, daß man einfach sehen will, was es alles kann), doch Honigmelonenschalen erzeugen den vollsten, kehligsten Klang und brauchen auch weniger Rutschzeit. Mit großen Mengen Kaffeesatz erzielen Sie am ehesten den Vesuveffekt, aber aus Gründen, die klar auf der Hand liegen, sollten sie dieses schwierige Kunststück am besten erst dann ausprobieren, wenn Ihre Gattin den ganzen Tag außer Haus ist und Sie Wischlappen und Trittleiter bereitstehen haben.
Am aufregendsten ist es freilich, wenn der Müllschlucker verstopft. Dann muß man nämlich mit dem Arm hineinlangen und ihn frei machen, das heißt, gewärtig sein, daß er jeden Moment wieder zum Leben erwacht und den Arm mir nichts, dir nichts von einem nützlichen Greifwerkzeug in ein Setzholz verwandelt. Vom Leben am Abgrund brauchen Sie mir also nichts zu erzählen.
Auf ihre Weise auch sehr befriedigend und gewiß nicht weniger sinnreich erdacht ist die wenig bekannte Kaminaschengrube. Es handelt sich um ein simples Blech – eine Art Falltür – über einer tiefen, ziegelsteingemauerten Grube, die vor dem Wohnzimmerkamin in den Boden eingelassen ist. Anstatt beim Kaminsaubermachen die Asche in einen Eimer zu fegen und sie dann kleckernderweise durchs Haus zu schleppen, manövriert man sie in dieses Loch, und sie verschwindet für immer. Spitze!
Theoretisch muß die Aschengrube ja irgendwann voll werden, doch unsere scheint bodenlos zu sein. Unten im Keller ist eine kleine Metalltür in der Wand, durch die man sehen kann, wie sich die Grube so macht, und manchmal gehe ich auch hinunter und werfe einen Blick hinein. Es ist nicht unbedingt notwendig, aber es verschafft mir eine Ausrede, in den Keller zu gehen, und eine solche begrüße ich immer aufs schärfste, weil Keller die dritte große Attraktion des Lebens in Amerika sind. Sie sind grandios, hauptsächlich, weil sie so erstaunlich geräumig und nutzlos sind.
Ich kenne Keller natürlich, weil ich mit einem aufgewachsen bin. Alle amerikanischen Keller sind gleich. Sie haben eine Wäscheleine, die selten benutzt wird, ein diagonal über den Boden fließendes Wasserrinnsal aus einer nicht lokalisierbaren Quelle und einen komischen Geruch – eine Mischung aus alten Zeitschriften, Campingausrüstung, die hätte gelüftet werden müssen, es aber nicht wurde, und etwas, das mit einem Meerschweinchen namens Puschelchen zu tun hat, das vor sechs Monaten durch ein Zentralheizungsgitter entfleucht und seitdem nicht mehr gesichtet worden ist (und jetzt wohl auch besser Skelettchen genannt werden sollte).
Ja, Keller sind so kolossal nutzlos, daß man selten dort hinuntergeht und immer wieder überrascht ist, wenn einem einfällt, daß man einen hat. Jeder Vater, der jemals in einen Keller geht, hält irgendwann einmal inne und denkt: »Manno, mit diesem ganzen Platz sollten wir wirklich was machen. Wir könnten eine Hausbar und einen Billardtisch und vielleicht eine Musikbox und ein Whirlpoolbad und ein paar Flipper...«
Aber das alles gehört natürlich zu den Dingen, die man eines Tages tun will und doch nie tut. Wie Spanisch lernen oder Heimfriseur werden.
Gelegentlich, vor allem in Erstlingsheimen, stellt man durchaus schon einmal fest, daß ein junger, tatendurstiger Vater den Keller in ein
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