Streiflichter aus Amerika
dann durch eine Reihe Unterverzeichnisse jagen, bis ich mich an eines erinnere (beziehungsweise meist durch Zufall darauf stoße), das »Typographische Zeichen« heißt und in dem sich das hinterlistige 1/2-Zeichen verbirgt. Das ist lästig und sinnlos, und ich finde es auch nicht in Ordnung.
Aber so ergeht es mir ja mit den meisten Dingen dieser Welt. Auf dem Armaturenbrett unseres Autos ist eine flache Delle, ungefähr so groß wie ein Taschenbuch. Wenn man was sucht, wo man seine Sonnenbrille oder ein paar lose Geldmünzen ablegen kann, ist es der logische Platz. Ideal, muß ich sagen, solange das Auto steht. Sobald man es jedoch in Bewegung versetzt, und insbesondere, wenn man die Bremse berührt, abbiegt oder einen sanften Berghang hochfährt, rutscht alles herunter. Denn diese Armaturenbrettablage hat keinen Rand. Es ist nur ein flaches Rechteck mit einem ausgedellten Boden. Und nur, was festgenagelt ist, bleibt dort liegen.
Also frage ich Sie: Wozu ist sie da? Jemand muß sie doch entworfen haben. Sie ist nicht spontan dort aufgetaucht. Ein Mensch – was weiß ich, vielleicht ja sogar ein ganzes Ingenieursteam in der Armaturenbrettablage-Designabteilung – mußte Zeit und Gedanken investieren, um in dieses Fahrzeug eine Ablage einzuarbeiten, von der im Ernstfall alles herunterfliegt. Bravo, gut gemacht!
Das ist aber noch gar nichts im Vergleich zu den mannigfachen Leistungen der Konstrukteure, die für den modernen Videorecorder verantwortlich zeichnen. Ich will mich jetzt nicht darüber auslassen, wie unmöglich es ist, einen stinknormalen Videorecorder zu programmieren, weil Sie das schon wissen. Ich verkneife mir auch die Bemerkung, wie ärgerlich es ist, wenn man immer quer durchs Zimmer latschen und sich auf den Bauch legen muß, um sich zu vergewissern, ob das Ding auch wirklich aufnimmt. Ich will nur rasch folgende kleine Story zum besten geben. Ich habe neulich einen Videorecorder gekauft, und eines der Verkaufsargumente lautete – der Hersteller prahlte sogar damit –, daß man das Gerät bis zu zwölf Monaten im voraus programmieren könne. Nun denken Sie mal einen Augenblick nach, und nennen Sie mir eine Situation – egal, was für eine –, in der Sie den Wunsch verspüren, einen Videorecorder so zu programmieren, daß er eine Sendung aufnimmt, die in einem Jahr läuft.
Ich will nicht immer nur nörgeln. Ich gebe freimütig zu, daß es heute viele hervorragende, gut konstruierte Produkte gibt, die in meiner Kindheit und Jugend noch nicht existierten – Taschenrechner oder Wasserkessel, die sich automatisch abstellen, wenn das Wasser gekocht hat, sind zwei, die mich immer wieder mit Bewunderung und Dankbarkeit erfüllen –, aber es scheint mir doch, daß es schrecklich viele Dinge auf dem weiten Erdenrund gibt, die Menschen ersonnen haben, die sich unmöglich mal einen Moment hingesetzt und einen Gedanken daran verschwendet haben, wie sie zu benutzen sind.
Überlegen Sie nur, wie oft Sie im Alltag mit Gegenständen nur deshalb nicht zurechtkommen, weil sie schlecht erdacht sind – Faxgeräte, Fotokopierer, Zentralheizungsthermostate, Flugscheine, TV-Fernbedienungen, Hotelduschen, Wecker, Mikrowellen, ja, fast alle elektrischen Geräte, die nicht Ihnen, sondern jemand anderem gehören.
Und warum sind sie schlecht erdacht? Weil all die besten Designer Laufschuhe entwerfen. Entweder liegt es daran, oder die Burschen sind schlicht und ergreifend dumm. In jedem Fall ist es total unfair.
Endlose Weite
Heute nenne ich Ihnen ein paar Dinge, die Sie auf Ihrem Weg durchs Leben nicht vergessen sollten: Daniel Boone war ein Idiot, und es lohnt sich nicht, von Hanover, New Hampshire, aus einen Tagesauflug nach Maine zu machen. Bitte lassen Sie mich erklären.
Neulich abends spielte ich mit einem Globus herum (einer der Vorzüge des gräßlichen amerikanischen Fernsehens ist, daß man immer wieder mit einer Menge neuer Sachen herumspielt) und stellte leise erstaunt fest, daß ich hier in Hanover viel näher an unserem alten Haus in Yorkshire bin als an vielen anderen Orten der Vereinigten Staaten. Ja, wirklich, von dort, wo ich sitze, bis Attu, der westlichsten der aleutischen Inseln vor Alaska, sind es fast sechstausendundfünfhundert Kilometer. Anders ausgedrückt, Sie sind Johannesburg näher als ich dem äußersten Zipfel meines eigenen Landes.
Sie könnten natürlich einwenden, daß der Vergleich mit Alaska hinkt, weil zwischen hier und dort viel nicht-US-amerikanisches Territorium liegt,
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