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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Spielzimmer für die Kinder verwandelt hat. Aber das ist generell ein Fehler, weil Kinder nicht in Kellern spielen. Und zwar deshalb, weil sie, ganz einerlei, wie lieb die Eltern sind, immer denken, daß
    Mami und Papi leise die Tür oben an der Treppe abschließen und nach Florida ziehen. Nein, Keller sind zutiefst und unweigerlich angsteinflößend – deshalb kommen sie ja auch stets in Horrorfilmen vor. Normalerweise wird der Schatten von Joan Crawford, die eine Axt in der Hand hält, an die hintere Wand geworfen. Vielleicht gehen deshalb Väter nicht so oft hinunter.
    Ich könnte ewig und drei Tage weitere kleine unbesungene Herrlichkeiten des häuslichen Lebens in Amerika auflisten – Kühlschränke, die Eiswasser und Eiswürfel zubereiten, begehbare Einbauschränke, elektrische Stecker in Badezimmern –, doch ich verzichte darauf. Ich habe keinen Platz mehr, und da Mrs. B. gerade zum Einkaufen entschwunden ist, könnte ich doch flugs mal ausprobieren, was der Müllschlucker mit einem Saftkarton anstellt. Ich werde Sie über das Ergebnis unterrichten.

    Konstruktionsmängel

    Ich habe einen Sohn im Teenageralter, der Leichtathlet ist und Rennen läuft. Er nennt, vorsichtig geschätzt, sechstausendeinhundert Paar Laufschuhe sein eigen, und jeder einzelne davon zeugt von einer geballteren Portion planerischer Anstrengungen als, sagen wir, die schöne Retortenstadt Milton Keynes unweit Londons.
    Die Schuhe sind ein Wunderwerk. Ich habe eben in einer Sportzeitschrift meines Filius einen Testbericht über das Neueste in Sachen »Running- und Freizeitschuhe« gelesen, und er strotzte von Sätzen wie folgendem: »Eine doppelt dichte, extraflexible, längsgerichtete Zwischensohle mit Luftkammern gibt Ihnen Stabilität, während eine Gelferseneinlage stoßdämpfend wirkt, der Schuh aber dennoch einen schmalen Fußabdruck hinterläßt, ein Charakteristikum, das typischerweise nur dem biomechanisch effizienten Läufer dient.« Alan Shepard ist weniger wissenschaftlich abgesichert in den Weltraum geflogen.
    Nun aber kommt meine Frage. Wenn mein Sohn unter einer offenbar unendlichen Anzahl gewissenhaft ersonnenen biomechanisch effizienten Schuhwerks wählen kann, warum ist mein Computerkeyboard der letzte Mist? Im Ernst, das möchte ich wissen.
    Meine Tastatur hat einhundertundzwei Tasten – fast doppelt soviel wie meine alte mechanische Schreibmaschine –, was auf den ersten Blick schrecklich großzügig anmutet. Neben anderem typografischen Luxus kann ich zwischen drei verschiedenen Klammern und zwei verschiedenen Doppelpunkten wählen. Ich kann meinen Text mit Accents circonflexes und Cedillen verzieren. Ich habe Schrägstriche nach links oder rechts, und Gott weiß, was sonst noch alles.
    Ja, ich habe so viele Zeichen, daß auf der rechten Seite des Keyboards ganze Tastenkolonien sind, von deren Funktion ich nicht den blassesten Schimmer habe. Wenn ich manchmal aus Versehen auf eine Taste drücke, muß ich prompt feststellen, daß etliche Absätze meiner Ar9beit da+n s? auss*hen oder daß ich die letzten eineinhalb Seiten in einer interessanten, leider aber nichtalphabetischen Schrift namens Windingeling geschrieben habe. Wozu die Tasten sonst noch da sind – ich habe keine Ahnung.
    Macht auch nichts, denn viele haben nur noch einmal dieselbe Funktion wie andere Tasten oder tun überhaupt nichts. Meine Lieblingstaste dieser Kategorie ist eine, die mit »Pause« beschriftet ist und wirklich nichts tut, wenn man darauf drückt – was die reizvolle philosophische Frage aufwirft, ob sie dann ihre Pflicht tut. Etliche Tasten befinden sich an den schwachsinnigsten Stellen. Die zum Löschen ist zum Beispiel direkt neben der zum Überschreiben, so daß ich nicht selten hell aufjuchzend entdecke, daß ich alles, was vorher da stand, Pacman-mäßig verschlungen habe. Und häufig treffe ich aus irgendeinem Grund eine Kombination von Tasten, die ein Fenster aufrufen, das mir eigentlich nur sagt: »Das ist ein nutzloses Fenster! Willst du es?«, und dann folgt ein weiteres, das fragt: »Bist du sicher, daß du das nutzlose Fenster nicht willst?« Das übersehen wir mal großzügig alles. Ich weiß ja schon lange, daß der Computer nicht mein Freund ist.
    Aber jetzt kommt, was mich kirre macht. Unter all den einhundertundzwei Tasten, die mir zur Verfügung stehen, gibt es keine einzige für den Bruch l/2. Wenn ich nun 1/2 schreiben will, muß ich das Font-Menü aufrufen, in ein Verzeichnis namens »WP Characters« gehen und

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