Streiflichter aus Amerika
Boden fest, und die Sicht war einem unweigerlich von einem gußeisernen Dachträger versperrt. Doch das gehörte in diesen glorreichen Zeiten dazu.
Jetzt gibt es nur noch vier alte Stadien. Zum einen den Fenway Park in Boston, die Spielstätte der Red Sox. Ich will nicht behaupten, daß die Nähe Fenways bei unserer Entscheidung, uns in New Hampshire niederzulassen, den Ausschlag gegeben hat, aber es war ein Grund unter anderen. Nun wollten die Besitzer das Stadion abreißen und ein neues bauen. Ich sage immer wieder, wenn sie Fenway dem
Erdboden gleichmachen, betrete ich die neue Halle nicht, aber ich weiß, das ist eine Lüge, denn ich bin hoffnungslos süchtig nach Baseball.
Und mein Respekt und meine Bewunderung für die Chicago Cubs werden um so größer. Ich rechne es ihnen nämlich hoch und heilig an, daß sie nie damit gedroht haben, Chicago zu verlassen, und immer noch im Wrigley Field spielen. Meistens sogar noch tagsüber – denn daß Baseball am Tage gespielt wird, lag auch in Gottes Absicht. Glauben Sie mir, ein Tagesspiel im Wrigley Field ist eines der großen amerikanischen Abenteuer.
Womit wir beim eigentlichen Problem wären: Niemand verdient es mehr als die Chicago Cubs, an der World Series teilzunehmen. Aber sie dürfen nicht, weil das ihre Tradition, an der Qualifikation beharrlich zu scheitern, zerstören würde. Ein unlösbarer Konflikt. Jetzt wissen Sie, was ich meine, wenn ich behaupte, daß es nicht leicht ist, Baseballfan zu sein.
Dumm, dümmer, am dümmsten
Vor einigen Jahren unterzog eine Organisation namens National Endowment for the Humanities, also eine Stiftung zur Förderung der Geisteswissenschaften, achttausend amerikanische High-School-Absolventen einem Allgemeinbildungstest und stellte fest, daß sehr viele von ihnen – na ja, keine hatten.
Zwei Drittel wußten nicht, wann der amerikanische Bürgerkrieg stattgefunden hat oder aus der Feder welches Präsidenten die Rede von Gettysburg stammt. Etwa derselbe Anteil war in gnädiger Unkenntnis darüber, wer Josef Stalin, Winston Churchill oder Charles de Gaulle waren. Ein Drittel dachte, Franklin Roosevelt sei während des Viemamkrieges Präsident gewesen und Kolumbus nach 1750 gen Amerika gesegelt. Zweiundvierzig Prozent – und das ist mein Lieblingsbeispiel – konnten kein einziges Land in Asien nennen.
Nun bin ich solchen Befragungen gegenüber immer skeptisch, weil ich weiß, wie leicht man mich auf dem falschen Fuß erwischen könnte. (»Die Studie ergab, daß Bryson die simplen Anweisungen zum Zusammenbau eines haushaltsüblichen Grills nicht verstand und beim Autofahren fast immer versehentlich den Wischer für die Windschutzscheibe und die Heckscheibe betätigte, wenn er irgendwo abbog.«) Aber heutzutage ist eine Gedankenleere verbreitet, die schwer zu ignorieren ist. Das Phänomen ist allgemein bekannt als das Verdummen Amerikas.
Mir selbst ist es zum erstenmal aufgestoßen, als der Meteorologe im sogenannten Wetterkanal hier in unserem Fernsehen sagte: »In Albany fielen heute zwölf Zoll Schnee« und dann frohgemut hinzufügte: »Das ist ungefähr ein Fuß.«
Nein, du Depp , es ist ein Fuß!
Am selben Abend schaute ich mir einen Dokumentarfilm auf dem Discovery Channel an (und ahnte nicht, daß ich eben diesen Dokumentarfilm bis in alle Ewigkeit sechsmal im Monat auf ebendiesem Sender sehen konnte), und der Sprecher salbaderte: »Wind und Regen haben in dreihundert Jahren neunzig Zentimeter von der Sphinx abgetragen.« Dann machte er eine Pause und verkündete feierlich: »Das ist ein Schnitt von dreißig Zentimetern in einem Jahrhundert.«
Verstehen Sie, was ich meine? Es handelte sich nicht um einen kuriosen Ausrutscher, wie sie gelegentlich passieren. Es passiert die ganze Zeit. Manchmal kommt es mir vor, als habe die gesamte Nation ein Schlafmittel geschluckt und sei immer noch leicht weggetreten.
Neulich flog ich mit der Continental Airlines auf einem Inlandsflug (»Nicht ganz die schlechteste«, schlage ich als Werbeslogan vor) und las, weiß der Himmel warum, den »Brief des Vorstandsvorsitzenden«, mit dem jedes Bordmagazin beginnt – das heißt, den Brief, in dem sie einem erklären, wie unermüdlich sie bestrebt sind, den Service zu verbessern (offenbar dergestalt, daß jeder in Newark umsteigen muß). Gut, dieser blitzgescheite Erguß eines Mr. Gordon Bethune, des Herrn Vorstandsvorsitzenden und Generaldirektors, beschäftigte sich mit den Ergebnissen einer Umfrage unter den Kunden, deren
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