Streit Ist Auch Keine Loesung
Partner.
Partner ändern sich immer
Seit Jahren schon befasst sich die psychologische Forschung mit der Frage, ob es möglich ist, den Partner zu verändern. Das klare Ergebnis: ja. Es ist sogar beinahe unmöglich, den Partner nicht zu verändern. Das liegt an der großen Nähe in einer Beziehung. Wir alle neigen dazu, uns das eine oder andere beim Partner, bei der Partnerin abzuschauen. Und dieser seinerseits tut das Gleiche. Das Ergebnis liegt auf der Hand: Partner werden sich im Laufe ihrer Beziehung ähnlicher. Veränderungswünschean den Partner zu haben und zu äußern ist dazu nicht einmal erforderlich. Dieser automatische Anpassungsprozessfunktioniert auch ohne viele Worte. Es ist ja gerade der Sinn einer Partnerschaft, sich vom anderen beeinflussen zu lassen. Wir verändern uns alleine schon durch das Anders-Sein des Partners. Keine Beziehung lässt uns deshalb so, wie wir vorher waren.
Sich in einer Partnerschaft zu verändern ist also ebenso normal wie Veränderungswünsche an den Partner zu haben. Solche Wünsche sind nicht problematisch. Sie sind legitim. Und sie sind hilfreich. Was ist es dann? Was ist der Grund dafür, dass so viele Partnerschaftsexperten energisch davon abraten? Das Problem beginnt ganz woanders. Es beginnt, wenn wir der Überzeugung sind, ein Recht auf Veränderungen zu haben. Der andere soll sich nicht etwa ändern, weil wir es uns wünschen. Wir meinen, einen Anspruch darauf zu haben. Wir sind im Recht! Auf diese Haltung reagiert ein Partner beinahe immer mit Protest. Er fühlt sich unter Druck gesetzt. Es ist eben ein erheblicher Unterschied, ob wir den Partner verändern wollen, verändern möchten, um eine Veränderung bitten – oder ob wir der Überzeugung sind, dass der Partner sich – dalli, dalli, aber flott – verändern muss.
Was kann ich tun, wenn ich im Recht bin und mein Partner das nicht einsieht?
Manchmal sind Fragen vielschichtig. Manchmal gibt es auf sie eine einzige und klare Antwort. Bei dieser Frage ist das anders. Es gibt auf sie gleich zwei Antworten. Die eine ist ausgesprochen kurz, die andere erfordert einige Erklärungen. Fangen wir also mit der kurzen an.
Einfach: Wer ist im Recht?
Mal angenommen, Sie erinnern sich, dass der Zug, mit dem Ihre Schwester ankommt, um 7 Minuten nach 10 Uhr im Bahnhof einfährt, Ihr Partner aber sagt, sie käme 27 Minuten nach 10 Uhr. Und auch er ist sich genauso sicher wie sie. Was nun? Wer von Ihnen beiden ist im Recht? Hat Ihr Partner sich die Ankunftszeit richtig gemerkt? Oder Sie? Das ist ein klassischer Wer-ist-im-Recht-Fall. Zum Glück ist es ganz einfach herauszufinden, wer von Ihnen beiden recht hat. Entweder Sie schauen auf den Fahrplan. Oder Sie gehen ins Internet und suchen dort nach der richtigen Ankunftszeit heraus, bevor Sie losfahren. Oder aber Sie greifen zum Telefon und rufen Ihre Schwester an. Die hat doch wohl ihr Handy dabei! Kein Mensch verreist heute mehr ohne, denn es könnte ja sein, dass die netten Menschen, die man besuchen will, sich nicht mehr erinnern, wann genau der Zug ankommt!
Wer-ist-im-Recht-Fälle führen eher selten zu Streit. Warum auch? Nur einer von beiden kann im Recht sein und wer von Ihnen das ist, lässt sich ohnehin leicht herausfinden. Ein Paar, das sich in solch einer Frage einen heftigen Streit liefert, dem ist vermutlich nicht mehr zu helfen.
Komplizierter: Wer hat welche Bedürfnisse?
Stellen wir uns nun eine ganz andere Situation vor: Sie erinnern sich sicherlich an den ersten Streit von Ines und Markus. Ines wollte reden, als sie nach Hause kam, Markus dagegen unbedingt die Zeitung lesen. Das ist seither immer wieder einmal so gewesen und neulich gab es deshalb sogar einen ziemlichen Krach zwischen den beiden. Das kam so: Ines kam wütend von der Arbeit, weil ihre Kollegin sie übel über den Tisch gezogen hatte. Es ging um das neue Projekt, das der Leiter der Abteilung ihr schon so gut wie zugesagt hatte. Und nun hat es sich die Kollegin an Land gezogen. Ines hat Gesprächsbedarf. Sofort! Markus aber verkriecht sich hinter seiner Zeitung und vertröstet Ines auf später. Er will jetzt nicht reden. Was nun? Ines fühlt sich mit ihrem Anliegen, jetzt sofort mit ihm zu sprechen, absolut im Recht. Seine blöde Zeitung kann doch wirklich warten. Ihr Wunsch, ihm von ihren frustrierenden Erlebnissen zu erzählen, ist wichtiger als sein Wunsch, die Zeitung zu lesen. Das muss er doch einsehen! Sie ist überzeugt: Sie ist im Recht.
Beim Streiten ist 1 + 1 = 4.
Aber aus
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