Streit Ist Auch Keine Loesung
einmal zu überlegen, ob das die Realität in Ihrer Partnerschaft wirklich trifft. Seien Sie beim Beantworten der folgenden Frage bitte ganz ehrlich: Sind Sie zufrieden mit der Verteilung der häuslichen Pflichten? Oder sind Sie es nicht?
Der Unterschied zwischen einer Kleinigkeit wie einem gemeinsamen Schnorchelausflug und der Aufteilung der Hausarbeit ist im Alltag eines Paares gravierend. Über die entgangenen Urlaubsfreuden beim Schnorcheln ärgern Sie sich einmal im Jahr und das vielleicht nicht einmal lange. Was soll’s auch! „Gehe ich eben alleine Schnorcheln“, sagen Sie sich. „Soll er doch in seiner Liege bleiben und Sonne, Wind und Meeresrauschen genießen – ich tauche alleine!“ Über seinen mangelnden Einsatz in den eigenen vier Wänden aber ärgern Sie sich Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr.
Auch wenn Sie den Ärger mit der Zeit gar nicht mehr deutlich spüren – er nagt doch an Ihnen. Und ihr Unmut hat Folgen! Wussten Sie, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen Paare, bei denen die Frau unzufrieden mit der Aufteilung der Hausarbeit ist, deutlich seltener Sex miteinander haben als Paare, bei denen die Frau mit diesem Punkt zufrieden ist?
Nehmen wir also an, die ungerechte Verteilung der Hausarbeit steht bei Ihnen auf einem der vorderen Plätze, genauer gesagt, auf Platz zwei. Dann stellt sich die Frage, wie Sie das Problem auf die Tagesordnung setzen können, ohne dass es gleich zu einem unangenehmen Streit kommt, in dessen Verlauf so unangenehme Worte fallen wie „Du bist genauso stinkfaul wie dein Vater!“ oder „Du mit deinem ewigen Putzfimmel!“. Wie das geht, das erfahren Sie im folgenden Kapitel.
Wie kann ich Probleme ansprechen, ohne dass daraus ein Streit wird?
Höflich und beharrlich bleiben
Sie wollen und werden Ihr Problem auf die Tagesordnung setzen. Aber Sie wollen keinen Streit, Sie sind höflich und beharrlich. Und damit sind Sie auch auf der Höhe der Zeit. Denn die wissenschaftliche Forschung kommt zu dem klaren Ergebnis, dass Höflichkeit in der Partnerschaft bessere Ergebnisse erzielt. Der Grund dafür ist ganz einfach: Menschen können sich nur verändern, wenn sie fühlen, dass man sie grundsätzlich so liebt und akzeptiert, wie sie sind. Das ist auch die Ansicht des Paartherapeuten John Gottman. Wer sich kritisiert und unerwünscht fühlt, der denkt nicht einmal im Traum daran, sich zu verändern. Stattdessen fühlt er sich unter Druck gesetzt und konzentriert sich darauf, sich zu verteidigen. Nach John Gottmann ist es für jeden von uns unmöglich, einen Rat von jemandem anzunehmen, der einen vermutlich nicht versteht.
John Gottmanist wirklich ein ungewöhnlicher Mann. Mit dem amerikanischen Psychologieprofessor möchte manch einer nicht einmal essen gehen. Dann kann es nämlich geschehen, dass John Gottman schon bei der Vorsuppe mitten im Gespräch verstummt. Sein Löffel sinkt auf den Tellerrand, seine Augen schauen ganz versonnen in die Ferne und er lauscht, konzentriert und entrückt zugleich, wie die Frau am Nachbartisch mit ihrem Mann ein Problemgespräch beginnt.
Beim Hauptgericht passiert es schon wieder. Seine Gabel sinkt hilflos herunter. Seine Augen schauen ins Irgendwo. Am Tisch nebenan sitzt immer noch das Paar und unterhält sich in angeregter Lautstärke. Es geht um die Wochenendplanung. Um die Ferien der Kinder. Um den Hund. Die Stimmung ist hörbar gereizt.
Schon beim Dessert steht John Gottmans Urteil fest. Er hat inzwischen genug gehört. Er weiß jetzt, ob das Paar am Nebentisch zusammenbleiben wird oder ob es gleich nach dem Essen zum Scheidungsanwalt fahren könnte, um darüber zu diskutieren, wer das Haus behält, wer das Sorgerecht für die Kinder bekommt und wie hoch die Unterhaltszahlungen sind.
John Gottman ist Forscher, genauer: Partnerschaftsforscher. Um zu einem besseren Verständnis davon zu kommen, wie Partnerschaften funktionieren und wie nicht, beobachtete er viele Jahrzehnte lang Paare. Paare, die frühstücken. Paare, die Zeitung lesen. Paare, die sich streiten. Paare, die einfach nur über scheinbar Belangloses reden. Im Laufe der Zeit lud er Hunderte von Paaren in sein Ehelabor in Seattle ein, um dort ihre Probleme zu besprechen. Er filmte sie bei ihren Unterhaltungen und verkabelte sie vorher, um ihren Puls sowie ihren Hautwiderstand messen zu können. Diese Werte zeichnete er ebenfalls auf. Sie geben ihm sichere Hinweise darauf, ob einer der beiden Beteiligten gerade ruhig und entspannt ist – oder
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