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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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daß es nun darauf ankam, daß ihr Mann in seiner Wachsamkeit nachließ. Aber jedes Anzeichen von Schwäche würde ihn wieder dreister werden lassen.
    »Monique, ich muß mich entschuldigen. Der erste Eindruck, den Darrell hinterläßt, ist immer beschissen.«
    »Er hat meine verdammte Hand verletzt«, schimpfte die Tänzerin und zeigte erneut die Wunde. »Das ist nicht lustig, Erin. »Gib ihm, was er haben will.«
    »Ich will meine Tochter«, schnaubte Darrell Grant.
    »Nun«, entgegnete Erin, »ich hab sie nicht mehr.«
    Darrell nahm die Neuigkeit ziemlich unfreundlich auf. Er stieß Monique Sr. zu Boden und stürzte sich wie wild auf Erin. Die Schnelligkeit seiner Attacke überrumpelte sie völlig. Sie versuchte, die Beine hochzuheben, um ihn wegzustoßen, aber er war bereits bei ihr. Der Stuhl kippte nach hinten, und sie landeten zusammen auf dem Fußboden. Darrell Grant bohrte sein Knie in Erins Brust und brüllte und fluchte, bis er außer Atem war. Sie hatte aufgehört mitzuzählen, wie oft er sie Fotze schimpfte.
    Sie machte sich Sorgen wegen des Messers: Wo war es? Darrells Arme hingen an seinen Seiten herab. Flach auf dem Boden liegend konnte Erin die Hände ihres Ex-Mannes nicht sehen, und sie konnte auch nicht den Kopf heben, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.
    Darrell Grant keuchte. »Ich will noch heute meine Angie zurückhaben.«
    »Du erdrückst mich«, protestierte Erin.
    Monique Sr. mußte die Flucht gelungen sein, denn die Tür stand weit offen, und der Raum war mit Tanzmusikklängen aus der Bar erfüllt: irgend etwas mit Bläsern von Gloria Estefan. Nicht gerade eine ideale Nummer, um dabei zu sterben, dachte Erin.
    »Wer hat sie?« fragte Darrell.
    »Ich bring dich hin«, ächzte Erin.
    Sein rechter Arm kam mit dem verrosteten Steakmesser hoch. Er hielt es an der Klingenspitze zwischen Daumen und Zeigefinger fest.
    Darrell Grants Stimme klang weinerlich und nuschelnd. »Man hat mir mein kleines Baby gestohlen.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Erin.
    »Und alles nur wegen dir.«
    »Darrell, es ist noch nicht zu spät.«
    Er drehte das Messer in der Hand und umfaßte den Messergriff. »Verstehst du nicht? Ich bin aus dem Knast abgehauen. Das heißt, daß ich wohl keine Zukunft mehr habe.«
    Erin hob die Schultern. »Jeder baut irgendwann im Leben mal Mist.«
    »Ich wollte mich mit Angie aus dem Staub machen. Und das geht jetzt nicht mehr.«
    Eines seiner Augenlider hatte sich geschlossen. Erin betete, daß dadurch seine Zielgenauigkeit mit dem Messer beeinträchtigt würde. »Wenn du mich tötest«, warnte sie, »siehst du sie nie wieder.«
    »Und wenn ich dich nicht umbringe«, sagte er, »werde ich mich für immer hassen, weil ich es nicht versucht habe.«
    Erin hatte immer geglaubt, daß ihr Ex-Mann zu einem Mord nicht fähig war, aber als sie nun beobachtete, wie Darrell mit dem billigen Besteck herumfuchtelte, wurde ihr klar, daß sie ihn vielleicht falsch eingeschätzt hatte. Wenn er sie nun erstach? Verrückterweise mußte Erin daran denken, wie enttäuscht ihre Mutter sein würde. Wenn die einzige Tochter, nur mit einem paillettenbesetzten Bikinioberteil und einem Tanga bekleidet, erstochen wird – nun, dann gibt es wohl kaum eine Möglichkeit, das seinen Freunden im Orchideenclub plausibel zu erklären.
    »Darrell«, setzte Erin an.
    »Mach die Augen zu. Ich schaffe es nicht, wenn du mich ansiehst.«
    Aber Erin hatte nicht vor, die Augen zu schließen. »Ich lasse nicht zu, daß du Angela das antust.«
    »Schnauze«, brüllte er. »Wer hat denn hier das Messer, häh?«
    »Ich lasse es nicht zu.«
    »Mach endlich die verdammten grünen Augen zu!«
    »Weshalb?« fragte Erin. »Erinnern sie dich an jemanden?«
    »Herrgott noch mal!« Er hob das Messer mit beiden Händen hoch.
    »Leg es weg, Darrell.« Ein gehauchtes Flüstern.
    »Niemals.«
    »Darrell, bitte. Um Angies willen.«
    »Ich sagte, schließ die Augen!«
    »Laß das verdammte Messer fallen!« Von der Tür erklang die Stimme eines Mannes, und Erin spürte, wie Darrell Grant erstarrte. Er legte den Kopf auf die Seite, wartete, aber er ließ das verdammte Messer nicht fallen.
    »Junior«, sagte die Stimme, die Shad gehörte. »Ich zähle bis drei.«
    Erin verfolgte, wie ihr Mann lautlos vor sich hin murmelte: eins Mississippi, zwei Mississippi... und dann zerbrach ein Ast. Jedenfalls klang es genauso.
    Darrell schnellte von Erin hoch, und ein klagendes Geheul brandete auf, untermalt von Melodien von Gloria Estefan.

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