Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
wanderten, waren sie sogar auf einen Typen gestoßen, der sich mit echten Playboy-Bunnies unterhielt! Der Interviewer war derart braungebrannt, daß die Skyler-Brüder annahmen, er sei ein Indianer, nur redete er zu schnell und lachte zu laut. Um den Hals des Mannes hing an einer Kette ein goldenes Medaillon so dick wie ein Stück Gänsekacke. Johnny und Faron konnten es kaum fassen.
    Eines war nicht zu bezweifeln: Das Satellitenfernsehen hielt die Skyler-Familien zusammen. An den langen, düsteren Wintertagen bewahrte es die Männer davor, vor Langeweile den Verstand zu verlieren. Im Sommer unterhielt es die Frauen und die Kinder, so daß Faron und Johnny besonders lange von zu Hause wegbleiben konnten, um noch eine weitere Dose Rolling Rock zu öffnen, es sich gemütlich zu machen und zuzusehen, wie die Sonne über den Bergen unterging.
    An diesem Abend jedoch zog ein Unwetter von Idaho herüber. Es würde keinen Sonnenuntergang geben, sondern eine unheilvolle und plötzlich einbrechende Dunkelheit. Schwarze Wolken türmten sich über den Bitterroots auf, und ein kalter Wind fegte über den Fluß. Er ließ das blecherne Preisschild klappern, das über der Benzinzapfsäule vor der Lozeau Lounge hing. In der Lounge lehnte Johnny Skyler sich weit nach hinten und schleuderte einen weiteren Wurfpfeil auf den ausgestopften Elch, zog anschließend seinen Bruder vom Barhocker und meinte, sie sollten lieber nach Hause fahren, solange sie noch den Weg sehen konnten.
    Die Schotterstraße verlief geradeaus bergab zu der alten Stahlbrücke über den Fluß. Fette Regentropfen klatschten auf den Bronco und vermischten sich mit dem feinen braunen Staub auf der getönten Windschutzscheibe. Wegen des heftigen Windes wollte Johnny Skyler die Brücke nur langsam überqueren. Im ersten Gang. Bei Fernlicht. Mit beiden Händen am Lenkrad. Als er sich der Brücke näherte, dirigierte er die Räder des Truck auf die dünnen Holzplanken, die vom ersten Regen bereits schlüpfrig waren.
    Etwa in der Mitte der Brücke sagte Faron Skyler: »Halt mal an.«
    Johnny bremste und brachte den Truck zum Stehen. Der Motor brummte im Leerlauf.
    »Da draußen«, sagte Faron.
    »Auf dem Fluß?«
    »Ja. Ich hab ein Schlauchboot gesehen.«
    »Unmöglich«, erwiderte Johnny Skyler. Er drehte das Seitenfenster herunter. Es war zu dunkel, um auf dem Clark Fork irgend etwas zu erkennen.
    Sein Bruder sagte: »Wir müssen auf einen Blitz warten.« Er zuckte mitten im Tal auf, ein ultravioletter Lichtschein, der den Fluß für den Bruchteil einer Sekunde erhellte. In diesem kurzen Augenblick entdeckte Johnny Skyler das Schlauchboot flußabwärts, etwa zwanzig Meter von der Brücke entfernt.
    »Da – vor dem Buckel im Fluß«, sagte Faron.
    »Ja, ich hab’s gesehen.«
    »Auch den Burschen darin?«
    »Nein.« Johnny löschte die Scheinwerfer und starrte blinzelnd in die zunehmende Finsternis. Der Regen fiel jetzt dichter und durchnäßte seinen linken Ärmel. Johnny spuckte aus, aber der Wind schleuderte ihm den Speichel ins Gesicht.
    Ein weiterer Blitz, hoch und weit entfernt. Ein blaues Gleißen überstrahlte das Tal, dann war es wieder dunkel. Aber die Szene hatte sich in Johnnys Gedächtnis eingebrannt: ein rotes Schlauchboot, die Ruder im Wasser treibend, rutschte an einem schmalen Schotterstreifen entlang, der den Fluß in der Mitte teilte. Der Mann im Boot wandte der Brücke den Rücken zu. Er trug eine olivfarbene Weste und eine bunte Baseballmütze. Beides wies ihn als nicht aus dieser Gegend stammend aus. Seine Arme hingen an den Seiten herab. Eine Angel lag quer über seinem Schoß.
    »Verrückter Hund«, sagte Faron Skyler.
    »Glaubst du, er braucht Hilfe?«
    »Natürlich braucht er Hilfe, verdammt noch mal. Er sollte mal seinen Kopf untersuchen lassen. So ein verrückter Forellenfreak.«
    Johnny wußte nicht recht, was man als nächstes tun sollte, was überhaupt getan werden konnte. Die vor Elektrizität knisternde Gewitterfront schob sich auf sie zu, und eine Stahlbrücke war bestimmt nicht gerade der günstigste Aufenthaltsort. Der Donner ließ die Streben erzittern.
    »Er sollte lieber zusehen, daß er aus dem Wasser rauskommt«, bemerkte Johnny Skyler und starrte auf den Punkt, wo sich das Schlauchboot während des letzten Blitzes befunden hatte. Johnny erwog kurz eine Rettung, dann verwarf er den Gedanken. An dieser Stelle waren die Ufer des Clark Fork felsig und steil, und die Skyler-Brüder hatten die Bäuche voller Bier. Katastrophe war das

Weitere Kostenlose Bücher