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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Wort, das Johnny nun in den Sinn kam.
    Er hielt die Hände wie einen Trichter an den Mund und brüllte gegen den Wind: »Hey, da draußen!«
    Faron schüttelte den Kopf. »Vergiß es, Mann. Er kann dich nicht hören.«
    Johnny versuchte es erneut. »Hey, Sie!«
    Der nächste Blitz, wieder ein kurzer Blick auf das Boot, das weiter stromab schaukelte. Der Angler schien die Rufe nicht gehört zu haben. Die Angelrute lag noch immer auf seinem Schoß; die Ruder hingen weiter nutzlos in den Dollhaken – eines zeigte flußaufwärts, das andere in die entgegengesetzte Richtung.
    »Das ist vielleicht ein Irrer«, schimpfte Faron.
    »Irgend etwas stimmt da nicht.«
    Ein Blitz explodierte ganz in der Nähe, und die Brüder bedeckten ihre Köpfe. Sie hörten das Krachen einer Bergkiefer, die in drei Teile zerbrach.
    »Zeit zu verschwinden«, sagte Faron. »Meinst du nicht auch?«
    Johnny Skyler hatte ein ungutes Gefühl im Bauch. Er blickte auf den Clark Fork hinaus, wartete auf weitere Blitze, wollte noch einen Blick auf den verrückten Forellenfischer werfen.
    »Ihm passiert schon nichts, Johnny. Während der nächsten Meile beruhigt sich der Fluß und wird flacher. Ein blinder Hund würde es dort bis ans Ufer schaffen.«
    »Wie du meinst.« Johnny hatte auf diesem Teil des Clark Fork so spät am Abend noch nie ein Schlauchboot gesehen. Die nächste Landungsstelle befand sich zwölf Meilen flußabwärts. Und wer zum Teufel fuhr des Nachts und während eines Gewitters schon zum Angeln raus?
    »Würdest du dich verdammt noch mal beeilen?« schimpfte Faron Skyler nun. »Ich habe keine Lust, auf dieser verdammten Brücke gegrillt zu werden. Außerdem versäumen wir das Spiel im Fernsehen.«
    Seitdem Denver eine Mannschaft in der Nationalliga hatte, war Faron ein Baseballfan. Seinen Bruder konnte man damit nicht reizen. Er begeisterte sich für Football. Mit der Schüssel konnten sie sogar die Spiele der Argonauten verfolgen.
    »Es ist schon halb zehn«, stellte Johnny Skyler fest. »Das Spiel ist fast vorbei.«
    »So eine Scheiße.«
    »Faron, ich kann ihn nicht mehr sehen.«
    »Vielleicht hat er schon die große Biegung hinter sich.«
    »Ohne zu rudern hat er das niemals geschafft. Oder er müßte einen Motor an seinem Boot haben.«
    Faron winkte ab. »Er braucht sich nur festzuhalten, dann kann ihm nichts passieren. Und jetzt laß uns fahren.«
    »Nur einen kleinen Moment noch.« Der Regen fiel jetzt in schweren Güssen und prasselte auf das Dach des Bronco. Johnny kurbelte schließlich das Seitenfenster hoch, aber er löste seine Blicke nicht vom Wasser.
    Der Himmel knisterte, und der Fluß verwandelte sich in einen blauvioletten Spiegel. Diesmal hatten die Brüder keinerlei Schwierigkeit, das kleine rote Boot zu finden, das sich in der schwachen Strömung drehte, während es flußabwärts trieb.
    »O mein Gott«, sagte Johnny Skyler.
    Faron umklammerte das Armaturenbrett mit beiden Händen. »Verrückter gottverdammter Bastard!« schimpfte er.
    Das Boot war leer. Der Mann war verschwunden.
    Die Skylers sprangen aus dem Truck und rannten zum Fluß.
     
    Der Regen hörte zwei Stunden später auf. Mittlerweile war das Sheriff’s Office des Mineral County mit einem Motorboot und einem hilfsbereiten Taucher erschienen. Der U. S. Forestry Service hatte versprochen, vier Ranger und einen Hubschrauber zu schicken, vorausgesetzt, das Wetter verschlechterte sich nicht wieder. Ein paar Anwohner fuhren mit Schlauchbooten, Ruderbooten und wasserdichten Taschenlampen hinaus. Der kleine Lagerplatz am Fluß in Forest Grove diente als Organisationszentrale für die Suche, die nach örtlichen Maßstäben heldenhaft und gründlich durchgeführt wurde.
    Im Morgengrauen wurde das Boot gefunden, mit der Längsseite halb unter einer Querstrebe der I-90er Brücke westlich von Lozeau verklemmt. Die Ruder waren verlorengegangen, und das Schlauchboot enthielt keinerlei Hinweise auf die Identität des vermißten Anglers. Eine leere Dose Colt 45 und ein zerknülltes Snickers-Papier waren die einzigen Spuren, die der Passagier hinterlassen hatte.
    Die Suche nach der Leiche dauerte achtzehn Stunden und erwies sich als vergeblich. Ein Reporter des Missoulian erschien in Forest Grove und interviewte die Skyler-Brüder, die eine reichlich ausgeschmückte Beschreibung dessen lieferten, was sie während des Gewitters auf dem Fluß gesehen hatten. Dann stellten sie sich für Fotos neben dem Hubschrauber der Forstmeisterei auf. Während der nächsten Tage

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