Striptease: Roman (German Edition)
Griff. »Ich habe ein Problem, Jerry. Glaube ich Ihnen Ihre Geschichte? Mach ich mir umsonst Hoffnungen? Die ganze Sache mit Darrell und Angela war bisher ein einziger Alptraum.«
»Ich verstehe«, sagte er. »Ich habe die Akten im Gerichtsarchiv gelesen. Dort habe ich auch den Namen des Richters erfahren.«
»Wenn ich etwas mehr wüßte, könnte ich vielleicht dabei helfen, das Ganze zu organisieren.«
»Es ist alles bestens vorbereitet«, sagte Killian.
Es hatte keinen Zweck. Gewöhnlich schaffte man es mit einem freundschaftlichen Händchenhalten, aber diesmal nicht. Erin erhob sich und sagte: »Na schön, Jerry. Wie lange dauert es?«
»Ich erwarte heute nachmittag einen Telefonanruf.«
»Arbeiten Kongreßabgeordnete auch sonntags?«
»Ja, wenn ihre Karriere auf dem Spiel steht.«
Erin stand an der Tür und suchte nach möglichst behutsamen Worten, um zu sagen, was gesagt werden mußte. »Wenn das klappt, wenn ich Angela wirklich zurückbekomme... nun, dann kann ich Ihnen im Gegenzug nichts dafür geben, Jerry. Das sollten Sie wissen.«
»Mit nichts meinen Sie auch...«
»Sie wissen, was ich meine«, sagte Erin. »Ich werde Ihnen für immer dankbar sein. Das ist alles, was ich versprechen kann.«
»Sehe ich jetzt aus, als sei ich am Boden zerstört?«
»Ein wenig.«
»Nun, wer wäre das nicht?« Er kicherte verhalten. »Ich wette, dann geben Sie auch den Job im Club auf.«
»Aber sicher. Sobald ich Angie zurückhabe, verschwinde ich von dort.«
»Dann gibt es eine Sache, die Sie für mich tun können.« Er ging zur Stereoanlage und schaute einen Stapel CDs durch. »Einen Moment«, sagte er zu Erin. »Bitte!«
Nicht lange, und das Apartment füllte sich mit Hard Rock-Klängen – »She’s Got Legs« von ZZ Top. Erin warf Killian einen gespielt mißbilligenden Blick zu.
»Lassen Sie mich raten«, sagte sie.
»Macht es Ihnen etwas aus?«
»Aber nur ein Tanz«, sagte Erin. Urbana hätte ihr den Hals umgedreht.
Als sie das erste Mal im Club auf die Bühne mußte, übergab Erin sich vor und nach dem Auftritt. Urbana Sprawl nahm sie beiseite. »Es ist genauso wie Bergsteigen, klar? Es geht dir gut, solange du nicht nach unten schaust.« Monique Jr. umarmte sie und flüsterte: »Es ist eine Schlafsaalparty, Schätzchen. Deshalb tragen wir alle unsere Hemden.« Und Monique Sr. meinte: »Hör um Gottes willen auf zu heulen. Bobby Knight sitzt an Tisch neun!«
Erin hatte eine Woche gebraucht, um eine Methode zu finden, die funktionierte. Immer wenn sie innehielt und sich dabei ertappte, wie sie nach dem Warum fragte, dachte sie an Angie. Sobald sie dann auf der Bühne stand, wandte sie den Trick an, sich von der Musik in Traumwelten entführen zu lassen. Deshalb war sie wählerisch, was die verschiedenen Titel betraf: Die Songs mußten eine besondere Bedeutung haben. Wenn alles stimmte, dann verflog die schreckliche Nervosität, und Erin ging auf wunderbare Weise zu ihrer direkten Umgebung auf Distanz. Sie vergaß einfach, daß sie in einem Saal voller Besoffener im Evaskostüm herumhüpfte. In Erins Phantasie applaudierten die Männer ihren Sprungfiguren und Schrittfolgen und nicht der Form ihres Hinterns.
Lächeln fiel ihr anfangs schwer, denn Erin war von ihrer Arbeit nicht gerade begeistert. Überdies bemerkte sie, daß viele von den Gästen auch nicht lachten. Statt dessen sahen sie mit einem unbewegten Ausdruck zu wie Preisrichter bei einer Viehauktion. Auch dafür hatte Urbana einen wertvollen Ratschlag: »Ein nettes Lächeln ist allemal besser als ein Paar Rieseneuter.«
Also zwang Erin sich zu lächeln, und das Geld floß reichlicher. Die Männer kamen nach vorne und schoben ihr zusammengefaltete Zehndollarscheine in den Strumpfhalter oder hinter den Gummibund ihres Tangas. Viele Gäste wurden nervös, wenn sie ihr so nahe kamen, und hatten ganz offensichtlich Angst, ein fremdes Bein zu berühren. Erin wurde ständig an die lächerliche Macht des Sex erinnert. Weibliche Nacktheit ließ Männer zu stammelnden Narren mit flatternden schweißfeuchten Händen zusammenschrumpfen. Bei der etwas kühneren Klientel verhinderte Shads Anwesenheit dreistes Grapschen und sonstige rüde Übergriffe.
Erin hatte ihre Schüchternheit nach etwa einem Monat überwunden. Im Gegensatz zu den anderen Tänzerinnen fühlte sie sich aber auf der Bühne niemals uneingeschränkt wohl. Das aufreizende Verhalten vermittelte ihr schon mal einen leichten Kitzel, aber sie verspürte niemals eine heiße Woge des Triumphs
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