Striptease: Roman (German Edition)
brauchen es nur in ihre Recorder zu schieben und sich das verdammte Band anzusehen. Ich meine, ein Schimpanse könnte die gleichen Tanzschritte machen...«
»Es dauert seine Zeit«, sagte Erin.
»Von wegen.« Orly deutete auf Sabrina, die darin vertieft war, ihre Zehennägel zu polieren. »Hast du dir das Band angesehen?«
Sabrina senkte den Kopf und verneinte.
Orly schlug mit der flachen Hand auf die Armlehne seines Sessels. »Punkt erledigt. Wir unterhalten uns über einen Namen mit Klasse, wenn ich ein paar Klassetänze sehe.«
Urbana Sprawl hob die Hand. »Mr. Orly, ich hab mir das Video angesehen. Ich glaube, daß diese Girls aus Dallas von irgend etwas high waren.«
»Ach, tatsächlich?« Orlys Stimme troff vor Sarkasmus.
»Candy Rockers«, wiederholte Erin. »Denken Sie mal darüber nach, okay?«
Jemand klopfte leise an die Tür. Orly gab Shad ein Zeichen. Der Rausschmeißer verzog sich zur Rückwand des Büros und postierte sich strategisch günstig neben der Tür.
»Wer ist da?« fragte er.
Eine dumpfe Stimme auf der anderen Seite sagte: »Polizei.«
Shad sah seinen Boss an und wartete auf Instruktionen.
»Scheiße«, sagte Orly. »Was nun?« Sein Gesicht nahm die Farbe von Fensterkitt an.
Erin war sich nicht ganz sicher, was sie von Sergeant Al García halten sollte. Sie wußte nicht, ob er ein guter oder ein schlechter Polizist war, aber sie wußte, daß er niemals vom FBI akzeptiert würde. Er war kein eifriger Notizenschreiber.
Andere Faktoren dagegen sprachen für ihn. Elf geschlagene Minuten waren bereits verstrichen, und Al García hatte ihr noch keinen unsittlichen Antrag gemacht oder sie gar gefragt, ob sie verheiratet sei. Das unterschied ihn grundlegend von den meisten Cops, die im Eager Beaver vorbeischauten.
Er saß Erin in einer der hinteren Nischen gegenüber. Orly, der irgendwelche Erkältungssymptome vorgetäuscht hatte, war durch den Vordereingang davongeschlichen. Shad war an der Bar und feilschte mit einem Großhändler um zwei Kisten Haiti-Rum. Auf der Bühne tanzte Urbana Sprawl zu einem schmutzigen Rapsong.
Erin trug einen Spitzenteddy, einen weißen Tanga und Stökkelschuhe – nicht gerade die angemessene Kleidung für ein polizeiliches Verhör. García rauchte seine Zigarre und achtete nicht auf seine parfümierte Umgebung. Er reichte Erin eine Fotokopie des in Florida gültigen Führerscheins. Als sie das Foto von Jerry Killian sah, wußte sie, daß sie einen Toten ansah. García hatte es ihr bereits mitgeteilt.
»Was genau ist passiert?« Ihr Mund war trocken geworden.
»Ertrunken«, antwortete der Detective. »Ihr Bild hängt in seiner Wohnung.«
»Meins und ein Dutzend andere.«
»Ich habe einen Stapel Cocktailservietten auf dem Nachttisch gefunden. Wußten Sie davon? Cocktailservietten des Eager Beaver.«
Mit besonderem Nachdruck erklärte Erin: »Ich habe sein Schlafzimmer niemals von innen gesehen.«
»Er hat Nachrichten auf diese verdammten Servietten geschrieben. Nachrichten an sich selbst, an seine Kinder, an Sie.« García hielt inne. »Stört Sie der Rauch?«
»Nein«, sagte Erin. »Es ist mein absoluter Lieblingsduft. Das und Gummilösung.«
Ohne sich zu entschuldigen, drückte der Detective die Zigarre aus.
»Erzählen Sie mir, was passiert ist«, sagte Erin. Sie konnte es noch immer nicht fassen – Mr. Peepers war tot. »Ich will alles wissen«, sagte sie.
»Passiert ist folgendes: Ihr Freund trieb als Leiche im Clark Fork River und hat mir das Forellenfischen verdorben. Waren Sie schon mal dort – am Clark Fork?« García griff in seine Jacke und holte einen Umschlag mit Familienbildern hervor. Er fand ein Foto, auf dem der Fluß und die Berge zu sehen waren, und reichte es Erin. »Mineral County, Montana. Eine schöne Gegend, oder?«
Erin stimmte zu. Im Vordergrund des Fotos befanden sich eine attraktive Frau und zwei Kinder. Sie sahen völlig normal aus. Es war Al Garcías Familie.
»Es gibt nicht viele Morde in Mineral County«, erklärte der Detective. »Der Polizeiarzt wirft einen Blick auf Mr. Tourist, angetan mit seinem Gummizeug, und sagt, Tod durch Ertrinken. Da ich ein aufdringlicher, tolpatischer Großstadt-Kubaner bin, frage ich höflich, ob ich mal einen Blick in die Brust von Mr. Tourist werfen darf. Der Gerichtsarzt, ein netter Kerl, sagt, sicher. Und macht ihn an Ort und Stelle auf.«
Erins kalorienarmes Mittagessen vollführte einen langsamen Salto in ihrem Magen. Sie fragte García, was in Jerry Killian gefunden
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