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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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übertreffen. Ein Anwalt mit durchschnittlicher Begabung hatte nur eine geringe Chance, einen millionenschweren Drogenhändler als Klienten gewinnen zu können, und Mordecai konnte schon glücklich sein, gelegentlich einen Kurier oder Zwischenhändler abzubekommen. Nicht lange, und er zog nach Fort Lauderdale und eröffnete dort eine Kanzlei, die sich auf Personenschäden spezialisierte.
    Dies schien eine durchaus vernünftige Strategie zu sein: Broward County wuchs viel schneller als Dade County, und die meisten der Neuankömmlinge waren ältere Menschen. Diese stürzten viel häufiger als die jüngeren Leute, wie Mordecai richtig erkannte, und ihre Verletzungen waren gewöhnlich weitaus komplizierter. Hinzu kam, daß es einen schier unerschöpflichen Nachschub an alten Leuten gab, Tausende und Abertausende, und jeden Winter wurden es mehr. Wohnanlagen erstreckten sich vom Strand bis zum Rand der Everglades – in Mordecais Augen lauter Banktresore.
    Also ließ er sich dort nieder und schmiedete Pläne, wahnsinnig reich zu werden, doch dazu kam es nicht. Mordecais Einkommen konnte sich zwar sehen lassen, aber es war nicht gotteslästerlich hoch. Er lebte von unbedeutenden Fahrlässigkeitsfällen, Versicherungsstreitigkeiten und Testamentsangelegenheiten, die er haßte. Er erklärte seiner Sekretärin, daß sie beide sich auf den Bermudas zur Ruhe setzen könnten, wenn seine Klienten nur halb soviel Zeit mit Stürzen zubrächten wie damit, immer wieder neue Testamente aufzusetzen.
    Aber Mordecai konnte es sich nicht leisten, wählerisch zu sein. In Süd-Florida wimmelte es von jungen Anwälten, die die Gerichtsgebäude belagerten und sich wie Schakale um jede noch so geringe Beute balgten, denn es gab nicht für alle genügend Arbeit. Die Verzweiflung manifestierte sich im sprunghaften Anstieg von Klientenwerbung im Fernsehen.
    Mordecai weigerte sich, einen Werbespot zu produzieren, denn das schloß die unangenehme Notwendigkeit ein, sich für den Auftritt vor der Kamera fit zu machen. Seine Mutter drängte ihn unaufhörlich – sie war ganz wild darauf, ihren Sohn im Fernsehen zu bewundern! -, aber Mordecai sträubte sich beharrlich dagegen. Vielleicht war das ein Fehler gewesen, vielleicht hätte seine Karriere eine günstigere Wendung genommen, wenn er sich für diese zweifelhafte Art der Selbstwerbung entschieden hätte. Aber auch dabei ergab sich die Frage, was schlimmer war: bei einem schmierigen Politiker abzukassieren oder wegen Trunkenheit aus dem Verkehr gezogene Autofahrer wieder auf die Straßen zurückzubefördern?
    »Ich muß mir schließlich immer noch in die Augen blicken können«, vertraute er Joyce an.
    »Du hast das Richtige getan«, beruhigte sie ihn.
    Sie waren unterwegs zu Malcolm J. Moldowsky, der als erster am Morgen angerufen hatte, um mitzuteilen, er habe eine gute Nachricht und wolle sich mit ihnen beiden in einer Stunde treffen. Mordecai wies Beverly an, seine Vormittagstermine zu verschieben, und verließ in euphorischer Stimmung sein Büro. Als er die Eingangshalle durchquerte, weckte ein Aufblitzen die Aufmerksamkeit des Anwalts – ein Sonnenstrahl, der sich auf Shads enormem Schädel brach. Der Rausschmeißer wartete mit zusammengekniffenen Lippen vor einem der Lifte, Mordecai geriet beinahe ins Stolpern: Was wollte der Verrückte denn heute von ihm? Hatte er irgendwie Wind davon bekommen, daß ein Vergleich unmittelbar bevorstand? Unbeobachtet stahl er sich durch den Nebenausgang davon. Als er Joyce auflas, meinte sie: »Du bist zu aufgeregt. Laß mich fahren.«
    »Nein, ich fühle mich pudelwohl«, protestierte Mordecai.
    Joyce seufzte resigniert, warnte ihn vor den nassen Straßen und überprüfte den Sitz ihres Sicherheitsgurtes. »Bist du sicher, daß du alles richtig verstanden hast?«
    »House of Pancakes. Das hat er gesagt.«
    »In Davie? Weshalb so weit?«
    »Ich weiß es nicht, Joyce, aber das war es, was der Mann gesagt hat.« Mordecais Stimme klang angespannt. »Glaubst du ernsthaft, daß ich so etwas nicht aufschreiben würde – etwas derart Wichtiges?« Er kramte den Notizzettel aus der Tasche und hielt ihn ihr vor die Nase.
    »Augen auf die Straße«, befahl sie. Dann, nachdem sie das Gekritzel ihres Vetters überflogen hatte: »Na schön, House of Pancakes, so steht es da. Wir werden sehen.«
    Mordecai schwieg mehrere Meilen lang, während Joyce einen Radiosender nach ihrem Geschmack suchte. Mordecai fragte sich, weshalb Moldowsky auf ihrer Anwesenheit bei der

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