Stromschnellen: Roman (German Edition)
ein Boot hatte, mit dem sie ans andere Flussufer fahren konnte, oder wilde Stachelbeeren und Walderdbeeren. Sie würde mit dem Farmer aushandeln, dass er sie gegen Hirschleder und Wildbret das ganze Jahr über mit Eiern versorgte. Sie nickte, obwohl sie längst vergessen hatte, was Fishbone sie gefragt hatte.
»Dann lass das Holzhacken sein«, riet er. »Benutz lieber den Propanheizer. Smoke hat extra eine Lüftungsklappe in die Seitenwand eingebaut. Eine neue Gasflasche bringe ich dir, wenn du eine brauchst. Ich habe Smoky versprochen, dir zu helfen. Und deine Mutter hilft dir bestimmt auch. Warst du noch mal bei ihr?«
»Noch nicht.«
»Ich weiß nicht, ob Smoke einen guten Einfluss auf dich hatte. Er hat ständig davon geredet, dass du so leben sollst, wie du willst. Dabei spricht eine Menge für den Versuch, ein normales Leben zu führen.«
»Sie können bestimmt gut mit kleinen Kindern umgehen, oder?«, fragte Margo.
»Oh, ich hab mehr Kinder und Enkelkinder, als ich zählen kann. Und jetzt auch noch Urenkel. Wenn ihr jungen Dinger bloß warten könntet, bis ihr einen Mann habt!«
»Ich hab neulich die Nachbarin getroffen, die oben gegenüber von der Scheune wohnt. Sie hat im Garten gestanden und Vogelfutter hochgehalten, weil sie eine Meise dazu bringen wollte, ihr aus der Hand zu fressen.«
»Mrs Rathbone?«, fragte er.
»Ich glaube, sie heißt Rathburn. Sie sagt, sie hat Babykleidung für mich. Und sie hat angeboten, ab und zu auf das Baby aufzupassen. Sie liebt Babys.«
Fishbone nickte.
»Ihre jüngste Tochter hat ein riesiges Kaninchen, das sie wie einen Hund spazieren führt. Es hat so lange Ohren.« Margo hielt sich die flachen Hände wie Hasenohren an den Kopf.
»Ich nehme an, du hast ihr nicht gesagt, was du normalerweise mit Kaninchen anstellst«, erkundigte sich Fishbone.
»Nein. Aber von dem Kaninchen könnte ich gut zwei Wochen leben«, antwortete Margo lachend. Ihr fiel auf, dass Fishbones Wangen von Bartstoppeln bedeckt waren, was untypisch für ihn war.
»Was hast du mit dem Karpfen vor?« Fishbone zeigte mit dem Kinn zum Tisch an Deck. Margo hatte das Teakholzstück von ihrem alten Ruderboot als Schneidbrett benutzt. Wegen der asymmetrischen Krümmung des Holzes liefen die Säfte über die Wörter River Rose und durch das Einschussloch.
»Ich mache Dörrfisch. Aber ich glaube, ich hab ihn zu stark gesalzen, deshalb zerfällt er. Vielleicht sollte ich den Fisch lieber wie Tomaten in Gläsern einmachen?«
»Ich glaube, Wildbret eignet sich besser dafür.« Fishbone pflückte ein paar Geldscheine von einer Rolle in seiner Brusttasche und bezahlte Margo für die Felle. Dann nahm er den Zigarillo aus dem Mund und betrachtete ihn erneut. »Ich weiß nicht, ob du ernsthaft vorhast, wie in alten Zeiten zu leben, aber meine Mutter hat früher Fleisch und Fisch eingemacht. Ich könnte meine ältere Schwester anrufen und sie fragen, ob sie sich noch erinnert, wie unsere Mutter das gemacht hat. Soweit ich weiß, muss man die Gläser im Dampfdrucktopf kochen. Meine Frau hat Einweckgläser, die sie nicht mehr braucht. Und Smoky hat bestimmt irgendwo einen Drucktopf. Du musst sowieso mal seinen ganzen Kram durchsehen.«
Margo nickte. Sie wollte von anderen Menschen, die bereit waren, ihr Wissen mit ihr zu teilen, so viel wie möglich lernen und sich mit den Werkzeugen, die man ihr gab, ihr eigenes Leben zurechtzimmern. In einem der Foxfire- Bücher hatte sie unlängst gelesen, wie man aus Murmeltierhaut Schnürsenkel macht.
»Meine Kinder wurden alle zu Hause geboren«, erzählte Fishbone. »Aber das macht man heute nicht mehr. Du wirst ins Krankenhaus gehen müssen.«
»Ich will aber nicht ins Krankenhaus.« Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Frauen aus den Foxfire- Büchern zum Kinderkriegen ins Krankenhaus gegangen waren. Grandpa Murray war nicht im Krankenhaus zur Welt gekommen, und auch Annie Oakley war zu Hause geboren worden.
»Es geht nicht darum, was du willst, junge Dame. Außerdem musst du dein Baby impfen lassen, damit es nicht krank wird. Wenn du nicht richtig für dein Baby sorgst, rufe ich das Jugendamt an, damit sie es dir wegnehmen. Und wenn du dein Kind in Gefahr bringst, nehme ich es dir eigenhändig weg. Dasselbe habe ich auch meiner Enkelin gesagt.«
Margo sah ihn erstaunt an.
»Außerdem brauchst du vom Krankenhaus die Geburtsbescheinigung. Woher willst du die sonst
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