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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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Kalamazoo nordwärts tragen, vielleicht sogar an den Stark River, und dort würden sie noch einmal trinken, bevor sie ihre Reise in den Norden fortsetzten, dahin, wo sie ihre Nester bauten, Eier ausbrüteten und vielleicht sogar Bärenmardern begegneten, die keine Fallen zerstörten oder Lager verwüsteten, sondern einfach nur nach Nahrung, Unterschlupf und Weggefährten suchten.
    Auf einem Acker in der Ferne vernahm Margo das Brummen landwirtschaftlicher Maschinen. Der Farmer hatte den Winter überstanden, nun wartete eine neue arbeitsreiche Saison auf ihn. Sie und er hatten sich den ganzen Winter über im Auge behalten, aber erst vor wenigen Tagen war er zu ihrem Boot gekommen und hatte ihr die Unterlagen für die Abschusserlaubnis gebracht. Sobald er seine Felder bestellt hätte, war es Margo nun von Gesetzes wegen erlaubt, so viel Rotwild zu schießen, wie sie wollte. Mittlerweile hatte sie auch seine Frau kennengelernt, als sie Mrs   Rathburn besuchte, und sie hatten zu dritt bei Mrs   Rathburn in der Küche gesessen und Kaffee getrunken. Margo hatte nur ein paar Worte gesagt, aber das war in Ordnung gewesen, denn die beiden anderen Frauen hatten eine Menge zu erzählen gehabt, und Margo hatte es genossen, dem Singsang ihrer Stimmen zu lauschen.
    Der Katzenvogel landete nur etwa drei Schritte von ihr entfernt auf einem der straffen Seile, mit denen ihr Boot vertäut war. Er wippte mit dem Schwanz, um das Gleichgewicht zu wahren, miaute ein paarmal und verlegte sich dann wieder darauf, das Pfeifen der Seidenschwänze zu imitieren. Margo fragte sich, ob er sie nur aus Spaß nachmachte oder mit jeder geborgten Note etwas Neues lernte.
    Barfuß ging sie über die Laufplanke, ein Stück am Ufer entlang und hinunter ans Wasser. Zum ersten Mal wagte sie sich ohne ihre Stiefel von Bord. Zum ersten Mal in diesem Jahr, ja, zum allerersten Mal überhaupt spürte sie, wie der Schlamm des Kalamazoo sich zwischen ihre Zehen drückte. Die Kälte wirkte elektrisierend. Margo spazierte zur Quelle, an der die Tiere tranken, und hinterließ neben den vierzehigen Trittsiegeln der Singvögel ihre Fußabdrücke.
    Sie nahm das Laken ab, knüllte es zusammen und warf es an Deck. Erst danach kam sie auf die Idee, sich umzuschauen und zu vergewissern, dass niemand sie sehen konnte. Sie watete erst bis zu den Knien, dann bis zu den Schenkeln ins Wasser. Das Flussgras streifte sie wie das lange Haar einer Mutter. Damals, in Murrayville, hatte ihr Vater sie gebeten, mit dem Schwimmen zu warten, bis das Thermometer neben der Haustür zwanzig Grad anzeigte, aber wenn er in der Arbeit war, hatte Luanne sie schwimmen lassen, sobald sie die Kälte ertragen konnte.
    »Na dann, mein Baby, willkommen am Fluss«, sagte Margo. Sie entfernte sich ein Stück vom Ufer, bis ihr das Wasser fast zu den Hüften reichte, und bevor die Füße im Schlamm versanken, stieß sie sich ab. Der Grund gab nach, und Margo tauchte bis zum Hals ein. Als ihr Bauch durchs Wasser glitt, war sie einen Moment lang unsicher, ob sie überhaupt noch schwimmen konnte. Ihre Glieder bewegten sich nicht richtig, sie schienen nicht angemessen proportioniert, um sie an der Oberfläche zu halten, und ihr Kopf geriet unter Wasser. Sie wurde flussabwärts getrieben. Sie schlug um sich, bis ihr wieder einfiel, dass sie sich in der Strömung entspannen und von ihr umfließen lassen musste. Also streckte sie sich und begann, flussaufwärts zu kraulen. Im Wasser ging alles leichter – für eine junge Frau ihres Umfangs war der Fluss das reinste Paradies. Während sie auf dem Rücken weiterschwamm, hielt der Bauch sie wie eine Boje über Wasser. Sie griff nach einer Eisenstange, die am Bug ihres Boots befestigt war, und ließ die Beine im Wasser treiben. Ihr nackter Bauch ragte heraus wie der schönste Riesenbovist im ganzen Flusstal.
    Sie hatte gespürt, wie das Baby bei der Berührung mit dem Wasser zusammengezuckt war, und als sie zu schwimmen begonnen hatte, hatte es gestrampelt, aber dann hatte es sich entspannt. Es ließ sich mit Margo treiben. Der schwarze Hund wandte sich vom Fressnapf ab, sprang seitlich von der Laufplanke und landete spritzend im Fluss. Er wagte sich bis zu den Knien hinein und schlabberte Wasser. Smoke würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen könnte, dass sein Hund aus dem Kalamazoo trank. Margo lachte und hielt sich fest, damit sie nicht fortgeschwemmt wurde.

DANKSAGUNG
    Für das Schreiben dieses Buchs war eine Menge Hilfe von einer Menge Leute nötig.

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