Studio 6
erledigt.
Sie stand eine Weile auf der Wendefläche vor dem Pressehaus und sog die Feuchtigkeit in ihre Lungen ein.
Die Luft war kalt und unangenehm.
Ihre Worte bei Schyman fielen ihr wieder ein.
Sie fragte sich, wie sie bloß auf Kaukasien gekommen war. Obwohl es keine schlechte Idee war, zu verreisen, mit einem Last-Minute-Angebot zum Beispiel.
Auf der Straße löste sich eine Gestalt aus den Nebelschleiern, es war Carl Wennergren. Er schleppte zwei große Tüten mit Getränken. Na klar, er hatte natürlich was zu feiern!
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Annika ironisch, als er an ihr vorbeiging.
Er blieb stehen und stellte die Tüten ab.
»Ja, das ist einfach ein großartiges Gefühl«, freute er sich und lächelte breit. »Sechs Monate, die längste Vertretung, die man kriegen kann. Danach habe ich dann Anrecht auf einen festen Vertrag.«
»Das muss ein schönes Gefühl sein«, sagte Annika, »sich aus eigener Kraft eine Anstellung erarbeitet zu haben. Und mit eigenem Geld.«
Wennergren lächelte verunsichert.
»Wie meinst du das?«
»Na, Papas reiches Jüngelchen«, antwortete Annika.
»Hattest du das Geld auf der Bank, oder musstest du ein paar Fondsanteile verkaufen?«
Sein Lächeln erstarb, er sah weg und kniff den Mund zusammen. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du rausgeflogen bist?«, fragte er leichthin.
Ihre Stimme wurde gellend, als sie antwortete.
»Da lebe ich lieber von Katzenfutter, als dass ich mir meine Stelle von einer Terroristengruppe kaufe!«
Er ließ seinen Blick verächtlich über ihren Körper gleiten. »Bon appetit«, erwiderte er. »Du bist wirklich etwas dünn. Und es schmeckt sicher gut, wenn du es ein wenig würzt.«
Er griff sich wieder die Tüten und wollte ins Pressehaus gehen.
Annika sah, dass er Moët & Chandon gekauft hatte.
»Nicht genug damit, dass du dir einen Knüller und eine Festanstellung gekauft hast, nein, du hast auch noch deine Informanten verpfiffen«, sagte Annika.
Er blieb stehen und sah sich um.
»Du redest Blödsinn«, sagte er, doch sie sah die Furcht in seinen Augen aufflackern.
Sie trat näher an ihn heran.
»Woher wusste die Polizei dann, dass die Ninja Barbies genau zu der Zeit an dem Ort zuschlagen würden? Woher wusste sie, dass sie ausgerechnet dieses Viertel evakuieren musste? Wie war es möglich, dass sie schon warteten, und zwar an den richtigen Stellen?«
»Was weiß ich?«, fragte Carl und befeuchtete seine Lippen.
Sie ging einen letzten Schritt auf ihn zu und zischte ihm ins Gesicht.
»Du hast deine Informanten verkauft«, sagte sie. »Du hast mit der Polizei zusammengearbeitet, um eine Verhaftung aufs Bild zu bekommen, stimmt’s?«
Er hob die Augenbrauen, legte den Kopf zurück und sah sie voller Verachtung an.
»Und wenn schon«, sagte er.
Annika verlor die Besinnung und fing an zu schreien.
»Scheiße, was für ein widerlicher Scheißhaufen du doch bist! Schäm dich!«
Er drehte sich um und stolperte auf den Eingang zu.
»Du bist ja nicht ganz dicht!«, kreischte er ihr über die Schulter zu. »In deinem Kopf ist was nicht in Ordnung.
Du blöde Kuh!«
Er verschwand hinter der Glastür, und Annika traten die Tränen in die Augen. Der darf mit Champagner rein, und mich schicken sie in den Nebel hinaus.
»Hallo, Bengtzon, wollen Sie mitfahren?«
Sie fuhr herum, an der Ausfahrt zur Straße saß Jansson in einem klapprigen alten Volvo.
»Was machen Sie denn um diese Zeit hier?«, rief sie.
»Personalkonferenz«, brummte er und schaltete den Motor aus. Sie ging zum Auto hinüber, während der Nachrichtenchef ausstieg.
»Meine Güte, Sie sehen aber müde aus«, stellte sie fest.
»Ja, ich habe heute Nacht auch gearbeitet«, sagte er.
»Aber ich wollte unbedingt bei der Konferenz dabei sein, um mich für Sie einzusetzen.«
Sie sah ihn misstrauisch an.
»Warum?«
Er zündete sich eine Zigarette an.
»Ich finde, dass Sie diesen Sommer die beste Vertretung waren. Ich fand, dass Sie die Halbjahresstelle bekommen sollten. Anders Schyman war derselben Ansicht.«
Annika sah ihn erstaunt an.
»Du meine Güte«, sagte sie. »Und warum ist dann nichts draus geworden?«
»Der Chefredakteur hat Nein gesagt, und wenn Sie mich fragen, ist er ein verdammter Feigling. Er hat entsetzliche Angst vor Kritik und Meinungsverschiedenheiten, und außerdem hatten Sie die Gewerkschaften gegen sich.«
»Ja, vielen Dank«, knurrte Annika.
Sie standen eine Weile schweigend da, Jansson rauchte.
»Hören Sie jetzt
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