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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dem Pornoklub im Außenministerium gefunden?«
    Schyman kniff die Augen zusammen, dachte nach und schüttelte dann den Kopf.
    »Ich erinnere mich nicht.«
    »Ich bin mir ganz sicher«, beteuerte Annika. »Aber die Rechnung war da gar nicht, sondern im Wirtschaftsministerium. Was würden Sie sagen, was das heißt?«
    Schyman sah sie prüfend an.
    »Wahrscheinlich dasselbe, was Sie denken«, meinte er.
    »Sie haben die Rechnung nicht selbst gefunden.«
    Annika lächelte verhalten.
    »Genau.«
    »Irgendein Lobbyist hat sie ihnen zukommen lassen«, konstatierte Schyman. »Man hat das Studio benutzt, um ein Gerücht zu streuen.«
    »Ironische Wendung, nicht wahr?«, sagte Annika und verließ den Käfig.
    Der Regen hing irgendwo direkt über den Baumkronen, es ging ein kalter Wind. Sie schlug den Kragen hoch und ging zum Fridhemsplan hinunter. Sie empfand eine innere Ruhe, sie durfte dabei sein. Die Textredaktion war nicht gerade das Gelbe vom Ei, aber es kam ihr trotzdem vor wie der Hauptgewinn. Sie würde am Ende des Nachrichtendesks sitzen und die Artikel der anderen Reporter durchgehen, Schreib- und Grammatikfehler berichtigen, wenn erforderlich, kürzen, einen Satz dazuschreiben, der fehlte. Sie würde Bildunterschriften verfassen und kleine Schaubilder, Vorschläge für Headlines machen und unklare Einleitungstexte umschreiben. Sie hegte keinerlei Illusionen, warum Schyman ihr diesen Job hatte anbieten können. Keiner bei der Zeitung wollte ihn haben, und sie mussten jemanden von außen dafür holen. Obwohl die Arbeit für das fertige Produkt wichtig war, wurde sie als minderwertig angesehen. Kein Bildeinschlag, kein Glanz, keine Chance, nach der Arbeit ins In-Cafe zu gehen und dort anzugeben – kurz, überhaupt keine Vorteile.
    Die haben eben alle noch nie in einem Bordell am Roulettetisch gestanden, dachte Annika.
    Der Wind frischte auf, als sie auf die Västerbro kam. Sie ging langsam, sog die Luft in die Lungen und hielt sie dort fest. Sie schloss die Augen gegen die Feuchtigkeit und ließ die Haare flattern.
    November, dachte sie. Noch zwei Monate bis dahin.
    Freiheit, zu denken und Energie zu tanken. Die Wohnung in Hälleforsnäs auszuräumen, die Ritzen in den Fenstern in der Hantverkargatan abzudichten. Ins Moderna Museet zu gehen, sich die Musicals im Oscars anzuschauen.
    Großmutter zu besuchen, mit Whiskas zu schmusen.
    Plötzlich vermisste sie ihren Kater. In der Stadt konnte sie ihn nicht halten, er würde bei Großmutter bleiben.
    Sie musste mit Sven Schluss machen.
    Da war er. Da war der Gedanke, den sie den ganzen Sommer lang weggeschoben hatte. Sie schauderte im Wind, zog die Jacke fester um sich. Der Sommer war definitiv vorbei, es war an der Zeit, die Herbstgarderobe hervorzuholen.
    Sie ging den Drottningholmsvägen entlang und trat nach den feuchten Blättern, die sich schon auf dem Bürgersteig angesammelt hatten. Erst als sie im Park war, sah sie zum Grün hinauf.
    Die Vegetation hockte auf dem Kronoberg wie eine saugende, verrottende Masse.
    Sie ging langsam zum Friedhof hinauf, die Feuchtigkeit ließ den Zaun glänzen. Die Luft stand still, der Wind schaffte es nicht bis in Bodennähe. Die Geräusche der Stadt wurden gedämpft und entfernten sich, wurden von dem sterbenden Grün absorbiert.
    Annika blieb am Eingang stehen, legte die Hand auf das Vorhängeschloss, schloss die Augen. Mit einem Mal konnte sie wieder die glühende Hitze des Sommers spüren, den Schwindel an dem Tag, als Josefine bei den Gräbern gelegen hatte, das Spiel der Sonne über dem Granit, die Vibrationen von der U-Bahn darunter.
    So sinnlos, dachte sie. Warum hat Josefine Liljeberg gelebt? Warum wurde sie geboren, warum hat sie lesen gelernt, rechnen, schreiben, warum hat sie sich Gedanken über Veränderungen an ihrem schönen Körper gemacht?
    Zu welchem Nutzen, nur um zu sterben?
    Es muss einen Sinn geben, dachte Annika. Es muss hinter allem ein Ziel geben. Wie sollen wir sonst weitermachen?
    »Ja, hallo, was machen Sie denn hier?«
    Annika stöhnte innerlich auf.
    »Hallo, Daniella«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen?«
    »Gut, gut«, zwitscherte Daniella Hermansson. »Wir waren im Park, aber es wurde dann doch etwas kalt.
    Schätzchen hat einen Kindergartenplatz bekommen, wir fangen am Montag mit dem Eingewöhnen an. Das ist ein etwas seltsames Gefühl, das finden wir beide, Schätzchen und ich, nicht wahr, Schätzchen?«
    Das Kind saß im Wagen und guckte böse.
    »Wollen Sie nicht auf einen Kaffee

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