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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Tallinn?«, fragte sie leise. »Ist das nichts?«
    »Vielleicht«, meinte Schyman, »wenn die Umstände anders lägen. Unglücklicherweise hat der Chefredakteur eine Allergie gegen die Geschichte entwickelt. Er fängt schon an, um sich zu schlagen, sowie man den Mord oder den Minister nur erwähnt. Und dass ein Minister zu einem Treffen in ein Nachbarland gereist ist, ist wohl kaum ein derart kontroverses Thema, dass ich dafür meinen Job aufs Spiel setzen werde. Wir wissen nicht, wen er traf und zu welchem Zweck. Ein Außenhandelsminister ist wahrscheinlich an dreihundert Tagen des Jahres auf Reisen.«
    »Warum hat er die Rechnung beim Amt für Strategische Produkte eingereicht?«, fragte Annika.
    »Das ist verdammt seltsam, aber allein kaum einen Artikel wert. Die Behörden reichen jeden Tag Hunderte von Rechnungen zur Bezahlung ein, und die hier ist nicht einmal anfechtbar. Es ist nichts Besonderes, dass ein Minister, in dessen Verantwortungsbereich der Außenhandel fällt, ins Ausland reist.«
    Annika spürte, wie sich ihre Brust zusammenschnürte. In ihrem tiefsten Inneren wusste sie, dass Anders Schyman Recht hatte. Jetzt wollte sie nur noch sterben, in den Boden versinken und verschwinden.
    Der Ressortchef stand auf und blickte über die Redaktion.
    »Wir könnten Sie hier brauchen«, sagte er.
    Annika sah ihn erstaunt an.
    »Wie bitte?«, fragte sie.
    »Wir könnten jemanden von Ihrem Kaliber in der Kriminalredaktion gebrauchen. Momentan sind da nur drei Leute, Berit Hamrin, Nils Langeby und Eva-Britt Qvist.
    Berit könnte gut jemanden mit etwas Kompetenz an ihrer Seite gebrauchen.«
    »Ich habe die anderen beiden nie kennen gelernt«, meinte Annika leise.
    Schyman wandte sich ihr zu.
    »Was machen Sie denn jetzt? Haben Sie sich einen anderen Job gesucht?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Der Ressortchef setzte sich neben sie aufs Sofa.
    »Es tut mir aufrichtig Leid, dass wir Ihre Informationen nicht veröffentlichen können«, sagte er. »Sie haben eine großartige Recherchearbeit geleistet, aber die Geschichte ist einfach zu unglaublich, als dass man sie verwenden könnte.«
    Annika antwortete nicht, sah auf ihre Hände hinunter.
    Sie waren kalt und feucht. Schyman sah sie eine Weile schweigend an.
    »Das Schlimmste ist, dass Sie wahrscheinlich richtig liegen«, meinte er.
    »Ich habe noch eine andere Sache«, sagte Annika. »Ich kann sie nicht selbst schreiben, aber Sie können sie Berit geben.«
    Sie nahm ihre Tasche und zog die Kopie der Rechnung des Fernsehmoderators heraus. Es war bereits die zweite Kopie, die sie im Postamt gemacht hatte.
    »Er hat zwei Mädchen gemietet und verbrachte fast eine Stunde in einem Separee. Auf dem Weg hinaus kaufte er drei Filme mit Tieren. Das ist alles hier aufgelistet, er hat mit der Kreditkarte des Schwedischen Fernsehens bezahlt.«
    Schyman ließ einen Pfiff hören.
    »Nicht zu glauben«, sagte er. »Hier haben wir eine einfache und glasklare Headline: Fernsehstar zahlt Bordell mit Rundfunkgebühren.«
    Annika lächelte müde.
    »Schön, wenn man wenigstens etwas helfen kann«, sagte sie in ironischem Ton.
    »Warum schreiben Sie es nicht selbst?«, fragte Schyman.
    »Das tut nichts zur Sache«, erwiderte Annika.
    »Aber Sie sollten etwas dafür bekommen, was können wir für Sie tun?«
    Annika ließ den Blick über die leere Redaktion schweifen, die von der schräg einfallenden Herbstsonne überflutet wurde.
    »Einen Job«, flüsterte sie.
    Schyman ging zu seinem Schreibtisch und blätterte in einem Ordner.
    »Textredakteurin in Janssons Nachtschicht ab November«, sagte er, »eine Mutterschaftsvertretung, wie klingt das?«
    Annika blinzelte eine Träne fort, ohne dass ihr Gegenüber es merkte.
    »Absolut in Ordnung, ist gebongt«, erwiderte sie.
    »Das ist ein Halbjahresvertrag, es muss also darüber verhandelt werden«, erklärte der Ressortchef. »Die Arbeitszeiten sind der Horror, Sie fangen um zweiundzwanzig Uhr an und arbeiten bis sechs Uhr, vier Nächte da, vier frei. Sie müssen das offizielle Angebot noch abwarten, aber diesmal lasse ich mich nicht über den Tisch ziehen. Diese Vertretung gehört Ihnen. Sollen wir so sagen?«
    Er stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. Sie erhob sich, nahm sie und genierte sich etwas wegen ihrer feuchtkalten Hände.
    »Schön, dass Sie wieder zurück sind«, sagte Schyman und lächelte. »Da ist nur noch eine Sache«, sagte Annika.
    »Erinnern Sie sich, dass die Leute in Studio 6 gesagt haben, sie hätten die Rechnung aus

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