Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
den Jugendlichen wirklich zuzuhören.«
    »Kann man das unter diesen Umständen auch wirklich?«, fragte Annika vorsichtig.
    »Die Kinder müssen ihren Schmerz mitteilen«, erwiderte die Frau. »Sie helfen einander durch die Trauer. Wir sind für alle Freunde von Josefine da.«
    »Auch die aus anderen Gemeinden?«, fragte Annika.
    »Alle sind willkommen«, sagte Martin Larsson-Berg mit Nachdruck. »Wir haben die Möglichkeiten, um allen zu helfen, die Unterstützung brauchen.«
    Im Nachbarzimmer begannen drei Jungen, sich um ein Billardqueue zu schlagen. Martin Larsson-Berg ging hinüber.
    »Haben Sie auch Personen aufgesucht?«, fragte Annika.
    Lisbeth lächelte unsicher.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Josefines beste Freundin heißt Patricia. Haben Sie Kontakt zu ihr aufgenommen?«
    »War sie hier?«, fragte die Sozialarbeiterin.
    Annika schaute sich um. Vier Mädchen saßen schluchzend vor einer dröhnenden Stereoanlage, die mit hoher Lautstärke Eric Claptons »Tears in Heaven« spielte. Drei andere saßen auf dem Boden und schrieben Gedichte an Josefine. Sie hatten eine Kerze angezündet und das Abiturfoto aus dem
Abendblatt
aufgestellt. Sechs Jungen spielten Karten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Patricia freiwillig einen Fuß hierher gesetzt hätte.
    »Ich bezweifle es.«
    »Nun, aber sie ist willkommen, alle sind willkommen«, wiederholte Lisbeth.
    »Und Sie haben die ganze Nacht über geöffnet?«
    »Unsere Unterstützung ist immer da. Ich habe extra meinen Urlaub abgebrochen, um hier zur Verfügung stehen zu können.«
    Sie lächelte. Ihr Blick hatte etwas Strahlendes, Überirdisches. Annika ließ ihren Notizblock sinken. Die Sache gefiel ihr nicht. Diese Frau war nicht wegen Josefine hier oder wegen ihrer Freunde, sondern um ihrer selbst willen.
    »Könnte ich vielleicht mit einer ihrer Freundinnen sprechen?«, fragte Annika.
    »Wessen Freundinnen?«
    »Josefines«, sagte Annika.
    »Ja, natürlich. Mit jemand Bestimmtem?«
    Annika dachte nach.
    »Ist Charlotta da? Die beiden waren Klassenkameradinnen.«
    »Ja, klar, ich glaube, sie ist dabei, einen Trauerzug zum Tatort zu organisieren. Da gibt es so viel zu bedenken, Busse müssen gemietet werden und so etwas. Kommen Sie hier entlang …«
    Sie gingen in ein Büro hinter dem Billardzimmer. Eine junge, braun gebrannte Frau mit kurzem Pagenschnitt diskutierte dort mit jemandem am Telefon. Sie schaute wütend, als sie gestört wurde, aber ihre Gesichtszüge hellten sich auf, als Annika stumm
»Abendblatt«
formuliert hatte, und sie beendete brüsk ihr Telefonat.
    »Charlotta, Josefines beste Freundin«, stellte sie sich vor und lächelte halbwegs betrübt.
    Annika senkte den Blick und murmelte ihren Namen.
    »Wir haben schon einmal miteinander gesprochen«, erklärte sie, und Charlotta nickte zustimmend.
    »Ich bin immer noch schockiert«, sagte Charlotta und schluchzte trocken. »Das hat mich wirklich fertig gemacht.«
    Die Sozialarbeiterin umarmte sie mitleidig.
    »Aber gemeinsam sind wir stark«, fuhr Charlotta fort.
    »Wir müssen ein Gegengewicht zu der sinnlosen Gewalt schaffen. Josefine darf nicht umsonst gestorben sein, dafür werden wir sorgen.«
    Ihre Stimme wurde von glühendem Eifer und Engagement getragen. Sie würde sich sehr gut auf einer Fernsehcouch machen, dachte Annika.
    »Und wie soll das gehen?«, fragte Annika ruhig.
    Charlotta warf Lisbeth einen unsicheren Blick zu.
    »Ja, also, wir müssen zusammen gehen. Protestieren.
    Zeigen, dass wir nicht zurückweichen werden. Das scheint mir jetzt das Wichtigste zu sein, einander in der Trauer zu stützen. Uns unsere Gefühle zu zeigen und einander durch all das Schwere zu helfen.«
    Sie lächelte schwach.
    »Und nun organisieren Sie also einen Trauermarsch«, hakte Annika nach.
    »Ja, bisher haben sich über hundert Jugendliche angemeldet. Es werden mindestens zwei Busse voll.«
    Charlotta ging um den Schreibtisch herum und holte ein paar Listen mit Namen, die sie hochhielt.
    »Wir übernehmen natürlich die Kosten«, warf Lisbeth ein.
    Pettersson, der Fotograf, erschien in der Türöffnung.
    »Kann ich ein Foto von Ihnen beiden machen?«, erkundigte er sich.
    Die Frauen, die junge und die ältere, stellten sich mit geradem Rücken nebeneinander.
    »Sollten Sie nicht vielleicht ein wenig traurig aussehen?«, meinte der Fotograf.
    Annika war das zu viel, sie schloss die Augen und wandte sich ab. Die Schamesröte brannte ihr auf den Wangen. Zur Freude des Fotografen umarmten die Frauen

Weitere Kostenlose Bücher