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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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setzte sich auf vertrauliche Art auf Annikas Schreibtisch. Annika zog demonstrativ einen Computerausdruck unter seinem Hintern hervor.
    »Eine ziemlich tragische Geschichte«, sagte sie.
    Carl Wennergren stellte seinen Pokal auf den Computerausdruck.
    »Es ist ein Wanderpokal«, erklärte er. »Sieht hübsch aus, nicht?«
    »Allerdings«, meinte Annika.
    »Der Besitzer des Bootes kriegt den Pokal, die anderen nur eine mickrige Urkunde. Internationale Olympische Klasse, die Eintonner – die größten Boote –, das ist mein Ding.«
    »Es gibt ziemlich viele Bootsklassen, oder?«, fragte Annika und klickte sich ins Internet ein.
    Carl Wennergren betrachtete sie einen Moment lang schweigend.
    »Du hast nicht viel übrig für Wassersport, nicht wahr?«, fragte er.
    »Doch, durchaus«, erwiderte Annika. »Ich leihe mir immer gern Großmutters Ruderboot und rudere dann auf dem Hosjö umher. Das kann unglaublich schön sein.«
    Sie schaute nicht auf, als er ging, sondern bemühte sich, ihn mitsamt der restlichen Redaktion zu verdrängen. Sie streckte sich nach dem Konkurrenzblatt, das zu dem Mordfall nicht viel zu sagen hatte. Sie sah, dass sie einen Zettel vom Tatort fotografiert hatten, auf dem »Du fehlst uns« stand. Annika schüttelte den Kopf und blieb bei einer Serie über Ehen nach den Ferien hängen. Bekümmert dachte sie an sich selbst und ihre eigene Beziehung.
    »Warum so schwermütig? Trinken wir noch schnell einen Kaffee zusammen?« Berit lächelte sie fröhlich an, so dass Annika auch gleich lachen musste.
    »Ich habe gehört, dass du einen richtig heißen Tipp bekommen hast?«, sagte Annika und holte ihren Geldbeutel aus der Tasche.
    »Ja, allerdings«, erwiderte Berit. »Hast du schon mal von der IB-Affäre gehört?«
    »Vage«, sagte sie. »Jan Guillou und Peter Bratt haben herausbekommen, dass die Regierung irgendwann in den siebziger Jahren mit illegalen Mitteln die Ansichten der Bevölkerung überwacht hat.«
    Die beiden gingen Richtung Cafeteria.
    »Genau«, sagte Berit. »Die Sozis gerieten damals in Panik. Sie setzten Journalisten fest und verhielten sich insgesamt total irrational. So haben sie zum Beispiel ihre Archive vernichtet, sowohl das vom Außen- als auch das vom Innenministerium. Bitte einen Kaffee und eine Vanilleschnecke.«
    Sie setzten sich an einen Fenstertisch, weniger wegen der Aussicht, sondern um etwas von der Luft aus der Klimaanlage abzubekommen.
    »Und deshalb kann man nie richtig herausbekommen, worum es bei der IB-Affäre wirklich ging«, sagte Annika.
    »Ganz genau«, sagte Berit. »Die verschwundenen Archive haben allen Untersuchungen und Ermittlungen ein Ende gesetzt. Die Sozis konnten sich sicher fühlen. Bis heute.«
    Annika hörte auf zu essen und sah Berit fragend an.
    »Wieso?«, fragte sie.
    Berit fing automatisch an zu flüstern.
    »Ich habe gestern zu Hause, mitten in der Nacht, einen Tipp bekommen. Das Archiv des Außenministeriums ist wieder aufgetaucht.«
    Annika staunte.
    »Ist das wahr?«, fragte sie.
    Berit zuckte mit den Schultern.
    »In gewisser Weise schon«, sagte sie. »Man hat plötzlich Kopien aus diesem Archiv in den Akten des Generalstabes der Armee ›gefunden‹, ohne Quellenhinweise und Originale, aber immerhin.«
    »Das muss nicht heißen, dass es die Originale noch gibt«, sagte Annika und blies auf ihren Kaffee.
    »Nein, natürlich nicht, aber die Wahrscheinlichkeit ist gewachsen. Bis heute Nacht hieß es, dass nicht ein Fetzen Papier aus dem Archiv übrig geblieben sei. Nicht ein Dokument, nicht eine Aufnahme, nichts. Jetzt gibt es Kopien von großen Teilen des Archivs, so dass feststeht, dass sie einen großen Wert haben.«
    »Hast du sie gesehen?«, fragte Annika.
    »Ja, ich bin heute Morgen direkt dorthin gefahren. Das ist alles öffentlich.«
    Annika nickte nachdenklich.
    »Das ist ein Ding«, sagte sie. »Und auch noch mitten im Wahlkampf.«
    »Du wirst niemals erraten, wo die Kopien gefunden wurden«, sagte Berit.
    »Auf der Herrentoilette«, riet Annika.
    »In der Eingangspost«, erwiderte Berit.
    Der Minister zog die Schaukel so weit nach hinten, wie er nur konnte.
    »Bist du bereit?«, rief er.
    »Ja«, quiekte seine Tochter.
    »Bist du bereit?«, fragte er nochmals ganz laut.
    »Jaaa!«, rief das Mädchen.
    Ein ohrenbetäubendes Kinderkreischen klingelte ihm in den Ohren, als er unter der Kiefer mit dem Brett hindurchlief, es sich über den Kopf schob und dann hoch oben losließ.
    »Iiiiih!«, schrie das Kind.
    »Bei mir auch, Papa,

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