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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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in Hälleforsnäs«, erwiderte Annika.
    »Und du?«
    »Einen Mann in Täby und einen Sohn auf der Uni in Lund. Eine Tochter ist Aupair in Los Angeles. Rechnest du damit, im Herbst bei der Zeitung bleiben zu können?«
    Annika lachte nervös.
    »Na ja«, sagte sie, »ich würde gern bleiben, und ich tue mein Bestes.«
    »Das ist gut, das ist das Wichtigste«, sagte Berit. »Man muss zugucken und lernen, sich aber auch darüber klar werden, ob man bleiben will oder nicht.«
    »Es ist ziemlich schwer«, meinte Annika. »Ich finde, dass die Sommervertretungen auf ziemlich zynische Weise ausgenutzt werden. Man holt eine Menge Leute und lässt sie sich um den Job schlagen, anstatt einfach direkt die Stellen neu zu besetzen, die frei werden.«
    »Stimmt«, sagte Berit, »aber gleichzeitig bekommen dadurch eine Menge Leute eine Chance.«
    Die Pizzeria war fast leer. Sie suchten sich einen Tisch im hinteren Teil des Lokals. Annika bestellte eine Pizza, und jede von ihnen nahm ein Bier.
    »Ich habe deinen Artikel über die IB-Affäre gelesen«, sagte Annika. »Prost auf den Exklusivknüller!«
    Sie stießen mit ihren Gläsern an und tranken einen Schluck.
    »Die IB-Geschichte scheint niemals ein Ende zu nehmen«, meinte Berit, nachdem sie die beschlagenen Gläser auf dem Wachstuch abgestellt hatten. »Solange die Sozis lügen und vertuschen, wird es immer einen Artikel zu schreiben geben.«
    »Obwohl man die Politiker fast verstehen kann«, sagte Annika, »das geschah doch mitten im Kalten Krieg.«
    »Zunächst nicht«, erwiderte Berit. »Die ersten Formulare zur Ansichtsüberwachung wurden vom Hauptquartier auf dem Sveavägen bereits am 21. September 1945 verschickt. Es war Sven Andersson selbst, der Parteisekretär und zukünftige Verteidigungsminister, der den Begleitbrief dazu geschrieben hat.«
    Annika blickte sie erstaunt an.
    »So früh schon?«, fragte sie misstrauisch. »Bist du sicher?«
    Berit lachte.
    »Ich habe eine Kopie des Begleitschreibens in meinem Archiv«, sagte sie.
    Sie schauten sich eine Weile schweigend die anderen Restaurantgäste an, ein paar Penner aus der Umgebung und fünf alberne Jugendliche, die wahrscheinlich noch nicht einmal alt genug waren, um Bier trinken zu dürfen.
    »Ja, aber«, beharrte Annika, »warum wollten sie die Kommunisten beobachten, wenn nicht wegen des Kalten Krieges?«
    »Macht«, sagte Berit. »Die Kommunisten waren stark, vor allem oben in Norrbotten, in Stockholm und in Göteborg. Die Sozis hatten Angst, die Macht über die Gewerkschaften zu verlieren.«
    »Was spielte das für eine Rolle?«, fragte Annika ver wirrt.
    »Geld und Einfluss«, erklärte Berit. »Die Sozialdemokraten waren der Ansicht, dass sich die Arbeiter kollektiv ihrer Partei anschließen sollten. Die IG Metall in Stockholm stand dagegen schon 1943 unter kommunistischer Führung. Als man sich weigerte, kollektiv der Sozialdemokratischen Partei beizutreten, verloren die Sozis jedes Jahr dreißigtausend Kronen Mitgliedsbeiträge. Das war für die Partei damals entsetzlich viel Geld.«
    Annikas Pizza wurde serviert. Sie war sehr klein und trocken.
    »Ich begreife einfach nicht, wie das alles zusammenhängt«, sinnierte Annika nach ein paar gierigen Bissen.
    »Wie konnte die Überwachung gewährleisten, dass die Sozialdemokraten die Macht über die Gewerkschaften behielten?«
    »Kann ich ein kleines Stück haben? Danke. Also, einige Gewerkschaftsvertreter manipulierten die Stimmen und Nominierungen für die Kongresse. Allen Sozis wurde gesagt, dass sie für ein paar ausgewählte Kandidaten stimmen sollten, und das alles nur, um die Kommunisten aus dem Feld zu schlagen«, antwortete Berit.
    Annika kaute und schaute ihre Kollegin skeptisch an.
    »Jetzt hör aber auf«, sagte sie. »Mein Vater war Gewerkschafter an der Basis in der Fabrik in Hälleforsnäs.
    Willst du damit sagen, dass Leute wie er die örtliche Demokratie aus den Angeln hoben, nur um es den Parteibonzen in Stockholm recht zu machen?«
    Berit nickte und zuckte mit den Achseln.
    »Nicht alle, aber viel zu viele. Es spielte keine Rolle, wer der Beste war oder wer das Vertrauen der Mitglieder besaß.«
    »Und in der Parteizentrale der Sozialdemokraten hatten sie alle Namen auf langen Listen?«
    »Anfangs noch nicht«, erklärte Berit. »Gegen Ende der fünfziger Jahre lagen die Informationen nur bei den lokalen Organisationen. Es waren in ganz Schweden um die zehntausend Vertreter, oder Ansichtsspione, wenn man so will, an den

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